0.16
7. Studentischer Soziologiekongress
ssk2019
2019-09-19
2019-09-22
4
00:05
https://pretalx.com
https://pretalx.com/media/ssk2019/img/pretalx_logo_Mk7lMHC.png
Europe/Berlin
HGD 20
Begrüßung der Teilnehmer*innen durch das Orga-Team
Keynote
2019-09-19T17:00:00+02:00
17:00
00:30
Informationen über den Verlauf des Kongresses
ssk2019-2458-begrung-der-teilnehmer-innen-durch-das-orga-team
Dennis Kröger
de
[https://2019.soziologiekongress.de](https://2019.soziologiekongress.de)
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/USXUJS/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/USXUJS/feedback/
HGD 20
Grußworte der Vorsitzenden der DGS: Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink
Keynote
2019-09-19T17:30:00+02:00
17:30
00:10
Ein Grußwort zur Förderung des wissenschaftliche Nachwuchses bei der Deutschen Gesellschaft für Soziologie.
ssk2019-2457-gruworte-der-vorsitzenden-der-dgs-prof-dr-birgit-blttel-mink
Dennis Kröger
de
[https://www.soziologie.de/wahl2019/wahl-vorsitz/birgit-blaettel-mink/](https://www.soziologie.de/wahl2019/wahl-vorsitz/birgit-blaettel-mink/)
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/RBT8NU/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/RBT8NU/feedback/
HGD 20
Begrüßung durch die Dekanin: Prof. Dr. Katja Sabisch
Keynote
2019-09-19T17:40:00+02:00
17:40
00:20
Die Geschlechterforscherin gibt einen Input zum Kongress.
ssk2019-2459-begrung-durch-die-dekanin-prof-dr-katja-sabisch
Dennis Kröger
de
[https://www.sowi.rub.de/personal/sabisch.html.de](https://www.sowi.rub.de/personal/sabisch.html.de)
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GMJM3C/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GMJM3C/feedback/
HGD 20
Keynote: Segregationstendenzen und sozialen Folgen im Ruhrgebiet
Keynote
2019-09-19T18:00:00+02:00
18:00
01:00
Im Vortrag wird der Wandel als Veränderungen der Siedlungsmuster präsentiert, die mit sozialer, demographischer und ethnischer Segregation einhergehen und damit sozialräumliche Ungleichheit in verschiedenen Parametern anzeigt. Dieser anhand von Statistiken nachweisbare Wandel hat Auswirkungen auf das soziale Leben, auf Aspirationen und Lebenschancen der Menschen des Ruhrgebiets.
ssk2019-2243-keynote-segregationstendenzen-und-sozialen-folgen-im-ruhrgebiet
Sören Petermann
de
Das Ruhrgebiet hat einen Strukturwandel hinter sich, der in sozialer Hinsicht tiefgreifende Spuren hinterlassen hat. Die Spuren der Vergangenheit sind nicht nur als soziale, in den Raum eingeschriebene Strukturen der Gegenwart sichtbar, sondern wirken sich auf die Entwicklung der Lebenschancen zukünftiger Generationen aus.
Im Vortrag wird der Wandel als Veränderungen der Siedlungsmuster präsentiert, die mit sozialer, demographischer und ethnischer Segregation einhergehen und damit sozialräumliche Ungleichheit in verschiedenen Parametern anzeigt. Dieser anhand von Statistiken nachweisbare Wandel hat Auswirkungen auf das soziale Leben, auf Aspirationen und Lebenschancen der Menschen des Ruhrgebiets.
Anhand ausgewählter Beispiele aus dem Bereich Bildungs- und Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen und der Wohnsituation von Erwachsenen sollen die Lebensbedingungen und -chancen im Ruhrgebiet nachgezeichnet werden. Es wird aufgezeigt, in welchem Maße sich Segregationstendenzen und das Aufwachsen und Leben an einem Ruhrgebietsort auf Wohlbefinden und stärkende Faktoren von Kindern und Jugendlichen auswirkt oder welche Präferenzen, Wünsche und Erwartungen an die Bedingungen des Wohnumfeldes einhergehen. Dabei werden Ergebnisse studentischer Lehrforschungsprojekte einbezogen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/APQLFV/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/APQLFV/feedback/
Rahmenprogramm
Anmeldung im Foyer
Rahmenprogramm
2019-09-19T16:00:00+02:00
16:00
02:30
Haltet eure Tickets bereit.
ssk2019-1990-anmeldung-im-foyer
Dennis Kröger
de
Geht direkt durch den Haupteingang des GD-Gebäudes. Dort findet ihr auf der linken Seite die Rezeption, wo ihr euren Kongressbeutel und -bändchen abholen könnt.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/LDABDS/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/LDABDS/feedback/
Rahmenprogramm
Sektempfang
Rahmenprogramm
2019-09-19T18:30:00+02:00
18:30
02:00
ssk2019-2603-sektempfang
Dennis Kröger
de
Um den Kongress angemessen zu beginnen, wird es einen kleinen Umtrunk für alle Teilnehmenden geben.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/SZEHWV/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/SZEHWV/feedback/
HGD 20
Car-Tuning & Gender
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Social Practices between Humans and Machines.
ssk2019-2233-car-tuning-gender
Rebecca Bügener
de
The link between car–tuning and masculinity seems to be self–evident. Pop Cultural references in movies or video games draw a picture of illegal street racing, dominant forms of masculinity and extensive, flashy car modification. Yet the reality of self-organized tuning groups and tuning events is slightly different and more complex than this perception. Using ethnographic research strategies this research develops within the research process, adapts to the habits and is guided by specific features in the research field. Data is collected through participant observation, interviews, visual footage and other material artifacts. In order to deepen the analysis through processes of critical self–reflection the study is supported by an ethnographic supervision group.
The first results indicate that not only should attention be paid on the interaction between the human participants but also on the interactions between the car and the humans as the car as an non–human actor is highly dominant in this field. In this research, the car should also be seen as an actor that is involved together with the human actors in production and cognitive processes using approaches from (Feminist–) Sciene and Technology Studies and New Materialism. In recent studies the car was labeled as a "Prosthetic Extensions of Self ", as a “being" and as an "anthropomorphic" machine. Furthermore it can be drawn from the first results that concepts of gender seem to play a crucial role within the subculture. Therefore in continuing this research the social practices between the human actors and the non–human actors, cars will be explored to address the question, on how Gender is produced and negotiated. This study aims to go beyond gender relation research. Taking into account different forms of masculinity and femininity, material aspects while not negating gender as a social structure category but dissolving the seemingly ‘natural’ binary construction of gender in the analysis in order to analyse the category gender entirely without ignoring other structuring categories and their intersection.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/33FJN8/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/33FJN8/feedback/
HGD 20
Geschlechterdarstellungen in Kinderbüchern
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Ein Vergleich von Geschlechterdarstellungen der 1970er und 2010er Jahre am Beispiel von *Pixi-Büchern*. Bachelorarbeit aus dem Jahr 2018.
ssk2019-2267-geschlechterdarstellungen-in-kinderbchern
Jessika Dirks
de
Die sprachliche Darstellung der Geschlechterrollen in Kinderbüchern trägt dazu bei, dass bestehende Bilder von Männern und Frauen und dahingehende soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft reproduziert und verfestigt werden. Insbesondere in der frühen Kindheit, lernen Kinder ihre Umwelt kennen, bilden ihre Identität aus und internalisieren gesellschaftliche Strukturen sowie Werte und Normen. Untersuchungen zu Geschlechterdarstellungen in Kinder- bzw. Bilderbüchern sind in der deutschsprachigen Forschung bisher selten anzutreffen.
Die vorliegende Arbeit soll aus diesem Grund versuchen, eine Ergänzung des Forschungsfeldes zu liefern, indem erstmalig *Pixi–Bücher* aus den **2010er Jahren**, mit jenen verglichen werden, die in den **1970er Jahren** erschienen sind. Zu diesem Zwecke wurden jeweils vier Pixi–Bücher aus beiden Zeiträumen mithilfe der *Grounded Theory Methodology* analysiert.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/RNHTTU/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/RNHTTU/feedback/
HGD 20
Keynote: Vor der Grenze ist nach der Grenze. Territoriale und symbolische Grenzziehungen als Bausteine einer Soziologie der Grenze
Keynote
2019-09-20T13:00:00+02:00
13:00
01:30
/
ssk2019-2495-keynote-vor-der-grenze-ist-nach-der-grenze-territoriale-und-symbolische-grenzziehungen-als-bausteine-einer-soziologie-der-grenze
Margit Fauser
de
Grenzenlos zu leben, zu reisen, zu arbeiten, einzukaufen, mit Freunden wie auch Fremden in aller Welt zu kommunizieren und über grenzübergreifende Medien zu informieren sind heute für viele Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden. Gleichzeitig lassen sich ein Wiedererstarken alter, oft fast vergessener Grenzen und die Entstehung neuer Mauern und Zäune fast täglich und weltweit beobachten. Darüber hinaus haben sich Grenzen in Räumen jenseits der staatlichen Ränder verschoben, insbesondere in Herkunfts- und Transitländer von Migrant*innen. Auch digitiale Infrastrukturen und eine Vielzahl von Akteuren tragen zu tiefgreifenden Transformationen der Grenze bei.
Border studies haben sich mittlerweile als ein interdisziplinäres Feld konstitutiert, in dem nicht nur die Transformation der Grenze, sondern auch unser Verständnis und die theoretische Konzipierung der Grenze selbst verhandelt werden. Zunehmend wird hier Grenze nicht mehr (nur) als physische Markierungsline, sondern (auch) als Repräsentation, Institution, Diskurs und Praxis betrachtet. Parallel dazu und bislang mit wenig Berührungspunkten werden vor allem in der Soziologie die Debatten um Segregation, soziale Ausgrenzung und Exklusion, soziale Ungleichheiten und boundary(-making) geführt. Damit scheint sich eine gewisse Arbeitsteilung in der Beforschung einerseits der Situationen vor und an der ‚klassischen‘ Grenze, für die der Nationalstaat eine zentrale Rolle spielt, und andererseits der Situationen nach oder hinter der Grenze, in Städten und seitens von lokalen Verwaltungen, privaten Akteure oder Nachbarn, zu etablieren.
Diese Aspekte der Grenze sind allerdings eng miteinander verwoben, wie dieser Vortrag zeigen will. Der Vortrag plädiert dafür, die beiden Konzepte border und boundary und die damit beschriebenen territorialen, institutionellen, sozialen und symbolischen Grenzziehungsprozesse zusammenzudenken. Mit diesem Ziel nähert sich der Vortrag der Grenze aus drei mit einander verknüpften Blickrichtungen, nämlich mit Blick auf a) die räumlichen Ebenen und Orte, die Grenzen und Grenzübertritte lokalisieren; b) die sozialen Kategorien, entlang derer Grenzen gezogen werden; und c) die Vielzahl der involvierten Akteure. Eine solche Betrachtung erlaubt es, das Konzept der Grenze zu „de-naturalisieren“ und das etablierte Verhältnis von Migration und Grenze als quasi-natürlichem Ausschluss von Nicht-Mitgliedern und Fremden kritisch zu hinterfragen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/BJPRRP/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/BJPRRP/feedback/
HGD 20
Wie kommt die Vielfalt in die Stadt?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T15:00:00+02:00
15:00
00:45
Diese Masterarbeit ist eine vergleichende rekonstruktive Fallstudie über den Umgang sozialer Einrichtungen mit der Diversität in Berlin. Anhand zweier Einrichtungen in den Stadtteilen Kreuzberg und Steglitz zeichne ich die Wechselwirksamkeit zwischen der Gemeinwesenarbeit und den städtischen Räumen nach. Dabei kann ich zeigen, dass Haupt- und Ehrenamtliche sich und die Teilnehmer bewusst positionieren, um Räume zu gestalten und dabei Handlungsweisen folgen, die aus einer je eigenen Logik des Bezirks begründet werden.
ssk2019-2270-wie-kommt-die-vielfalt-in-die-stadt-
Johanna Fleischer
de
(Wie) ist Inklusion im städtischen Raum möglich? Mit dieser Frage sehen sich öffentliche soziale Einrichtungen wie etwa Familienzentren oder nachbarschaftliche Begegnungsorte zunehmend konfrontiert. Auf der einen Seite erhöht sich durch gesellschaftliche Transformationsprozesse wie Individualisierung und Migration für sie der Druck, inklusiv und integrativ, kurz: für alle Menschen da zu sein. Auf der anderen Seite wirken lokale urbane Räume mit städtischen Selbstverständnissen auf die Ziele der Einrichtung zurück.
