25.03.2026 –, HS1 (ZHG 011)
Angesichts der aktuellen Herausforderungen wird dargestellt, welche Bedeutung Digitale Souveränität für Behörden und die freie Wirtschaft hat und warum Freie und Open Source Software ein Garant für Datensicherheit in unsicheren Zeiten ist.
Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT des Bundesministeriums des Innern fasst Digitale Souveränität zusammen als „die Summe aller Fähigkeiten und Möglichkeiten von Individuen und Institutionen, ihre Rolle(n) in der digitalen Welt selbstständig, selbstbestimmt und sicher ausüben zu können.“ [1] Für Organisationen, also Firmen und Behörden sind vor allem folgende Punkte interessant:
selbstbestimmtes Handeln und Entscheiden von Menschen, Unternehmen und anderen Institutionen im digitalen Raum, wobei sie die Hoheit über ihre eigenen Sicherheits- und Datenschutzinteressen behalten sollen,
die Fähigkeit, die Vertrauenswürdigkeit, Integrität, Verfügbarkeit der Datenübertragung, -speicherung und -verarbeitung durchgängig kontrollieren zu können,
die Selbstbestimmung von Dateneigentümern über die Nutzungsbedingungen für ihre Daten,
über eigene Fähigkeiten auf internationalem Spitzenniveau bei digitalen Schlüsseltechnologien, entsprechenden Diensten und Plattformen zu verfügen und darüber hinaus in der Lage zu sein, selbstbestimmt und selbstbewusst zwischen Alternativen leistungsfähiger und vertrauenswürdiger Partner zu entscheiden, sie bewusst und verantwortungsvoll einzusetzen und sie im Bedarfsfall weiterzuentwickeln und zu veredeln.
Das gilt für alle Komponenten einer IT-Infrastruktur wie die Hardware, das Betriebssystem, die eingesetzte Software oder Kommunikationswege und Schnittstellen. Alle Bestandteile sollten im Hinblick auf die eigene Digitale Souveränität getestet, bewertet und ausgewählt werden. Ziel muss es dabei immer sein, sich unabhängig von einzelnen Anbietern und Produkten zu machen und so Flexibilität, Resilienz und nicht zuletzt Innovation sicherzustellen [2].
In Zeiten zunehmender politischer Instabilität, in denen einst verlässliche Partner in unwägbare politische Strukturen abdriften, scheinen Themen wie Datenhoheit, technologische Unabhängigkeit, Cybersicherheit oder Rechtsrahmen und Governance weiter an Bedeutung zu gewinnen - Alles zentrale Themen der Digitalen Souveränität.
Laut einer Studie des Bitkom e.V. [3] sehen sich rund 90% der befragten Unternehmen in einer zum Teil starken Abhängigkeit zu ausländischen Technologien, größtenteils aus Ländern, deren Rechtsempfinden zumindest aktuell deutlich vom europäischen Standard abweicht.
Softwareanbieter nebst eingesetzten Produkten und IT-Dienstleister müssen also sorgfältig auswählt werden. Und das nicht nur im Hinblick auf technische Fragestellungen, sondern zunehmend auch auf politisch-gesellschaftlicher Ebene.
Warum sind offene Standards und Freie Software wichtige Bausteine der Digitalen Souveränität? Warum stehen im Kaufhaus des Bundes Rahmenverträge zur Verfügung, die die öffentliche Verwaltung beim Umstieg auf Freie Software unterstützen sollen, beispielsweise bei der Ablösung von Oracle durch PostgreSQL [2]? Warum definieren namhafte Beratungshäuser Open Source Software als ein zentrales Element zur Stärkung der Digitalen Souveränität?
Ein wichtiger Baustein zur Wahrung der Digitalen Souveränität ist es, Abhängigkeiten zu reduzieren, vor allem von Herstellern und Dienstleistern. Der CIO-Bund identifiziert eingeschränkte Informationssicherheit, rechtliche Unsicherheit, unkontrollierbare Kosten, eingeschränkte Flexibilität und fremdgesteuerte Innovation als mögliche Risiken von solchen Abhängigkeiten [2].
