4D-Webapp zur Analyse und Kommunikation des Gletscherrückgangs am Bøverbreen (NOR)
27.03.2026 , Bof3/Expert:innen (ZHG 006)

Im Rahmen der Bachelorarbeit wurde eine interaktive 4D-Web-Kartenanwendung zur Darstellung und Kommunikation photogrammetrisch gewonnener Daten über den Gletscherrückgang am Bøverbreen (NOR) entwickelt. Die Konzeption folgt einem Nutzer*innen-zentrierten Gestaltungsansatz. Die Anwendung soll sowohl eine breite Öffentlichkeit als auch Personen mit wissenschaftlichem Hintergrund ansprechen und für die Folgen des Klimawandels sensibilisieren.


Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurde eine interaktive 4D-Web-Kartenanwendung zur Visualisierung des Gletscherrückgangs am Bøverbreen-Gletscher in Norwegen entwickelt. Ziel war es, wissenschaftlich gewonnene Erkenntnisse und deren gesellschaftliche Bedeutung anschaulich zu vermitteln sowie eine breite Öffentlichkeit für den Klimawandel und seine Auswirkungen zu sensibilisieren.

Mittels Structure from Motion wurden aus UAV-Bildaufnahmen photogrammetrische Produkte erstellt, die sowohl für wissenschaftliche Analysen geeignet sind als auch eine gute Grundlage für anschauliche Visualisierungen bieten. Die entstandenen Produkte – darunter 3D-Oberflächenmodelle, Orthofotos, digitale Höhenmodelle, Frontlinien und Veränderungsanalysen – dienen als Ausgangspunkt für die Entwicklung der Webanwendung und sollten in eine interaktive Kartenansicht integriert werden.

Die Konzeption der Webanwendung folgt einem nutzerzentrierten Ansatz, bei dem die tatsächlichen Nutzer:innen der Anwendung im Mittelpunkt stehen, um das Ziel einer effektiven Wissenschaftskommunikation bestmöglich zu erreichen. Methodisch orientiert sich der Entwicklungsprozess am 5-Ebenen-Modell von James Garrett (2011) und nutzt Werkzeuge des User Research sowie des Requirements Engineering. Die Konzeption beginnt mit dem Ausarbeiten der Zielsetzung und dem Definieren der Zielgruppe. Darauf aufbauend werden die Anforderungen der Nutzer:innen sowie funktionale und nicht-funktionale Anforderungen an die Anwendung abgeleitet. Diese Ergebnisse implizieren die Struktur und das Erscheinungsbild der Webanwendung. Die technische Umsetzung erfolgte mi MapLibre GL JS und three.js und integriert die Daten in weboptimierten Formaten (u. a. .ply, geoJSON, PNG).

Der entwickelte Prototyp erfüllt bereits wesentliche funktionale Anforderungen und wird durch konkrete Gestaltungsentwürfe ergänzt. Es werden zwei Modi zur Nutzung der Anwendung eingeführt: Im "Tour-Mode" wird der/die Nutzer:in entlang von sechs Points of Interest (POI) durch die Region geführt. Zu jedem POI gibt es ein spezifisches Thema, auf das anhand eines Textes und unter Hinzunahme weiterer Medien eingegangen werden soll. Die Kartenansicht unterstützt dabei die Botschaft des Textes. Erste inhaltliche Entwürfe umfassen Themen wie Geophysikalische Betrachtungen, Datengewinnung und Datenverarbeitung oder Relevanz wissenschaftlicher Analysen. Der zweite Modus, der "Explore-Mode" enthält verschiedene Layer der prozessierten Daten, die ein- und ausgeblendet werden können. Hier steht die Kartenansicht im Fokus. Der/die Nutzer:in kann die Entwicklung der Gletscher-Frontlinie erkunden, sich verschiedene Orthofotos anzeigen lassen oder entdecken, wie stark der Höhenverlust an Eis im betrachteten Gebiet ist. Außerdem stehen interaktive Messtools zur Verfügung. Anhand der hoch aufgelösten 3D-Modelle, kann die Veränderung der Oberfläche zwischen 2022 und 2025 betrachtet werden. Die zwei Modi ermöglichen es Nutzer*innen, mit geringem Interaktionsaufwand an die Thematik herangeführt zu werden oder die Region und die Daten explorativ zu entdecken. Darüber hinaus sollen die Daten für eine eigene Nutzung zum Download bereitgestellt werden.

Dies bildet die Grundlage für weitere Iterationen des Entwicklungsprozesses, bestehend aus kontinuierlichem Testen, Bewerten und Anpassen der Anwendung. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass eine visuell ansprechende und interaktive Aufbereitung der Daten möglich ist und großes Potenzial für Wissenschaftskommunikation und Umweltbildung besitzt.
Einschränkungen ergeben sich aus dem Umfang der Bachelorarbeit: Für das User Research konnten aus Kapazitätsgründen lediglich fiktive Nutzer:innen einbezogen werden. User-Tests anhand des Prototyps, Iterationen des Entwicklungsprozesses sowie die vollständige Implementierung gilt es noch umzusetzen.
Zukünftig sollten auch Aspekte wie eine mobile Version, Mehrsprachigkeit, Barrierefreiheit und Performance-Optimierung berücksichtigt werden. Auch die flexible Integration zusätzlicher Daten ist wichtig, um die Anwendung als Werkzeug zur Wissenschaftsvermittlung auf regionaler Ebene zu etablieren.

[1] Garrett, Jesse James: The elements of user experience: User-centered design for the Web and beyond (2nd ed.), Voices that matter, New Riders, 2011.

Luise Fischer studiert im Master Geoinformationstechnologien an der TU Dresden und beendet parallel ein Diplomstudium Grafikdesign an der Academy of Fine Arts Leipzig.
Mit der hier eingereichten Bachelorarbeit (Geodäsie und Geoinformation) versucht sie, beide Disziplinen zusammenzuführen und eine Schnittstelle zwischen Forschung (Photogrammetrie), Kommunikation und Gestaltung herzustellen.