Das Ziel der Arbeit besteht darin, an zwei Fallbeispielen den Einfluss durch soziale Einrichtungen auf den städtischen Raum in Berlin zu untersuchen. Dies soll durch die Frage geschehen: Wie die Räume der Einrichtungen eine vielfältige Teilhabe ermöglichen und damit dazu beitragen, dass sich Bewohner\*innen den städtischen Raum erschließen. Dazu strebe ich die Untersuchung eines Familienzentrums in Steglitz und eines Begegnungszentrum in Kreuzberg an. Diese werden in ihrer räumlichen Position mit Hilfe von Techniken des Urban Design kartiert, die nähere Umgebung sowie das Interieur werden fotografisch ausgewertet und die beteiligten Personengruppen interviewt. Mit der Raumsoziologie von Martina Löw werden die Daten ausgewertet.
Meine These lautet, dass soziale Einrichtungen eine wertvolle Rolle dabei spielen, die Bewohner\*innen ihres Umfeldes in Beziehung zu setzen. Aber ebenso wie sie Bewohner\*innen einbinden, ergeben sich auch Barrieren für andere. Die Einrichtungen nehmen häufig Bezug auf integrative oder inklusive Narrative, können den Ansprüchen aber nie vollständig gerecht werden. Dies wird in der Untersuchung kritisch betrachtet, da die Einrichtungen in ihrer Zielsetzung und räumlicher Konstitution oft sehr spezifisch angelegt sind. Damit wird eine allgemeine Ansprache der Anwohner\*innen verhindert. Es soll gezeigt werden wie die Leitbilder der Organisationen an ihren Standorten spezielle Positionen beziehen und damit eine umfassende und vielfältige Teilnahme von Anwohner\*innen anstreben und gleichsam verhindern. Außerdem wird gezeigt, wie dieses Handeln einerseits vom räumlichen Umfeld geprägt und andererseits in das räumliche Umfeld übertragen wird.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/W3WNED/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/W3WNED/feedback/
HGD 20
Keynote: Humandifferenzierung
Keynote
2019-09-20T17:30:00+02:00
17:30
01:30
Wie wir Menschen unterscheiden
ssk2019-2497-keynote-humandifferenzierung
Stefan Hirschauer
de
Der Vortrag skizziert ein Forschungsprogramm zu einer Form kultureller Differenzierung, die Geschlechter unterscheidet, Altersgruppen und Leistungsklassen kategorisiert, Rassen klassifiziert, Ethnien und Religionen differenziert usw. Die Humandifferenzierung hat Besonderheiten gegenüber anderen Formen kultureller Differenzierung – etwa der von Lebewesen und Artefakten – und ist verknüpft mit bekannten Formen der Differenzierung der Gesellschaft (in Praxisfelder bzw. Teilsysteme) sowie in soziale Gebilde (wie Interaktionen, Gruppen, Netzwerke und Organisationen). Zum Aufbau der Humandifferenzierung gehören asymmetrische Unterscheidungen (wie Diskriminierungen, Stigmatisierungen und Distinktionen), aber auch die gleichmacherische Versämtlichung von Individuen und die Essentialisierung ihrer Eigenschaften in Diversitätsdiskursen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/89U78A/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/89U78A/feedback/
GD 03/150
Wissensunterschiede im Stadtquartier zwischen Bewohnerschaft, Verwaltung und Quartiersmanagement
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Der Vortrag fragt nach den Formen des Wissens, welche die Arbeit des Quartiersmanagements (QM) kennzeichnen. QM–Büros werden in wirtschaftlich und sozial benachteiligten Stadtteilen eingesetzt und sollen sowohl den Einbezug der Quartiersbevölkerung als auch die Vernetzung mit der Verwaltung sicherstellen. Am Beispiel eines Berliner QM–Gebietes wird danach gefragt, wie sich das Wissen der Bewohnerschaft, der QM–Teams und der Verwaltung unterscheidet und welche Wissensformen schließlich die Vermittlung zwischen Bewohnerschaft und Verwaltung ermöglichen. Empirische Basis der Untersuchung stellen sechs qualitative leitfadengestützte Interviews dar, welche mit zentralen Akteur\*innen der Bewohnerschaft, der Verwaltung und der QM-Büros geführt wurden.
ssk2019-2227-wissensunterschiede-im-stadtquartier-zwischen-bewohnerschaft-verwaltung-und-quartiersmanagement
Maria Stadler
de
Um Segregationstendenzen in Städten entgegen zu wirken, werden wirtschaftlich und sozial benachteiligte Quartiere im Rahmen des Städtebauförderprogramms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt“ gefördert. Ausgangspunkt des Programms ist die Beobachtung einer steigenden Fragmentierung innerhalb der Städte und zwischen städtischen Regionen, die sich vor dem Hintergrund von Globalisierung und verstärktem regionalen Wettbewerb entwickelt. Das Programm zielt darauf ab, Grenzen zwischen sozialen Gruppen im Raum abzubauen, indem es auf der Ebene lokalräumlicher Nachbarschaften ansetzt und das Quartiere als Ganzes mit all ihren Problemen und Potenzialen in den Blick zu nehmen.
Als ein zentrales Instrument zur Umsetzung des Programms werden Quartiersmanagementbüros eingesetzt. Mit dem Quartiersmanagement (QM) entsteht eine mittlere Ebene zwischen Bewohnerschaft und Verwaltung. Aufgabe der Quartiersmanager\*innen ist es, das Programm vor Ort umzusetzen und im Spannungsverhältnis zwischen politisch–administrativen Verfahrenslogiken und alltagsweltlichen Nachbarschaftsnetzwerken zu vermitteln. Damit zielt das Programm auf die Überwindung weiterer Grenzen ab, nämlich den Grenzen zwischen einzelnen Fachressorts, sowie zwischen Verwaltung und Bürgerschaft, öffentlichen und privaten Akteuren.
Der Vortrag fragt nach den Wissensformen, welche auf der mittleren Ebene des QM angesiedelt sind und die Vermittlungsleistung zwischen den Ebenen Bewohnerschaft und Verwaltung ermöglichen. Zunächst ist dafür eine genauere Betrachtung der Unterschiede im Wissen der am QM beteiligten Akteur\*innen Voraussetzung. Wodurch sind die Wissensformen von Verwaltungsmitarbeiter\*innen, Bewohner\*innen und Quartiersmanager\*innen jeweils charakterisiert und wie unterscheiden sie sich? Wissensformen können sich dabei zwischen implizitem und explizitem Wissen, Erfahrungswissen und Fachwissen bewegen. Am Beispiel eines Berliner Quartiersmanagement Gebietes werden die unterschiedlichen Perspektiven auf das Quartier zwischen der Ebene der Verwaltung einerseits, und den Alltagswelten der Bewohnerschaft andererseits aufgezeigt.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/P8YGK9/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/P8YGK9/feedback/
GD 03/150
CrImmigration Gesetze in der BRD - ein Sicherheitsdispositiv?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Vorstellung meiner Bachelorarbeit aus dem Jahr 2018 zum Thema Kriminalisierung von Migration
ssk2019-2011-crimmigration-gesetze-in-der-brd-ein-sicherheitsdispositiv-
Carolin Schiller
de
Ich habe in meiner Bachelorarbeit die Kriminalisierung von Migration thematisiert, welche als Folge von Sicherheitspolitik und der damit zusammenhängenden Entstehung von Grenzregimes verstanden werden kann. Ich nahm hier Bezug zu einer in den USA bereits in den frühen 2000ern entstandenen interdisziplinären (Rechtswissenschaft, Soziologie, Politikwissenschaft) Theorie, es gäbe eine Art "CrImmigration" Gesetzgebung, in der Migrationsrecht und Strafrecht miteinander verschmelzen. Diese Art der "Überkriminalisierung", wie Jennifer M. Chacon sie nennt, hat nicht nur zur Folge, dass Migrant\*innen (oder auch deren Helfer\*innen) oft wie Kriminelle verfolgt und bestraft werden, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung Migration schnell mit Kriminalität in Verbindung gesetzt wird.
Anhand von Gesetzentwürfen des deutschen Bundestages sollte dargestellt werden, wie Gesetze in der BRD ebenfalls Elemente von CrImmigration Gesetzgebung beinhalten und, wie sich dies tendenziell in Zukunft verstärken könnte. Ziel der Arbeit sollte sein, eine Erklärungsmöglichkeit dafür zu finden, wie das einfache Überschreiten einer künstlich gezogenen, territorialen Grenze von einer gesamten Gesellschaft unreflektiert als krimineller Akt verstanden werden kann. Als möglichen Erklärungsansatz habe ich Michel Foucaults Konzept der "Sicherheitsdispositive" hinzugezogen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/H3BEQF/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/H3BEQF/feedback/
GD 03/150
Ehrenamtliches Engagement von Studierenden. Motive und Auswirkungen im Kontext einer individualisierten Gesellschaft
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T15:00:00+02:00
15:00
00:45
-
ssk2019-2278-ehrenamtliches-engagement-von-studierenden-motive-und-auswirkungen-im-kontext-einer-individualisierten-gesellschaft
Isabel Doering
de
Eine auf besondere Weise von den Folgen der Individualisierung betroffene gesellschaftliche Gruppe ist die der Studierenden. Mit der vorausgegangenen Hochschulqualifizierung haben junge Erwachsene zwar den in Deutschland höchstmöglichen Schulabschluss erworben, sie befinden sich allerdings auch in einer Lebensphase, in welcher sie noch nicht vollkommen gefestigt sind. Vorstellungen über die eigene Zukunftsgestaltung sind zu diesem Zeitpunkt bei den wenigsten ausgereift und die Vielzahl der sich bietenden Möglichkeiten kann mangels Erfahrung kaum evaluiert werden. Zusätzlich zu ihrem Studium ist es den Studierenden überlassen, sich bestmöglich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Studierende können zusätzliche Leistungen wie EDV- oder Sprachkurse belegen, einen Nebenjob ausüben um praxisrelevante Erfahrungen zu sammeln oder sich sozial engagieren. Ein möglichst umfangreicher Lebenslauf erscheint hilfreich, um sich von anderen BewerberInnen abzuheben.
