Lars Bretthauer
Lars promoviert aus kritisch-politikwissenschaftlicher und staatstheoretischer Perspektive zu der Frage, ob und wie sich staatliche Institutionen in Deutschland durch die von konservativen Kräften vorgebrachten, digitalen Überwachungsvorhaben (im Kern der Arbeit steht die Vorratsdatenspeicherung) in Richtung eines "Digitalen Autoritarismus" entwickeln.
Daneben schreibt Lars ein Blog und einen Telegram-Kanal zum Thema linke Systemtransformation, der sich aus undogmatisch linker Perspektive sowohl um die Verbreitung bestehender, konkreter linker Inhalte und Aktionsformen als auch alternative Vergesellschaftungsentwürfe kümmert (systemtransformation.blackblogs.org).
Grundrechtebezogen ist Lars im Vorstand des "Komitee für Grundrechte und Demokratie" aktiv - und wissenschaftspolitisch organisiert bei "reflect! - Assoziation für politische Bildung und Gesellschaftsforschung" und der "Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung" (AkG).
Beitrag
In unserem Workshop wollen wir mit Euch diskutieren, warum es so schwierig ist, jenseits eines überschaubaren Kreises von Aktivist*innen Überwachungskritik und "Bürger"- bzw. Grundrechte zu thematisieren und wie wir sie zu einem wesentlichen Teil des Kampfes für eine offene Gesellschaft machen können.
Ausgehend von einem unserer Sicht bestehenden Mythos des „früher war alles besser“ innerhalb der überwachungskritischen Bewegung, der sich vor allem auf die Proteste in den 1980ern gegen die Volkszählung bezieht, wollen wir mit gelungenen einzelnen Protesten gegen staatliche Überwachung in den letzten Jahren beginnen.
Trotz deren positivem Einfluss erleben wir einen über die Jahre massiven und aktuell forcierten Ausbau staatlicher Überwachung durch neo-konservative und rechte Kräfte, der sich massiv auf gesellschaftliche Digitalisierungsprozesse stützt. Dies führt jedoch nicht zu weiteren Massenprotesten: statt dessen beobachten wir bei vielen, die wir eigentlich gerne im linken und linksliberalen Spektrum politisch ansprechen würden, eine allgemeine Scheue vor dem Überwachungsdiskurs und den Kämpfen gegen staatliche Überwachung. Woran liegt das? Und wie kann bewegungsintern damit umgegangen werden?
Gegen diese Abstinenz bzw. Distanzierung könnten u.a. Strassenproteste als Mobilisierungsform helfen. Aber was können diese und was fehlt ihnen momentan auf dem Feld der Überwachungskritik? Und wie verorten sich diese in der aktuellen rechten und neo-konservativen rassistischen Offensive insbesondere auf dem Feld der Migrationspolitik?
Disclaimer: Wir sind uns dessen bewusst, dass wir große Fragen stellen, und diese nicht alle in einem einstündigen Workshop beantworten können. Wir denken trotzdem, dass eine überwachungs-, grundrechts- und netzpolitische Strategiediskussion, die sich ernsthaft den aktuellen, schwerwiegenden anti-demokratischen Tendenzen entgegenstellen möchte, in diesen Maßstäben denken und diskutieren sollte. Dieses schließt natürlich eine selbstkritische Reflexion der eigenen Bewegungstätigkeit mit ein.