27.03.2025 –, HS2 (S10)
Der Beitrag untersucht die Erreichbarkeit von Versorgungszielen in ländlichen Räumen per Rad. Mit einer offenen Methode werden Isochronen für Startpunkte berechnet um deren Erreichbarkeit zu Attraktionspunkten zu bewerten. Die Verfahrenspipeline, entwickelt in Python, ermöglicht eine reproduzierbare Analyse und Vergleichbarkeit zwischen Routingprofilen. Die Methode wurde exemplarisch in Kall getestet und soll nun um zusätzliche Routingprofile, Attraktionspunkte und Gebiete erweitert werden.
Erreichbarkeits- und Versorgungsprobleme nehmen mit abnehmender Siedlungsdichte zu und betreffen besonders ländliche Räume. Knappe finanzielle Ressourcen der Kreise und Kommunen führen dazu, dass die Zahl der Einrichtungen der Daseinsvorsorge niedrig ist oder verringert wird. Eine strategische Planung zur Erreichung versorgungsrelevanter Einrichtungen ist daher ausschlaggebend für die Lebenswirklichkeit und -qualität der Menschen vor Ort. Die Haushaltslage und geringere Nachfrage wirkt sich in der Regel negativ auf den ÖPNV und die Anbindung bzw. Wegelängen in ländlichen Räumen aus. Gleichzeitig ändern sich auch in ländlichen Bereichen Lebensstile, Erwerbsmuster und Lebensformen. Daraus entstehen neue Anforderungen an die Gestaltung der Alltagsmobilität und Sicherung der Erreichbarkeiten.
Dieser Beitrag adressiert konkret die Fragestellung, wie der Einfluss des Radverkehrs bzw. von Radverkehrsnetzen auf die Erreichbarkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen sichtbar gemacht werden kann. Um dieser Frage nachgehen zu können haben wir ein offenes, nicht-proprietäres Verfahren entwickelt, mit dem wir die Erreichbarkeiten mit dem Fahrrad zu den Zielen z. B. der Daseinsvorsorge darstellen können. Durch räumliche Daten und berechnete Fahrzeiten wird die Versorgungssituation von verschiedenen Standorten modelliert und eine Vergleichbarkeit zwischen Erreichbarkeiten mit bspw. Fahrrädern und Pedelecs hergestellt. Methodisch wurde hierfür folgendes Vorgehen gewählt:
Für die Bewertung der Erreichbarkeiten werden zunächst die Fahrzeiten bzw. Isochronen ausgehend von möglichen Startpunkten (100 Meter-Gitter, Bevölkerungsraster Zensus 2011 vom Statistisches Bundesamt [1]) berechnet und diese im Anschluss nach Anzahl und Gewichtung der jeweils möglichen Ziele bewertet. Zur Isochronenberechnung wird die offene Routing-Software Graphhopper [2] auf Basis von OpenStreetMap genutzt. Die Attraktionsorte bzw. Ziele stammen insbesondere aus OpenStreetMap, wobei die ÖV-Haltepunkte aus GTFS-Daten [3] stammen um für die Gewichtung die Anzahl der Abfahrten miteinfließen lassen zu können. Die Verfahrenspipeline wird in Python ausgeführt, wobei sequenziell und reproduzierbar die Analyse zusammengeführt wird.
Die Analyse wurde exemplarisch im Gemeindegebiet von Kall durchgeführt. Die Gemeinde Kall (ca. 11.000 EW) ist als Grundzentrum klassifiziert und liegt im Kreis Euskirchen (NRW) im Bereich der Nordeifel. Ein Prototyp der Analyse ist hier zu finden:
https://radverkehr.github.io/erreichbarkeiten/showcase_kall/viz/kall_map_export_30min_6buckets_attr_access_table_modes_title.html
Der Vortrag soll zum Anlass genommen werden um die beiden Routingprofile „bike“ (konventionelles Fahrrad) und „cargobike“ (elektrisch-motorisiertes Lastenrad) um mind. ein weiteres Routingprofil bspw. für „sicheres Radfahren“ (Vermeidung von Mischverkehr mit Kfz) erweitert zu werden.
Außerdem sollen die Attraktionspunkte „pt_stops“ (Haltepunkte des öffentlichen Verkehrs) und „shop“ Einkaufmöglichkeiten um weitere Attraktionspunkte wie z.B. Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen und Sportstätten erweitert werden. Zuletzt streben wir an, die öffentlich-verfügbare Anwendung auf mehrere PLZ-Gebiete eines Landkreises/Bundeslandes auszurollen.
In unserem Vortrag möchten wir die Entwicklungsansätze des Verfahrens vorstellen und seine Nutzbarkeit als Instrument für eine zielgerichtete Radverkehrsplanung und damit für die Verbesserung der Erreichbarkeiten bzw. die Mobilitätsoptionen diskutieren.
Inspiriert wurde das Vorgehen vom FOSSGIS-Konferenz 2023 Vortrag von Konstantin Geist „Bestimmung des Einflusses von ÖPNV-Verkehrsnetzen auf die Erreichbarkeit“ [4].
[1] https://www.zensus2011.de/DE/Home/Aktuelles/DemografischeGrunddaten.html
[2] https://www.graphhopper.com/de/
[3] https://www.vrs.de/fuer-unternehmen/open-data-service
[4] https://pretalx.com/fossgis2023/talk/AYWSVZ/