Eine weitere Quelle der Unsicherheit ist für Studierende zudem die Integration in ihre soziale Umwelt. Viele Studierende wechseln für ihr Studium den Wohnort und finden sich in einer Umgebung wieder, in welcher sie neue Aufgaben bewältigen müssen. Sie sind dazu gezwungen, sich selbstständig ein neues soziales Netzwerk aufzubauen. In Studiengängen mit mehreren hundert StudienanfängerInnen herrscht dabei zwar viel Auswahl, allerdings gleichzeitig ein höheres Maß an Anonymität. Studierende können somit ihre sozialen Kontakte aktiv auswählen. Das Knüpfen von Beziehungen wird aber gleichzeitig erschwert.
In dieser Situation kann vermutet werden, dass Studierende nach einer Form von Orientierung oder Unterstützung suchen. Die im Rahmen meiner Bachelorarbeit durchgeführten empirischen Analysen haben gezeigt, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit während des Studiums ein wirksames Mittel ist, um mit diesen Orientierungsschwierigkeiten umzugehen. Studierenden wird im Rahmen der Tätigkeit ein stärker geschütztes Umfeld geboten, in welchem sie die eigenen Fähigkeiten austesten und praktisch anwenden können. Sie erkunden auf diese Weise persönliche Präferenzen und Werte, wodurch individuelle Ziele unter Umständen klarer hervortreten. Auf diese Weise erhalten sie ein höheres Maß an Klarheit über Entscheidungen in Bezug auf den eigenen Lebensweg. Zusätzlich wird den Studierenden auf diese Weise die eigene Wirkungskraft verdeutlicht und sie entwickeln Selbstvertrauen in die eigene Person. Durch diese gestiegene Selbstsicherheit wird die Entscheidungsfindung ebenfalls erleichtert. Durch freiwilliges Engagement wird außerdem die Einbindung in soziale Netzwerke erleichtert und es werden Fähigkeiten erlernt, welche den Individuen einen Vorteil auf dem spezialisierten Arbeitsmarkt gegenüber ihren nicht-engagierten Kommilitonen einräumen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/HJMBMY/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/HJMBMY/feedback/
GD 03/150
Das Sprechen über (Un)Möglichkeiten
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T15:45:00+02:00
15:45
00:45
ssk2019-2004-das-sprechen-ber-un-mglichkeiten
Ricarda Schäfer
de
Der Vortrag greift das Thema der beruflichen Orientierung auf, die erfolgt, wenn außerhalb Deutschlands erworbene Berufe oder Berufsqualifikationen keine bzw. nur eine Teilanerkennung erhalten.
In den Sozialwissenschaften wird längst nicht mehr davon ausgegangen, dass Erwerbsverläufe stets kontinuierlich verlaufen. Die Vorstellung des *einen* Berufs für das Leben kollidiert mit einem Trend des individuellen Zuschnitts von Berufstätigkeit - das subjektive Verhältnis zu der Berufsbiografie stellt sich damit als eines heraus, das der ständigen Aushandlung um Anerkennung unterlegen ist und an dem u.a. Institutionen des Arbeitsmarktes, die erfahrenen und eingeschätzten Realbedingungen und normative Orientierungsanforderungen mitwirken.
Frauen\*, die im Ausland einen Berufsabschluss oder berufliche Qualifikationen erworben haben, stellen in diesem Feld eine besondere Gruppe dar: Sie stehen in Deutschland einem Arbeitsmarkt gegenüber, der sich u.a. durch ein streng nach Qualifikationen geregeltes Berufswesen auszeichnet und für im Ausland erworbene Qualifikationen eine Prüfung der Gleichwertigkeit vorsieht, die nicht immer gelingt. Und schließlich wird ein Wechsel in Branchen, die sich durch einen Fachkräftemangel auszeichnen, nicht selten als ein Zukunftsversprechen propagiert.
Am Beispiel von den Erzählungen von Frauen\*, die über einen ausländischen Berufsabschluss verfügen und nun im pädagogischen oder sozialen und pflegerischen Bereich tätig werden wollen, wird untersucht, welches Verhältnis im Sprechen zu der idealen Berufsbiografie eingenommen wird: Wie werden Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Tätigseins im Sprechen sichtbar gemacht und verhandelt? Und kann eine berufliche Selbsterfindung jenseits oder auch trotz der Arbeitsmarkt–„Wahrheiten“ gelingen?
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/3M8TBR/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/3M8TBR/feedback/
GD 04/620
MachtKörperGesellschaft?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Wenn wir uns als Cyborgs mit Technologien verbinden – wo endet dann der Körper? Welche Auswirkungen hat es für derzeitige Geschlechterverhältnisse, wenn Männer\* durch Gebärmuttertransplantationen schwanger werden können? Wie kann Care–Arbeit in einer Welt mit Robotern aussehen? Wir wollen uns neo–materialistischen Ansätzen bedienen und versuchen die Grenzen von Diskurs und Materie zu verwischen, um neue Möglichkeiten auszuloten über Geschlecht, Race und Dis_ability nachzudenken.
ssk2019-2071-machtkrpergesellschaft-
Ann-Kristin Kühnen und Franziska WiestFranziska Wiest
de
Feministische Theorien, Rassismustheorien und Disability Studies, die Macht- und Herrschaftsverhältnisse in den Blick nehmen, bedienten sich in den letzten Jahren meist diskurs- und sprachtheoretischen Zugängen, welche die soziale Konstruktion von ‚gender‘, ‚race‘ und ‚dis_ability‘ offenlegten. Vergeschlechtlichte, rassifizierte und be_hinderte Körper rücken hierbei allerdings in ihrer Materialität und in ihrem Eigensinn in den Hintergrund. Während diese Theorieansätze maßgeblich dazu beitragen konnten, zahlreiche Dualismen (Mann/Frau, Schwarz/weiß etc.) und gedankliche Grenzen herauszufordern, bleibt eine erkenntnistheoretische Hierarchisierung unbeachtet: der Dualismus zwischen Diskurs und Materialität, Natur und Kultur. Wir fragen uns: Was ist mit leiblichen Prozessen und Emotionen – unseren Körpern, die schmerzen, wachsen, altern, bluten, sich unterschiedlich bewegen lassen und verschieden aussehen und sich auch manches Mal höchst widerspenstig gegen unsere Ratio zeigen? Wo enden unsere Körper und wie müssen wir sie in Bezug auf die Technologisierung unser Welt denken?
Diesen Fragen gehen neomaterialistische Theorien nach, die naturwissenschaftliche und technologische Durchkreuzungen sozialwissenschaftlicher Theorien vornehmen.
Wir wollen uns neo–materialistischen Ansätzen bedienen und versuchen die Grenzen von Diskurs und Materie zu verwischen, um neue Möglichkeiten auszuloten über Geschlecht, Race und Dis_ability nachzudenken. Wir wollen diskutieren, inwiefern interdisziplinäre Herangehensweisen notwendig sind, um einerseits in der sozialwissenschaftlichen Analyse und andererseits in der politischen Praxis Grenzen zu überwinden.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/HCCYYA/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/HCCYYA/feedback/
GD 04/620
Architektonische Rekonstruktionen als Medium der Rechten
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Die Zahl der architektonischen Rekonstruktionen steigt in Deutschland stetig an. Dabei ist auffällig, wie sehr sich rechte Gruppierungen für diese einsetzen und wie rechte Themen in der medialen Debatte um Rekonstruktionen besondere Aufmerksamkeit erfahren. Dies wird an zwei aktuellen Rekonstruktionsprojekten dargestellt.
ssk2019-2080-architektonische-rekonstruktionen-als-medium-der-rechten
Teresa Kampfmann
de
Für Deutschland, aber auch für andere europäische Länder wird seit einigen Jahren eine Rekonstruktionswelle diagnostiziert. Dass verlorene Bauwerke nach Bild-, Schrift- und Sachquellen als Rekonstruktionen aufgebaut werden, wird oftmals mit subjektiv empfundenen Ästhetikansprüchen begründet. Auffällig ist dabei, wie sehr sich rechte Akteure für den Aufbau verlorener Originale stark machen – und dabei geschickt ihre Anliegen um Nationalstolz, nationale Identität sowie um eine geschichtspolitische Umdeutung vermitteln.
Werden Rekonstruktionen vorrangig für Kommerzialisierung und Disneyfizierung des öffentlichen Raums kritisiert, ist die Untersuchung, wie diese von rechten Akteuren genutzt werden, noch unzureichend. Typisch rechte Themen sind nicht nur Migration und völkische Familienpolitik. Auch Themen des Städtebaus können von Rechts direkt oder latent genutzt werden, um mit ihnen politische Anliegen zu transportieren oder mit dem Aufbau verlorener Bauten symbolische, materialisierte, Politik zu demonstrieren.
In diesem Vortrag sollen die scheinbar genauen Grenzen zwischen architektonischen Rekonstruktionen auf der einen Seite und rechter Politik auf der scheinbar weit entfernten anderen aufgebrochen und diese beiden Themen verbunden werden. Nach einer kurzen Einführung zur spürbaren „Rekonstruktionseuphorie“ in Deutschland sowie einem theoretischen Zugang zu Raum und kollektiver Identität, Architektur und Erinnerung sowie symbolischer Politik werden zwei ausgewählte Rekonstruktionsprojekte vorgestellt, bei denen die Verbindung zu rechten Politiken ersichtlich ist.
Die Rekonstruktion des Dom–Römer Areals in Frankfurt (Main) geht auf eine parlamentarische Initiative der rechtspopulistischen Partei Bürger für Frankfurt (BFF) in Zusammenarbeit mit dem völkischen Architekturtheoretiker Claus Wolfschlag zurück. Und bei Betrachtung der medialen Berichterstattung zur Rekonstruktion der Garnisonkirche in Potsdam in einer ausgewählten Lokalzeitung zeigt sich, dass rechte Narrative wiederholt bedient werden. Damit erhalten gängige Themen der Rechten, wie etwa die „Abkehr vom Schuldkult“ und Nationalstolz verstärkte mediale Präsenz.
Die vermeintlich klaren Grenzen zwischen ästhetischer, gebauter Umwelt in Form von Rekonstruktionen und rechtspopulistischer Politik sowie zentralen rechten Themen sind folglich weniger deutlich als angenommen. Die rekonstruierte gebaute Umwelt ist politisch. Für die beiden Beispiele zeigt sich: Rekonstruktionen können durchaus als Medien der Rechte genutzt werden – um passende politische Anliegen in der medialen Debatte zu verbreiten oder um eine erfolgreiche, symbolische Politik materialisiert zu vermitteln.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/XULAGG/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/XULAGG/feedback/
GD 04/620
Grenzenlose Soziologie?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T15:00:00+02:00
15:00
00:45
Der vorliegende Beitrag operationalisiert die Neugründung der Akademie für Soziologie im Feld der akademischen Soziologie in Deutschland mithilfe der Feldtheorie des französischen Soziologen Pierre Bourdieus. Daran anschließend analysiert er unter Zuhilfenahme der multiplen Korrespondenzanalyse die darin sichtbar werdenden Strukturen, Verteilungen verschiedener Kapitalia und Positionen einzelner Akteur_innen im Feld. Diese Soziologie der Soziologie stellt sich dabei die Frage in wessen Gesellschaft wir eigentlich lernen.
ssk2019-2220-grenzenlose-soziologie-
Clara ArnoldJonas Volle
de
In der Soziologie wurde schon immer gestritten, über methodische und theoretische Ausrichtungen, ungleiche Karrierechancen oder Forschungsgelder. Die institutionelle Arena für dieser Auseinandersetzungen war seit deren Gründung 1909 die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS). Doch seit September 2017 droht nun eine institutionelle Grenze die Disziplin zu spalten. Mit der Neugründung der Akademie für Soziologie (AS) wird medial sowie innerhalb der Disziplin darüber verhandelt, welche Aufgaben einer institutionell gerahmten Dachorganisation von Soziolog\*innen in Deutschland zukommen und welche Ausrichtung sie haben soll. Die Blogeinträge des Tübinger Soziologen Jörg Strübings (2017) auf dem SozBlog der DGS, die Stellungnahme des Vorstandes der DGS (2018) und einige Artikel in überregionalen Medien (u.a. Breuer, 2018; Nowotny, 2018; Wagner, 2019) verweisen darauf, dass diese Fragen die akademische Soziologie in Deutschland vor neue institutionelle Herausforderungen stellen.