Jetzt ist es den Herstellern von Software und deren Dienstleistern natürlich gar nicht vorzuwerfen, dass sie Abhängigkeiten schaffen möchten. Bindet sie doch Kunden und schafft verlässliche und planbare Umsätze. Das beginnt bei technischen Themen wie Datenformaten, Schnittstellen oder Aufwärtskompatibilität, geht über wirtschaftliche Themen wie Preisgestaltung oder Lizenzmodelle und endet nicht zuletzt bei Security-Themen wie dem Standort der Server oder der Frage, welche staatliche Behörde sich vielleicht das Recht herausnimmt, mal nachzuschauen, wer denn da was abgespeichert hat.
Nicht selten werden unter dem Deckmantel der angeblichen Leistungsfähigkeit proprietäre Strukturen und Datenformate manifestiert, deren einziger Zweck der technologische Ausschluss von Mitbewerbern ist. Im Ergebnis ist man dem Anbieter und seinen Entscheidungen ausgeliefert und wird unflexibel.
Mit Freier Software und offenen Standards hat man diese Probleme nicht. An dieser Stelle sei auf die Rechte hingewiesen, die Freie Software einräumt [4]:
1. Die Freiheit, das Programm auszuführen wie man möchte, für jeden Zweck.
2. Die Freiheit, die Funktionsweise des Programms zu untersuchen und eigenen Datenverarbeitungsbedürfnissen anzupassen.
3. Die Freiheit, das Programm zu redistribuieren und damit Mitmenschen zu helfen.
4. Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen der Öffentlichkeit freizugeben, damit die gesamte Gesellschaft davon profitiert.
Man stellt relativ schnell fest, das diese Rechte größtenteils deckungsgleich sind mit den Kriterien, die Digitale Souveränität sicherstellen. Freie Software macht eine Organisation unabhängig von Software-Anbietern und seinen strategisch motivierten technischen Vorgaben.
Freie und Open Source Software setzt üblicherweise nicht auf proprietäre Formate, ist nicht an einen einzelnen Anbieter gebunden uns lässt sich problemlos austauschen, wenn es notwendig werden sollte. Das bietet folgende Vorteile:
Unabhängigkeit: Keine Abhängigkeit von einem einzelnen Softwarehersteller und dessen vertraglich gebundenen Dienstleistern, sondern freie Wahl des Dienstleisters.
Flexibilität: Keine Bindung an proprietäre Datenformate, Schnittstellen oder sonstige Technologien, sondern echte Kompatibilität durch offene Standards.
Transparenz: Keine Blackbox, sondern voller Zugriff auf Software-Quellcode und alle relevanten Informationen wie Dokumentation, Planung und sogar Bugs mit der Möglichkeit, sich selber einzubringen.
Datenhoheit: Keine vorgegebene Cloudumgebung ohne echte Kontrolle, sondern freie Wahl des Anbieters und der Konfiguration.
Innovation: Kein fremdgesteuerter Fortschritt durch die strategischen Entscheidungen des Herstellers, sondern echte Innovation durch sofortigen Zugriff auf Weiterentwicklungen und Updates.
Wirtschaftlichkeit: Keine willkürliche Anpassung von Lizenzmodellen und Preisstrukturen, sondern volle Kontrolle und Skalierbarkeit durch transparente Preisgestaltung auf Basis von Dienstleistung, nicht Lizenzen.
Daher sind Freie und Open Source Software wichtige Bausteine für den Aufbau unabhängiger und sicherer Infrastrukturen und die Wahrung der Digitalen Soouveränität.
[1] https://www.oeffentliche-it.de/publikationen/digitale-souveraenitaet/Digitale%20Souver%C3%A4nit%C3%A4t.pdf
[2] https://www.cio.bund.de/Webs/CIO/DE/digitale-loesungen/digitale-souveraenitaet/digitale-souveraenitaet-node.html
[3] https://www.bitkom.org/print/pdf/node/23239
[4] https://www.gnu.org/philosophy/free-sw.de.html
Olaf Knopp ist Diplom-Geograph und seit mehr als 20 Jahren als GIS-Spezialist tätig. Früh entdeckte er die Möglichkeiten und das Potential freier Software, 2002 machte er sich mit seiner ersten GIS-Firma selbstständig. Neben seiner Tätigkeit als technischer Geschäftsführer der WhereGroup war er viele Jahre im Vorstand des QGIS-DE e.V. sowie im Geo-Mentoring der Stadt Bonn engagiert.