Mit unserem Beitrag knüpfen wir theoretisch an die Überlegungen des französischen Soziologen Pierre Bourdieus an und konzeptualisieren die oben beschriebene Auseinandersetzung mit einer feldtheoretischen und relationalen Perspektive. Dafür wurden im Rahmen eines universitätsübergreifenden Forschungsprojekts prospographische Daten deutscher Soziolog\*innen erhoben. Mit diesem Sample versuchen wir uns an einer quantitativen Annäherung an Strukturen und Positionen einzelner Akteur\*innen im Feld der akademischen Soziologie in Deutschland. Unter Zuhilfenahme einer multiplen Korrespondenzanalyse zeigen wir diese Strukturen grafisch und diskutieren strukturgebende Kapitalsorten.
Mit dieser Vorgehensweise entsprechen wir unserem eigenen Anspruch, nach dem die Analyse sozialen Wandels und sozialer Strukturen nicht vor den Türen der eigenen Disziplin Halt machen sollte. Deswegen möchten wir in Form einer Soziologie der Soziologie die Grenzen einer akademisch institutionalisierten Soziologie hinterfragen und diskutieren. Insbesondere für Nachwuchswissenschaftler\*innen stellt diese Perspektive eine Möglichkeit dar, sich über eigene feldtheoretische Positionierungen im akademischen Feld bewusst zu werden. Daher werden wir in unserem Beitrag insbesondere die Frage thematisieren, ob und wenn ja welche feldtheoretischen Grenzen sich bezüglich DGS und AS erkennen lassen und wie diese im Kontext von relevanten Kapitalia und Strukturen reflektiert werden können.
### Literatur
* Breuer, I. (2018). Soziologenstreit - Welche Aufgaben hat die Soziologie? Zugriff 24. Februar 2019, unter [https://www.deutschlandfunk.de/soziologenstreit-welche-aufgaben-hat-die-soziologie.1148.de.html?dram:article_id=423623](https://www.deutschlandfunk.de/soziologenstreit-welche-aufgaben-hat-die-soziologie.1148.de.html?dram:article_id=423623)
* DGS. (2018). DGS-Stellungnahme zur Akademie für Soziologie. Zugriff 24. Februar 2019, unter [https://www.soziologie.de/uploads/media/DGS-Stellungnahme_zur_Akademie_fuer_Soziologie.pdf](https://www.soziologie.de/uploads/media/DGS-Stellungnahme_zur_Akademie_fuer_Soziologie.pdf)
* Nowotny, K. (2018). Soziologie - Zoff im Glashaus. Zugriff 24. Februar 2019, unter [https://www.freitag.de/autoren/konstantin-nowotny/zoff-im-glashaus](https://www.freitag.de/autoren/konstantin-nowotny/zoff-im-glashaus)
* Strübing, J. (2017). Vom Einander-Verstehen und der Besetzung von Begriffen. Zugriff 24. Februar 2019, unter [http://blog.soziologie.de/2017/12/vom-einander-verstehen-und-der-besetzung-von-begriffen/](http://blog.soziologie.de/2017/12/vom-einander-verstehen-und-der-besetzung-von-begriffen/)
* Wagner, G. (2019). Positivismusstreit: Ein Quexit in der Soziologie? Zugriff 24. Februar 2019, unter [https://www.faz.net/1.6001226](https://www.faz.net/1.6001226)
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/BCWLSS/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/BCWLSS/feedback/
GD 04/620
Die Autonomie der Alten – Auszug aus einem Forschungsprojekt zu ,Seniorengenossenschaften‘
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T15:45:00+02:00
15:45
00:45
ssk2019-2228-die-autonomie-der-alten-auszug-aus-einem-forschungsprojekt-zu-seniorengenossenschaften-
Alexandra ZwostaSilvia Wiegel
de
In einem Forschungsprojekt an der Uni Bayreuth näherten wir uns mit qualitativen und quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung dem Thema ,Seniorengenossenschaften‘. Diese basieren sowohl auf Reziprozität – dem gegenseitigen Geben und Nehmen – als auch auf Autonomie – der Selbsthilfe.
Unser Vortrag beleuchtet dabei ein zentrales Ergebnis dieses Projektes: die Widersprüchlichkeit von Autonomie und Mobilität in heutigen Familien. Was wird von der älteren Generation innerhalb einer Familie erwartet? Und was erwartet diese im Gegenzug? Von der Mitgliedschaft in einer ,Seniorengenossenschaft‘ erhoffen sich viele Ältere jedenfalls die Aufrechterhaltung ihrer Selbstständigkeit im eigenen Zuhause. Gerade in Zeiten einer alternden Gesellschaft scheinen diese Phänomene der Bedürftigkeit und des Selbsterhaltungsanspruchs vermehrt zutage zu treten. Welche Entwicklungen ergeben sich daraus im Hinblick auf den ,Generationenvertrag‘ und den heutigen Wohlfahrtsstaat?
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/PXM7PY/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/PXM7PY/feedback/
GD 04/520
Methodenberatung des Methodenzentrums der Ruhr-Universität
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T09:30:00+02:00
09:30
01:30
ssk2019-2683-methodenberatung-des-methodenzentrums-der-ruhr-universitt
Yvonne KohlbrunnSebastian JeworutzkiSebastian Gerhartz
de
Egal ob ein individuelles Forschungsvorhaben, eine Hausarbeit oder die Abschlussarbeit: Wer empirisch arbeiten möchte, der kommt um eine entsprechende Methode nicht herum.
Wer bei seinen qualitativen oder quantitativen Analysen auf Fragen oder Probleme gestoßen ist, hat in dieser Session die Möglichkeit sich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Methodenzentrums der Ruhr–Universität beraten zu lassen.
Das Methodenzentrum für Geistes– und Gesellschaftswissenschaften unter der Leitung von Prof. Dr. Cornelia Weins und Dipl. Soz.wiss. Sebastian Jeworutzki ist Teil des BMBF–geförderten Projekts [InSTUDIESplus](http://www.rub.de/instudies/).
Seit Oktober 2016 ist das [Methodenzentrum](https:/methodenzentrum.ruhr-uni-bochum.de) eine zentrale Anlaufstelle zur Unterstützung eigener empirischer Forschungsvorhaben von Studierenden der Ruhr–Universität Bochum. Die Angebote umfassen Veranstaltungsreihen und Workshops, E–Learning–Formate und Persönliche Beratung zu quantitativen und qualitativen empirischen Methoden.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/PBJPEB/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/PBJPEB/feedback/
GD 04/520
Zwischen teilnehmender Beobachtung und beobachtender Teilnahme in einer lebensweltanalytischen Ethnographie zum Skateboarding
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-20T15:00:00+02:00
15:00
00:45
„Na ja, aber am Ende musste das schon selber herausfinden. Einfach viel versuchen“
Dieser Hinweis eines Skaters, dem ich während meiner Feldforschung begegnet bin, beschreibt genau das, was die ethnographische Feldarbeit einer Lebensweltanalyse beansprucht: die existentielle Involviertheit der Forschenden. Jedoch liegt in dieser Forderung auch eine zentrale Herausforderung der explorativen Ethnographie: die methodischen Grenzen der teilnehmenden Beobachtung und der beobachtenden Teilnahme zu erkunden.
ssk2019-2238-zwischen-teilnehmender-beobachtung-und-beobachtender-teilnahme-in-einer-lebensweltanalytischen-ethnographie-zum-skateboarding
Pao Nowodworski
de
Anknüpfend an meine Masterarbeit zu Aneignungsprozessen durch Körperwissen beim Skateboarding möchte ich die (grenzüberschreitende) Forscherrolle von Ethnographen bzw. Ethnographinnen und die damit einhergehenden (methodischen) Herausforderungen der Feldarbeit anhand meiner Arbeit diskutieren.
Um die Aneignungsprozesse beim Skateboarding zu beleuchten, wurde die Methode der lebensweltanalytischen Ethnographie gewählt. Da sich hierbei der Forscher bzw. die Forscherin selbst in die zu erforschende Lebenswelt begibt und dabei die je typischen Praktiken durchführt und miterlebt, kann ein besonderer erlebnisfokussierter Einblick in das Feld erlangt werden. Jedoch, und hierbei handelt es sich um die besondere Herausforderung dieses Forschungsansatzes, gilt es diese typischen Praktiken und die damit verbundenen subjektiv empfundenen Besonderheiten mit den Typiken des Feldes abzugleichen. Das heißt, dass nicht alles, was der Forscher bzw. die Forscherin im Feld erlebt, zwangsläufig als allgemeingültig gelten kann. Ein ständiges Abtasten der Felddaten (z.B. Gespräche,Interviews, Zeitschriften o.ä.) mit den eigenen erhobenen Erlebnisdaten ist konstitutiv für diesen lebensweltanalytischen Forschungsstil.
Rekurrierend auf die Themensetzung des siebten studentischen Soziologiekongress wird im Vortrag die z.T. grenzüberschreitende Forscherrolle, die in einem ethnographisch angelegten Forschungsansatz Fragen nach der Beziehung zwischen Involviertsein und Außenperspektive aufwirft, behandelt. Exemplarisch soll dieses Spannungsverhältnis anhand der beobachtenden Teilnahme und der teilnehmenden Beobachtung dargelegt werden.
Ersteres fokussiert die Hingabe zum Feld in all seinen Facetten, wobei letzteres die Beobachtung des Feldgeschehens aus einer eher zurückgezogenen Perspektive betont. Jedoch, und vor diesem Dilemma stehen lebensweltanalytische Ethnographen bzw. Ethnographinnen, widersprechen sich Beobachtung und Teilnahme gegenseitig. Wie kann beispielsweise während einer komplizierten Durchführung eines skatespezifischen Tricks eine präzise Beobachtung des Forschers bzw. der Forscherin durchgeführt werden? Diese und andere kritische Fragen sollen im Vortrag diskutiert werden.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/XEEUYS/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/XEEUYS/feedback/
Rahmenprogramm
Mittagspause in der Mensa
Rahmenprogramm
2019-09-20T11:30:00+02:00
11:30
01:30
ssk2019-2594-mittagspause-in-der-mensa
Dennis Kröger
de
In euren Kongresstaschen befindet sich ein Mensa–Gutschein. Wir treffen uns vor GD und laufen zusammen zur Mensa, die in der Mitte des Campus liegt.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/7EMN3Z/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/7EMN3Z/feedback/
Rahmenprogramm
Führung im Museum unter Tage (keine Plätze mehr frei)
Rahmenprogramm
2019-09-20T13:30:00+02:00
13:30
02:00
ssk2019-2823-fhrung-im-museum-unter-tage-keine-pltze-mehr-frei-
Emre Ünal
de
### **Wir haben keine Plätze mehr frei!** Danke, dass ihr das Angebot so gut angenommen habt :)
Im Kunstmuseum "Unter Tage" bieten wir euch eine kostenlose Führung (für max. 15 Personen) an. Das Museum befindet sich im wunderschönen Schlosspark Weitmar, dass neben dem vielen Grün im Inneren des Parks auch Künstlerisches beherbergt. In der Wechselausstellung zu "post_minimal conceptual_now" werden neue Umbrüche und Vorstellungen in der Kunst thematisiert, die nach einem erweiterten Kunstbegriff ebenso verbunden sind mit Fragestellungen des Darstellbaren. Verschiedene Objekte, minimal art, Konzeptkunst und Installationen ziehen die Besucher hierfür kognitiv in den Bann und zeigen auf, das Kunst oft mehr ist, als das Auge sieht. Lasst euch diese Eindrücke nicht entgehen!
[https://situation-kunst.de/ausstellungen/mut/](https://situation-kunst.de/ausstellungen/mut/ )
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/Y7MKE8/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/Y7MKE8/feedback/
Rahmenprogramm
Kaffeepause
Rahmenprogramm
2019-09-20T14:30:00+02:00
14:30
00:30
ssk2019-2595-kaffeepause
Dennis Kröger
de
Kommt in der Cafeteria vorbei, tauscht euch über die gehörten und disktutierten Beiträge aus oder besucht die Poster–Ausstellung. In dieser stellen z.B. Timo Leontaris und Susanne Enssen die Ergebnisse ihres Projektes "Perspektiven auf die 'Müllproblematik' in Duisburg–Marxloh" vor. In diesem Projekt untersuchen die Studierenden, inwiefern die Warhnehmung der Menschen vor Ort der medialen Berichterstattung entspricht.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/KXYK3W/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/KXYK3W/feedback/
Rahmenprogramm
Pause
Rahmenprogramm
2019-09-20T16:30:00+02:00
16:30
01:00
ssk2019-2596-pause
Dennis Kröger
de
Pausenzeit ist Poster-Zeit. Antonia Rosa Wolf hat sich in ihrer qualitativen Forschung damit auseinandergesetzt, welche Bedeutung geschlechtsspezifische Rollenbilder Geflüchteter und ihre strukturelle (Re-)Produktion in der Bundesrepublik Deutschland für den individuellen Inklusionsprozess geflüchteter Frauen\* und Männer\* haben. Ihre Forschungsergebnisse sind auf der Ebene 04 zu finden.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/ZYPN7S/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/ZYPN7S/feedback/
Rahmenprogramm
Brinkhoff's
Rahmenprogramm
2019-09-20T19:15:00+02:00
19:15
01:00
Kneipenausflug im Brinkhoff's
ssk2019-2822-brinkhoff-s
Verona
de
Am Freitag haben wir Plätze für euch im Brinkhoff's reserviert, so dass wir den Tag entspannt im Biergarten ausklingen lassen können. Dazu werden wir uns am Freitag um 19:15 Uhr vor dem GD-Gebäude versammeln und gemeinschaftlich mit der U35 zur Kneipe fahren.
Solltet ihr noch etwas später dazustoßen wollen, erreicht ihr das Brinkhoff's innerhalb von 5 Minuten vom Hbf aus. Am Hbf müsst ihr den Hauptausgang verlassen, und seid dann auf dem "Südring" welchen ihr links abbiegend folgen müsst. Diesen folgt ihr, bis ihr die Querstraße Brüderstraße erreicht, erkennbar an dem Lokal "Farina". In die Brüderstraße biegt ihr links ein, geht am Farina rechts vorbei und erreicht dann nach wenigen Metern das Brinkhoff's, welches sich auf der linken Seite befindet. Dort werdet ihr zum reservierten Biergarten gebracht wenn ihr mitteilt, Teilnehmer*Innen des studentischen Soziologiekongresses zu sein.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/YV9KYD/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/YV9KYD/feedback/
HGD 20
Prokrastination. Subjektivierung. Affekt. Prokrastination aus individueller und gesellschaftlicher Perspektive vor dem Hintergrund der Subjektivierung von Arbeit
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Dass nicht auf morgen verschoben werden sollte, was auch heute getan werden könnte, das weiß schon der Volksmund. Diese Mahnung wäre nicht so verbreitet, wenn nicht die Tendenz bestünde, es eben doch zu tun. Diese weitverbreitete menschliche Eigenheit avancierte zum psychologischen Fachbegriff: Prokrastination bezeichnet das unplanmäßige Aufschieben alltäglicher Aufgaben, welches im Übermaß mit einem subjektiven Leidensdruck einhergehen kann.
ssk2019-2128-prokrastination-subjektivierung-affekt-prokrastination-aus-individueller-und-gesellschaftlicher-perspektive-vor-dem-hintergrund-der-subjektivierung-von-arbeit
Diana Schieck
de
Dass nicht auf morgen verschoben werden sollte, was auch heute getan werden könnte, das weiß schon der Volksmund. Diese Mahnung wäre nicht so verbreitet, wenn nicht die Tendenz bestünde, es eben doch zu tun. Diese weitverbreitete menschliche Eigenheit avancierte zum psychologischen Fachbegriff: Prokrastination bezeichnet das unplanmäßige Aufschieben alltäglicher Aufgaben, welches im Übermaß mit einem subjektiven Leidensdruck einhergehen kann.
Als Gegenstand psychologischer Forschung ist Prokrastination ein recht junges Phänomen, das vormals eher in der Ratgeberliteratur behandelt wurde. Die akademische Psychologie nahm sich dem Thema erst in den 1980er Jahren an, wobei vor allem nach dem Zusammenhang mit bestimmten Eigenschaften der Persönlichkeit und der Aufgaben sowie motivationalen Bezügen der Handlungsplanung gefragt wurde.
Ziel des Forschungsprojektes ist es, eine interdisziplinäre Perspektive zu eröffnen, die zum einen psychoanalytisch–psychodynamische Aspekte (das subjektive Erleben) und zum anderen den gesellschaftlichen Kontext (die gesellschaftliche Bedeutung) von Prokrastination fokussiert. Die themenzentrierten Interviews stammen aus der Studie „Prokrastination. Psychoanalyse und gesellschaftlicher Kontext“, die an der International Psychoanalytic University Berlin von 2017–2018 unter der Leitung von Prof. Christine Kirchhoff durchgeführt wurden.
Die Betrachtung des Phänomens unter psychoanalytischen sowie soziologischen Perspektiven ermöglicht einen erkenntnistheoretisch fundierten Zugang zum Unbewussten der Prokrastination und ihrer latenten Bedeutung innerhalb des Individuums und der Gesellschaft.
Die Erläuterung der psychosozialen Bedeutung schafft schließlich die Verknüpfung von individuellen und gesellschaftlichen Aspekten der Prokrastination in Verbindung mit entgrenzter Erwerbsarbeit.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/PJRUGJ/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/PJRUGJ/feedback/
HGD 20
"Wir sind kein Start-Up Unternehmen" – Polizei ohne Wandel?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Die Polizei, eine alteingesessene, stark durch Bürokratie geformte und durch Strukturen gerahmte Organisation sieht sich einer sich schnell wandelnden Gesellschaft gegenüber. Doch was bedeutet das für eine solch traditionelle Organisation welche sich mit strukturellem Wandel in den eigenen Reihen schwer tut?
ssk2019-2264--wir-sind-kein-start-up-unternehmen-polizei-ohne-wandel-
Lisa Dürr
de
Das Zitat, welches auch gleichzeitig den Titel des Vortrags beschreibt, stammt von Rafael Behr aus einem unveröffentlichten Interview aus dem Januar 2019. Er beschreibt damit die Polizei, eine stark hierarchische, bürokratische Organisation mit striktem Regelwerk und alteingesessenen Traditionen. Struktureller Wandel, wie dieser sich in modernen, global interagierenden Organisationen und Unternehmen zeigt, scheint der Polizei ein Fremdwort zu sein, wenngleich die Akademisierung auch dort Einzug gehalten hat.
Doch wo liegt der Ursprung dieser Problematik? Sind die traditionell militärischen Regelungen unüberwindbar, wo sind Ansatzpunkte, lässt sich Wandel bereits beobachten oder ist die Polizei eine Organisation, deren Verschlossenheit gegenüber neuen Konzepten ihrer Weiterentwicklung gänzlich im Weg steht?
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/DWCRLS/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/DWCRLS/feedback/
HGD 20
..
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T11:30:00+02:00
11:30
00:45
ssk2019-2148--
Deleted User
de
Mit der Denkstil-Methode nach Ludwik Fleck lässt sich abbilden, wie Denkkollektive an der historischen Produktion von Wissen beteiligt sind und Denkstile prägen. Denkkollektive fungieren als „Träger geschichtlicher Entwicklung eines Denkgebietes, eines bestimmten Wissensbestandes und Kulturstandes, also eines besonderen Denkstiles“ (Fleck 1980/1935: 54f.). Der Denkstil der Lebensschutzbewegung hat mit dem Begriff des „Ungeborenen“ zu einer historischen Denkstilumwandlung beigetragen, und das Thema Abtreibung als Träger eines christlich–fundamentalistisch geprägten Denkstils besetzt und in das gesamte Denkkollektiv transferiert.
Da der spezifische Denkstil der Lebensschutzbewegung aus einer besonderen Historizität, mit realen globalen Entwicklungen und kosmopolitischen Wertverschiebungen, erwächst, versuchen organisierte Lebensschützer, durch den Rekurs auf vermeintlich christlich–abendländische Werte innerhalb des eigenen Denkstiles, als ein Korrektiv gegen den Verfall dieser Werte zu agitieren. In der Folge kann davon ausgegangen werden, dass dieser Denkstil bezüglich Abtreibung in das gesamte Denkkollektiv Einzug erhält, und auf biopolitische Verhaltensweisen und Diskurse eine gemeinschaftszentrierte Perspektive auf reproduktive Rechte von Frauen\* generiert.
In politischen medialen Debatten zum Thema Schwangerschaftsabbruch bzw. Abtreibung werden oft bekannte Vertreter\*innen aus dem Umfeld der Gruppen und Organisationen der Lebensschutzbewegung als vermeintliche Expert\*innen eingeladen. Dies ist insofern kritisch zu betrachten, da sie als Anhänger\*innen klerikaler, evangelikaler oder anderer christlich–fundamentalistischer Organisationen konkrete politische Ziele verfolgen und versuchen, eine Deutungshoheit in gesamtgesellschaftlichen Diskursen zu erhalten. In ihrem Denkstil verweisen sie auf vermeintlich christlich–abendländische Traditionen und vertreten ein Weltbild, das keine Ambivalenzen oder Ambiguitäten zulässt. Unter dem Deckmantel des Lebensschutzes stellen sie politische Forderungen und vermischen dabei religiöse Ideologie mit naturwissenschaftlichen Argumentationen, um die heteronormative Kleinfamilie als gottgegebenes, natürliches, und einzig mögliches Lebensmodell zu propagieren. Mit der wiederholten Forderung, „ungeborenes Leben“ vor der Entscheidung schwangerer Frauen\* schützen zu müssen, haben sie einen Denkstil geprägt, der das Recht der Frauen auf eine freie Verfügung über den eigenen Körper fundamental in Frage stellt.
Im Rahmen meiner Master-Thesis beschäftige ich mich mit der Aneignung des Abtreibungsdiskurses durch die selbsternannte „Lebensschutzbewegung“ als „Ein-Punkt-Bewegung“. Der politische Aktionsradius der Bewegung, die aus Organisationen und Gruppen verschiedener religiöser Gruppierungen, parteipolitischen Organisationen, aber auch Organisationen wie die "Juristen–Vereinigung Lebensrecht e.V." agitieren gemeinsam zu dem zentralen Thema Abtreibung und versuchen auf diesem Weg diverse gesamtgesellschaftliche Diskurse um Generativität und Biopolitik zu beeinflussen.
Im Rahmen diese Arbeit werde ich vor diesem Hintergrund herausarbeiten, inwieweit Mitglieder von christlich–fundamentalistischen, evangelikalen und regressiven Organisationen, die sich der Lebensschutzbewegung zuordnen, an der historischen Entstehung der Konstruktion des Narrativ des „Ungeborenen“ beteiligt waren.
Anhand der historischen politischen und juristischen Debatten seit den 1970er Jahren bis zur letzten Änderung 1992 des §218 lassen sich paradigmatisch gesamtgesellschaftliche Prozesse beobachten, die Fleck als „Zeiten sozialer Wirrnis“ kennzeichnet, in denen Denkstilumwandlungen stattfinden.
Die juristische Sprachregelung, das „werdende Leben“ in das „Ungeborene“ zu ändern, hat demnach bis heute nicht nur Einfluss auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs, sondern materialisiert sich in dem aus dem Denkstil hervorgehenden Stigma, dem Frauen\* in ihren Entscheidungen einen Abbruch durchzuführen, ausgesetzt bleiben.
Des Weiteren manifestiert es sich in einer Stigmatisierung von Ärztinnen und Ärzten, die die medizinische Dienstleistung Schwangerschaftsabbruch nicht öffentlich anbieten dürfen, da ihnen nach §219a eine ökonomische Begünstigung vorgeworfen wird, die in dem Verbot mündet und in der Folge eine langfristige und umfassende medizinische Versorgung mit der Dienstleistung Schwangerschaftsabbruch erschwert und langfristig in einigen Regionen in Deutschland bereits verhindert. So werden Adressen von Ärzt\*innen die Abtreibungen durchführen veröffentlicht und als öffentlicher Pranger missbraucht, in der Folge wiederum bedrängen Lebensschützer\*innen medizinisches Fachpersonal und schwangere Frauen vor Praxen und Ärztinnen und Ärzte werden oftmals angezeigt. Auch auf vorgeblichen Informationsseiten im Internet sind betroffene Frauen\* den Lebensschutzorganisationen ausgeliefert, wenn sie sich sachlich über Abbrüche von Schwangerschaften informieren wollen. Diese verbreiten auf ihren Seiten vor allem Fotos und Bilder die mit den reellen Entwicklungsstufen innerhalb einer Schwangerschaft nicht vergleichbar sind.
Somit wird auf mehreren Ebenen durch die Lebensschutzbewegung daran gearbeitet, dass die Konstruktion des „Ungeborenen“, als menschliches Wesen ab der ersten Minute, bestand hat und vor der werdenden Mutter zu schützen sei. Eine Fortführung des §218 als Straftatbestand verhilft dieser Argumentation zu einer konstanten Etablierung des Denkstiles der Lebensschutzbewegung zum Thema Abtreibung.
### Literatur
*Blechschmidt, Erich (1976): Wie beginnt das menschliche Leben, Christiana Verlag, Schweiz.
*Blechschmidt, Erich (1978): Anatomie und Ontogenese des Menschen, Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.
*Blechschmidt, Erich (1986): Das Wunder des Kleinen. Die frühen Verhaltensweisen des ungeborenen Kindes., Verlag Weißes Kreuz, Kassel.
*Bundesverfassungsgericht 39, 1 – Schwangerschaftsabbruch I: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv039001.html#Rn002
*Bundesverfassungsgericht 88, 203- Schwangerschaftsabbruch II :http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv088203.html#Rn033
*Fleck, Ludwik (1980 [1935]). Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv (hrsg. v. L. Schäfer & T. Schnelle).
*Ritter, Barbara (1991): Der öffentliche Embryo, in: Vorsicht "Lebensschützer". Die Macht der organisierten Abtreibungsgegner, Konkret Verlag Hamburg.
*Sanders, Eike; Achtelik, Kirsten; Jentsch, Ulli: (2018): Kulturkampf und Gewissen: Medizinethische Strategien der "Lebensschutz"-Bewegung, Erste Auflage. Verbrecher Verlag, Berlin.
*Zimmer, Katharina (1987): Das Leben vor der Geburt. Die seelische und körperliche Entwicklung des Kindes im Mutterleib, Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, Kempten. (http://bibelarbeit.privat.t-online.de/z_p_gesund_bild3_embryo_gross.pdf#page=1&zoom=auto,-158,848 Zuletzt eingesehen am 19.9.19)
* Fleck, Ludwik (1980 [1935]). Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv (hrsg. v. L. Schäfer & T. Schnelle).
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/9Y7WKH/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/9Y7WKH/feedback/
HGD 20
Communitarianism: an analysis of local self-organization in context of weak statehood
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T12:15:00+02:00
12:15
00:45
The workshop “Communitarianism: an analysis of local self-organization in context of weak statehood” will debate local self–regulation in different countries, regimes and historical periods. The aim is to analyze the relationship between national and local state regulation and the self–regulatory capacity of local communities.
The main goal is to promote and encourage different research approaches and understanding about the concepts of weak statehood. In this sense, local self–regulation may provide a glance on new solutions to the drawbacks of individualism. Researchers and students from diverse areas of study are welcome, considering that interdisciplinarity is a strong asset to build creative, effective and new solutions.
ssk2019-2283-communitarianism-an-analysis-of-local-self-organization-in-context-of-weak-statehood
Matheus Jones ZagoAnna Paula de Moraes Bennech
en
Despite today's widespread mobility and the possibilities of digital networking, human existence is still predominantly spatially situated. Wherever people share their living and living space, they create rules for living together. Even though individualism has apparently increased in the last decades as a social phenomenon, the individual experiences still substantially happen at one’s regular place of residence. Therefore, not only locality but also community matter.
Usually weak statehood occurs where the rule of a state does not threaten to collapse and is fundamentally stable, but it still cannot fulfill all the tasks that would follow its Western pattern. His assertiveness is restricted to a few areas, policies and social groups. The connection between space and community makes local the genuine place of collective self-organization, it is the place where the most independent regulations and regulatory patterns emerge. Hence, local self–organization forms a functional basicity of statehood and at the same time interacts with the forms of this statehood at higher levels.
The workshop aims to identify, describe and debate local self–regulation in different countries, regimes and historical periods. The goal is to analyze the relationship between national and local state regulation and the self–regulatory capacity of local communities. This analysis helps us to understand urban and municipal administration and other civil society forms of self–regulation. Furthermore, how local self–organization influences and is influenced by its interactions with the state level.
Methodologically, institutional theory and the governance approach allow the categorization of various forms of self–organization and the complementary analysis of formal and informal patterns. Historical institutionalism draws attention to the importance of power constellations for the formation and change of institutions – understood not only as state institutions but also as binding rules and social behavioral orientations. Sociological institutionalism has a broad understanding of institutions, that are not only irrevocable rules but also organizations, cultural patterns, symbols and cognitive frames. Both theoretical variants enable a systematically investigation of the characteristics and dynamics of social, economic and political regulatory patterns which constitute themselves informally.
Hereby, a research that allows a different approach and understanding about the concepts of weak statehood, its discoveries and local self–regulation may provide a glance on new solutions to the drawbacks of individualism. Researchers and students from diverse areas of study are welcome, considering that interdisciplinarity is a strong asset to build creative, effective and new solutions.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/LY9HBK/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/LY9HBK/feedback/
HGD 20
Keynote: Recht auf Stadt im globalen Süden
Keynote
2019-09-21T14:30:00+02:00
14:30
01:30
/
ssk2019-2498-keynote-recht-auf-stadt-im-globalen-sden
Sandrine Gukelberger
de
Rasante Verstädterungsprozesse, neoliberale Umstrukturierungen und die sogenannte „Planetarisierung der Slums“ framen weltweit die transnationalen und internationalen Begegnungen und Kooperationen zwischen einer Vielzahl von Akteuren. Der Vortrag befasst sich mit dem Ruf nach dem Recht auf Stadt, welcher sowohl von Protestbewegungen in ihrer Mobilisierung genutzt wird, als auch Eingang in offizielle Politiken gefunden hat. Dabei geht das Konzept ‚Recht auf Stadt‘ auf den französischen Soziologen Henri Lefebvre (1968) zurück, der die Aneignung von städtischem Wohnraum in sozialen Kämpfen um räumliche Gerechtigkeit diskutiert. Ausgehend von diesen Debatten, die im globalen Norden ihren Ursprung haben, liegt der Beitrag des Vortrags darin begründet, sich Recht auf Stadt genauer im globalen Süden anzuschauen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der Vereinten Nationen, welche städtische Armut und Ungleichheit in ihren globalen Nachhaltigen Zielsetzungen (2015) in den Blick nehmen und eine Neue Urbane Agenda (2016) formuliert haben. Basierend auf ethnographischen Feldforschungen im urbanen Südafrika und Senegal, zielt der Vortrag darauf ab, konkurrierende und sich gegenseitig herausfordernde sozio-politische Praktiken, Konzepte und Visionen von Recht auf Stadt herauszuarbeiten.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/JUFSDB/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/JUFSDB/feedback/
HGD 20
Digital Habit(us) 1.0. Plattformunternehmen im Bildungssektor.
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T16:30:00+02:00
16:30
00:45
Ziel des Vortrags soll sein, anhand einer qualitativen Vorstudie eine tentative Brücke zwischen Sozialisation und Plattformökonomie zu schlagen, um das gegenwärtige Verständnis digitaler Technologien und ihrer sozialisatorischen Bedeutung ggf. neu zu denken bzw. den Grundstein für ein solches Vorhaben zu legen.
ssk2019-2282-digital-habit-us-1-0-plattformunternehmen-im-bildungssektor-
Benjamin Henry Petersen
de
Digitale Technologien sind im 21. Jahrhundert allgegenwärtig. Ihr Einfluss erstreckt sich von der Mikro- über die Meso- bis zur Makroebene, indem sie die sich darin vollziehenden sozialen Prozesse grundlegend strukturieren und transformieren. Das kommerzialisierte Internet stellt dabei das Rückgrat eben jener Technologien dar und befindet sich zugleich maßgeblich unter
dem Einfluss von gerade einmal fünf Unternehmen: Google Amazon, Facebook, Apple und Microsoft (GAFAM). Gemein ist den GAFAM, dass es sich dabei um Plattformunternehmen handelt, die gemäß spezifischer (Markt-)Logiken wie z.B. der Etablierung und Erweiterung (exklusiver) sozio-technischer Ökosysteme sowie der Expansion der Unternehmen in immer neue gesellschaftliche Bereiche, agieren.
Befeuert durch die zunehmende Digitalisierung des Bildungswesens, zeichnet sich in diesem Zusammenhang nicht nur eine Ökonomisierung öffentlicher Einrichtungen ab, sondern auch eine Verflechtung pädagogischer Ansprüche mit den Logiken der Plattformökonomie. Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob die Nutzung digitaler Technologien im pädagogischen Alltag die Sozialisation in die Strukturen und Logiken der Plattformunternehmen bedingt.
Um das sozialisatorische Potential plattformspezifischer Technologien abschätzen zu können, wurde zunächst deren Einsatz im pädagogischen Alltag nachgezeichnet. Die Auswertung leitfadengestützter Interviews mit Expert\*innen aus den Bereichen Bildung und Politik zeigt, dass sich die für Plattformunternehmen konstitutiven Logiken auch innerhalb des Bildungssektors zeitigen, wobei jener Tatbestand im Rahmen der Legitimation des Einsatzes digitaler Technologien nur marginal Beachtung findet. Das sozialisatorische Potential digitaler Technologien wird indes ambivalent beurteilt. Während Expert\*innen der Bildungspraxis im Einsatz proprietärer Soft- und Hardware keine Sozialisation in die jeweiligen Plattformunternehmen sehen, finden sich auf bundespolitischer Ebene gegenteilige Aussagen.
Ziel des Vortrags soll sein, anhand einer qualitativen Vorstudie eine tentative Brücke zwischen Sozialisation und Plattformökonomie zu schlagen, um das gegenwärtige Verständnis digitaler Technologien und ihrer sozialisatorischen Bedeutung ggf. neu zu denken bzw. den Grundstein für ein solches Vorhaben zu legen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/USNE9Q/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/USNE9Q/feedback/
HGD 20
Alexa, Bedrohung der Lebenswelt?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T17:15:00+02:00
17:15
00:45
Dieser Beitrag soll aufzeigen, wie intelligente Sprachassistenten einen Einfluss auf das soziale Leben nehmen können. Verschiedenste alltägliche Bereiche bergen unterschiedliche Eigenlogiken und demnach mögliche Reibungspunkte mit der Technik. Diese Entwicklungen können schlussendlich vor dem Hintergrund der Herstellerfirmen der Geräte betrachtet werden.
ssk2019-2007-alexa-bedrohung-der-lebenswelt-
Niklas Strüver
de
Intelligent Personal Assistants (IPAs) wie Amazons Alexa, Apples Siri, Google Home etc. sind in den letzten zwei Jahren stark auf dem Vormarsch und halten (besonders in Amerika, nach und nach jedoch auch in Deutschland) Einzug in mehr Häuser. Mit ihren Kapazitäten einfache Aufgaben schnell zu erledigen stellen sie eine Form von Outsourcing dar, welches die Menschen davon befreien, soll „lästige“ Aufgaben zu erledigen und ihnen mehr Raum für die wichtigen Dinge im Leben geben soll.
Ich möchte argumentieren, dass die eingeschränkten Möglichkeiten der Kommunikation mit den IPAs (wie z.B. der Zwang des Imperativs), das Potential hat die sozialen Gefüge der Gesellschaft zu beeinflussen. Hierzu ist es nötig technischen Gegenständen eine Form von Agency anzuerkennen, die nicht vollständig auf die Handlung von Menschen reduziert werden kann. Hierzu möchte ich eine Kombination aus Akteur–Netzwerk–Theorie und Whites Theorie von Identität und Kontrolle zugrunde legen, aber im Vortrag nur kurz behandeln, da diese Betrachtungsweise nur ermöglichen soll den Einfluss von Technik auf die Gesellschaft zu beschreiben. Die angestrebte Analyse soll sich kritisch mit den Umgangsformen und deren Auswirkungen auseinandersetzen und mit Habermas Konzept von System- und Lebenswelt arbeiten. Es soll gezeigt werden, dass die IPAs zweckrationales Handeln zur Norm machen, obwohl in vielen Alltagssituationen (z.B. Kindeserziehung) ein lebensweltlicher Umgang angebracht wäre. Des Weiteren kann die Frage aufgeworfen werden, ob die Firmen im Silicon Valley für die Regulierung dieser Probleme verantwortlich sein sollten, oder ob hier anderweitiger Handlungsbedarf besteht. Wo sind die Stellen, an denen die Gesellschaft die Kontrolle über ihre Formierung an Firmen abgibt?
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/NKGJ7E/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/NKGJ7E/feedback/
HGD 20
Keynote: Brauchen wir Open Science in der Soziologie? (Do We Need Open Science in Sociology?)
Keynote
2019-09-21T18:30:00+02:00
18:30
01:00
Wissenschaft sollte per Definition offen sein. Sie ist ein gemeinschaftliches und transparentes Mittel zur Genese von Wissen. Soziologie darf keine Ausnahme sein; eine Botschaft, die bei verschiedenen soziologischen Theoretikern von Weber über Merton bis Habermas konsistent ist. Warum gibt es eine Open Science Bewegung in der Soziologie? Der Vortrag wird einige Antworten auf diese Frage geben.
ssk2019-1924-keynote-brauchen-wir-open-science-in-der-soziologie-do-we-need-open-science-in-sociology-
Nate Breznau
de
Wissenschaft sollte per Definition offen sein. Sie ist ein gemeinschaftliches und transparentes Mittel zur Genese von Wissen. Soziologie darf keine Ausnahme sein; eine Botschaft, die bei verschiedenen soziologischen Theoretikern von Weber über Merton bis Habermas konsistent ist. Warum gibt es eine Open Science Bewegung in der Soziologie? Der Vortrag wird einige Antworten auf diese Frage geben.
Erstens, soziologische Forschung ist relativ geschlossen. Forschende sind intransparent und selektiv in Bezug auf ihre empirische Arbeit. Einige produzieren einfach soziologische Literatur ohne wissenschaftliche Grundlagen. Diejenigen, die sich auf wissenschaftliche Methoden verlassen, sehen sich mit Anreizen der Neuheit und nicht der Reproduzierbarkeit konfrontiert. Die Verteidigung bestehenden Wissens wird dem Teilen von Wissen vorgezogen.
Zweitens, soziologisches Publizieren ist extrem geschlossen. Aufgrund institutionalisierter Verfahren im Publikationsprozess müssen erfolgreiche WissenschaftlerInnen bei gewinnorientierten Verlagen veröffentlichen, und die Universitäten müssen sowohl für den Aufwand (Arbeitszeit als MitarbeiterInnen) als auch das Arbeitsprodukt des Publikationsprozesses (Veröffentlichungen und Zugang zu eben diesen) bezahlen.
Drittens, das Statusstreben in der Soziologie bringt Egomanen hervor. Die notwendige Anhäufung von immer mehr Zitaten ist ein Anreiz für die WissenschaftlerInnen, ihre eigene Arbeit um jeden Preis zu fördern (Stichwort Selbstzitation bzw. Zitationskartelle); sie verhindern, dass konkurrierende Arbeiten veröffentlicht und beworben werden, oder Daten und Ergebnisse werden gefälscht.
Es ist kein Wunder, dass die Öffentlichkeit einem Pfarrer mehr Vertrauen schenkt als einem Soziologen oder einer Soziologin. Ja, wir müssen die Soziologie mit Open Science Praktiken öffnen – und verbessern! Dies gilt gleichermaßen für quantitative und qualitative Forschung. Und der Vortrag wird zeigen, dass dies leichter zu erreichen ist als gedacht.
### Englisch
Science by definition is open. It is a communal and transparent means of developing knowledge. Sociology is no exception, a message consistent across diverse sociological thinkers from Weber to Merton to Habermas. So why do we have an Open Science Movement in Sociology? This talk provides some answers to this question.
First, sociological research is relatively closed. Researchers are intransparent and selective about their empirical work. Some simply produce works without any science. While those relying on the scientific method face incentives favoring novelty over reproducibility and defensiveness over knowledge sharing.
Second, sociological publishing is extremely closed. Institutionalized publishing procedures require successful scholars to publish with for-profit publishers, and requires universities to pay for both the labor input and the labor product of the publishing process.
Third, rent-seeking in sociology produces ego-maniacs. The necessary accumulation of more and more citations incentivizes scholars to promote their own work at all costs, prevent competing work from being published and promoted, fabricate data and results, and steal ideas.
It is no wonder the public may trust a pastor more than a sociologist. Yes, we need to open – and improve – sociology through open science practices. This applies to both quantitative and qualitative research. This talk will demonstrate that this is easier to achieve than one might think.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/KBQRRL/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/KBQRRL/feedback/
GD 03/150
Grenzenlos Solidarisch? Der Begriff der Solidarität in der radikalen Linken.
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Der Vortrag widmet sich der Frage, wie Aktivist\*innen in den sozialen Bewegungen der radikalen Linken Solidarität verstehen und welchen Einfluss diese Vorstellungen auf das aktivistische Tun haben. Dabei wird aufgezeigt, dass der Verweis auf Solidarität innerhalb der radikalen Linken sowohl eine exkludierende als auch inkludierende Funktion besitzt und somit stets Grenzziehungen mit dem Verweis auf Solidarität einhergehen.
ssk2019-2261-grenzenlos-solidarisch-der-begriff-der-solidaritt-in-der-radikalen-linken-
Carla Scheytt
de
„[…] so das ist irgendwie diese Utopie irgendwie ne? //mhm// so hey Grenzen sind eigentlich bescheuert so, warum können wir nicht einfach alle zusammen cool sein? […]“ (Zitat Interview Antifaschistin)
Solidarität ist in der (radikalen) Linken ein immer wieder benutzter Kampfbegriff (vgl. Bayertz, 1998). Auf Demonstrationen, Flugblättern und Reden wird Solidarität gefordert und fehlende Solidarität bemängelt. Dabei bleibt das konkrete Verständnis von Solidarität aber häufig unklar. Deshalb widme ich mich in meiner Masterarbeit der Forschungsfrage, *wie Aktivist\*innen in den sozialen Bewegungen der radikalen Linken Solidarität verstehen und welchen Einfluss diese Vorstellungen auf das aktivistische Tun haben.* Für die Masterarbeit wurden qualitative leitfadengestützte Interviews mit Aktivist\*innen aus dem radikalen linken Spektrum geführt (vgl. Helfferich, 2011), welche angelehnt an das kodierende Verfahren der Grounded Theory ausgewertet wurden (vgl. Strauss/Corbin, 1996). Im Rahmen eines Vortrags sollen vorläufige Ergebnisse der Forschungsarbeit vorgestellt und diskutiert werden.
Die soziale Bewegungsforschung geht davon aus, dass Solidarität ein konstitutiver Bestandteil von sozialen Bewegungen ist (vgl. della Porta/Diani, 1999). Das Vorhandensein von Solidarität wird dabei auch als ein Bestandteil zum Entstehen sogenannter *kollektiver Identitäten* gesehen. Als kollektive Identitäten werden geteilte Wahrnehmungen, Konzepte, Überzeugungen und Gefühle von Aktivist\*innen angesehen. Durch kollektive Identitäten entsteht das *Wir* einer sozialen Bewegung und wird gleichzeitig von *den Anderen* getrennt (vgl. Rucht, 1995; Johnston, 2014; Flesher-Fominaya, 2010). Der Bildung von kollektiven Identitäten ist somit inhärent, dass es eine Grenzziehung zwischen den Aktivist\*innen einer sozialen Bewegung einerseits, im Gegensatz zur restlichen Gesellschaft andererseits gibt. Die Auswertung der Interviews zeigt, dass der Verweis auf Solidarität bei dieser Grenzziehung für die Aktivist\*innen bedeutsam ist. Es entsteht ein paradoxes Verständnis von Solidarität, indem Solidarität gleichzeitig eine inkludierende als auch eine exkludierende Funktion erhält:
Einerseits skizzieren die Aktivist\*innen die Vorstellung einer utopischen „solidarischen Gesellschaft“, in der es keine Kategorisierungen und keine Grenzziehungen mehr zwischen Menschen geben soll. Es werden beispielsweise Wünsche nach einer Aufhebung von Nationalitäten oder von Geschlechtern angesprochen. Als Vorbild für eine solche Gesellschaft dient dabei häufig das Erleben in ihrer eigenen politischen Gruppe bzw. sozialen Bewegung, in denen sie Zusammenhalt spüren und gegenseitige Verbundenheit fühlen. Zugleich realisieren sie in ihren Gruppen ihre gemeinsame Utopie einer solidarischen Gesellschaft. Dies hat eine starke inkludierende Funktion: Die Vorstellung eines solidarischen Miteinanders prägt einen starken Gruppenzusammenhalt und eine hohe Identifikation mit der radikalen Linken, die als *Wir* verstanden wird. Andererseits ziehen die Aktivist\*innen auch immer wieder Grenzen zu anderen Akteur\*innen innerhalb ihrer sozialen Bewegung, bei der das fehlende „solidarische Handeln“ der *Anderen* als Rahmung dient. Es wird berichtet, wie einzelne Akteure aus den Gruppen bzw. Zusammenhängen ausgeschlossen werden, weil sie sich „unsolidarisch“ verhalten. Dies bezieht sich meist auf einen Bruch der Konventionen, die als „solidarisch“ verstanden werden (spontane Hilfe, Vertrauen, gegenseitige Anerkennung, Stillschweigen gegenüber Polizei und Sicherheitsbehörden, usw.).
In dem Vortrag soll dieses Spannungsverhältnis des Verständnisses von Solidarität das zentrale Thema sein. Die Inklusions- und Exklusionsprozesse und somit auch die Grenzziehungen werden anhand des erhobenen empirischen Materials dabei näher ausgeleuchtet.
### Literatur
* Bayertz, K. (1998). Begriff und Problem der Solidarität. In K. Bayertz, Hg., Solidarität: Begriff und Problem. Frankfurt: Suhrkamp., S. 11-53.
* Della Porta, D. und Diani, M. (1999). Social movements: An introduction. Oxford: Blackwell.
* Flesher Fominaya, C. (2010). Collective Identity in Social Movements: Central Concepts and Debates. Sociology Compass, 4(6), S. 393–404.
* Helfferich, C. (2011). Die Qualität qualitativer Daten: Manual für die Durchführung qualitativer Interviews. 4. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
* Johnston, H. (2014). What is a Social Movement? Cambridge: Politiy Press.
* Rucht, D. (1995). Kollektive Identität: Konzeptionelle Überlegungen zu einem Desiderat der Bewegungsforschung. Forschungsjournal Soziale Bewegungen, 1, S. 9-23.
* Strauss, A., und Corbin, J. (1996). Grounded theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/8MFUBE/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/8MFUBE/feedback/
GD 03/150
Diltheys Begründung der Geisteswissenschaften auf einer Philosophie des Lebens
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Betrachtungen zum Lebensbegriff, seiner Aktualität und Potentialität für eine interdisziplinäre Wissenschaft.
ssk2019-1997-diltheys-begrndung-der-geisteswissenschaften-auf-einer-philosophie-des-lebens
Emre Ünal
de
Matthias Jung schreibt in seiner Neuauflage (2014) zur Dilthey–Einführung, dass es „an der Zeit wäre, Dilthey aus den Schubladen herauszuholen, in die er in den ersten zwei Dritteln des zwanzigsten Jahrhunderts hineingesteckt wurde, [um] sich mit ihm kritisch, das heißt auf Augenhöhe der für uns aktuellen Fragestellungen auseinanderzusetzen, weil dies eine lohnenswerte Arbeit darstellen würde.“ Der Vortrag soll im Hinblick auf das Kongressthema ausgehend von Dilthey einen systematischen Blick auf den Lebensbegriff werfen, sowie den philosophischen Hintergrund thematisieren, welcher für die methodologische und erkenntnistheoretische Begründung der Geisteswissenschaften und ihrer gleichzeitigen Emanzipation zu den Naturwissenschaften entschieden wichtig war. Bezogen auf den Kongresstitel „Grenzenlos Leben?! Interdisziplinär denken“, soll der Fokus des Vortrags auf dem Lebensbegriff liegen, verbunden mit der Frage nach den Potentialen für eine interdisziplinäre Wissenschaft.
Dabei soll geschaut werden, inwiefern eine bestimmte (Denk–) Haltung für eine Verständigung innerhalb der Wissenschaften notwendig ist und wie damit auch disziplinäre Grenzen abgebaut, aber auch der eigene Horizont nicht nur erweitert, sondern auch bereichert werden kann. Der Blick auf das Leben soll von der Philosophie des Lebens her erfolgen, worin Dilthey einen wissenschaftlich–systematischen Lebensbegriff konzipiert, der in seiner bestimmt unbestimmten Definition eine große Weite des Denkens anbietet, die grenzenlos scheint und daher einiges ermöglicht. Der Begriff des Lebens bei Dilthey verbindet, verknüpft und bringt viele verschiedene Dinge zusammen, statt sich an Grenzen abzuarbeiten, die nicht per se da sein müssen, weil das Leben sich eigentlich nicht zerstückeln lässt. Die Möglichkeiten seines Lebensbegriffs, sowie sein Verständnis von der Geisteswissenschaft sollen von einer gegenwartsbezogenen wissenschaftlichen Praxis her verstanden werden, in der Interdisziplinarität an den Universitäten eine Forderung darstellt, die mittlerweile in keinem Projektantrag mehr fehlen darf. Was aber damit gemeint wird, wie wir dahin kommen und auch wie Interdisziplinarität gedacht wird, sowie welche Rolle überhaupt der Forscher oder die Forscherin dabei einnehmen, sollen zentrale Gegenstände der Betrachtung sein. Ein zentraler Gedanke bei Dilthey ist, dass das Denken nicht hinter das Leben gehen kann. Für eine interdisziplinäre Praxis ist daher eine Verständigung auf die Wissenschaft im Allgemeinen wichtig, die nicht im luft–leeren Raum stattfindet, sondern sich mit konkreten Inhalten des Lebens beschäftigt. Was aber kann eine Einzelwissenschaft allein leisten? Warum ist Interdisziplinarität sinnvoll und erstrebenswert, was erreichen wir damit und wie hängt das mit dem Leben zusammen? Welche Bereitschaft müssen wir zeigen, um diesen Anspruch nicht nur zu stellen, sondern auch gerecht zu werden? Wie lässt sich insgesamt voneinander lernen und ein gemeinsam geteilter Sinn für ein gemeinschaftliches Arbeiten entwickeln? Welche Rolle spielt dabei die Freiheit und wie hängt das Ganze eigentlich mit Bewusstsein und Denken zusammen?
### Literatur
* Albert, Karl (1995): Lebensphilosophie – Von den Anfängen bei Nietzsche bis zu ihrer Kritik bei Lukács, Karl Albert, Freiburg (Breisgau); München: Alber, Kolleg Philosophie, 1995.
* Bollnow, Otto Friedrich (1967): Dilthey – Eine Einführung in seine Philosophie, 3. Auflage, W. Kohlkammer Verlag, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz.
* Dilthey, Wilhelm (1958): Gesammelte Schriften – Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften, VII. Band, 2. unveränderte Aufl., B.G. Teubner Verlagsgesellschaft, Stuttgart (S. 130-152; 205- 220).
* Dilthey, Wilhelm (2008): Das Wesen der Philosophie – Neugesetzte Ausgabe für Matrix Verlag GmbH, Wiesbaden 2008, nach der Ausgabe Leipzig, 1924.
* Elm.R., Köchy K., Meyer M. (Hg.) (1999): Hermeneutik des Lebens – Potenziale des Lebensbegriffs in der Krise der Moderne, Alber-Reihe Philosophie, Freiburg (Breisgau); München: Alber, 1999, (S.100-117).
* Fellmann, Ferdinand (1993): Lebensphilosophie – Elemente einer Theorie der Selbsterfahrung, Originalsaugabe, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, März 1993, (S. 108-124).
* Jung, Matthias (2014): Wilhelm Dilthey zur Einführung, 2. vollständig überarbeitete Auflage 2014, Junius Verlag GmbH, 1996.
* Krüger, Annika (2007): Verstehen als Geschehen – Wissenschaftliche Zuständigkeitsbegrenzung und hermeneutische Erkenntnisweise – Wilhelm Diltheys und Hans-Georg Gadamers Versuch einer geisteswissenschaftlichen Emanzipation, 1. Auflage, Wehrhahn Verlag, Hannover-Laatzen, 2007.
* Lessing, Hans-Ulrich (2011): Wilhelm Dilthey – Eine Einführung/UTB- Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln, Weimar, Wien, 2011.
* Müller, Ernst/ Schmieder, Falko (2016): Begriffsgeschichte und historische Semantik – Ein Kompendium, 1. Auflage, Suhrkamp Verlag, Berlin, 2016.
* Rodi, Frithjof (2016): Diltheys Philosophie des Lebenszusammenhangs, Originalausgabe, Verlag Karl Alber, Freiburg/München, 2016.
* Rodi, Frithjof (2003): Das strukturierte Ganze – Studien zum Werk von Wilhelm Dilthey, 1. Auflage, Vellbrück Wissenschaft, Weilerswist, 2003.
* Straub, Jürgen (1999): Verstehen, Kritik, Anerkennung – Das Eigene und das Fremde in der Erkenntnisbildung interpretativer Wissenschaften, Essener Kulturwissenschaftliche Vorträge, Band 4, Wallstein Verlag, 1999.
* Straub, Jürgen (1999): Handlung, Interpretation, Kritik – Grundzüge einer textwissenschaftlichen Handlungs- und Kulturpsychologie/Berlin; New York: de Gruyter, 1999.
* Straub, Jürgen (2011): Interdisziplinarität Positionen und Perspektiven in der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum – Diskussionspapier aus der Fakultät für Sozialwissenschaft 11-1, Ruhr-Universität Bochum, 2011.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/YY38LY/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/YY38LY/feedback/
GD 03/150
Remind me
Rahmenprogramm
2019-09-21T11:30:00+02:00
11:30
01:30
Wir versuchen uns ständig an die kleineren und größeren Aufgaben (*tasks*) zu erinnern, die wir selbst oder andere uns ‚auferlegt‘ haben. Um diese *tasks* nicht zu vergessen, setzen sich viele Menschen *reminder* – in Form von Notizzetteln, Weckern oder auch Apps.
ssk2019-2234-remind-me
Maja Urbanczyk
de
Die ‚Aufgabe‘ eines *reminders* besteht darin, uns auf etwas bestimmtes aufmerksam zu machen, uns zu erinnern. Allerdings gehört zum erfolgreichen Gelingen des Erinnert–Werdens, nicht nur das zuverlässige visuelle oder auditive Signal des *reminders*, sondern auch ein ganzes Bündel transsequentiell ablaufender Praktiken. So reicht es oftmals nicht aus, einen *task* zu notieren: Die Notiz sollte auch so platziert werden, dass sie einerseits gesehen wird und andererseits eine Reihe von Handlungen angestoßen werden kann. Sprich, ein Post–it muss gut sichtbar sein und ein Handy sollte lautgestellt sein, da ansonsten der *reminder* schnell übersehen/überhört werden kann und das Gelingen des Erinnert–Werdens (*reminding*) stark gefährdet ist. Darüber hinaus trägt das erfolgreiche Sich–Erinnern (und einen *task* zu ‚erledigen‘) dazu bei, sich selbst als ein zuverlässiges und *tasks*–nicht–vergessendes Subjekt zu konstituieren.
Die interaktive Installation möchte auf viele der oben genannten Punkte aufmerksam machen, indem sich selbstgewählte Akteure sowohl bei der Erstellung als auch beim Erinnert–Werden beteiligen können. Dabei werden den Beteiligten keine Grenzen gesetzt. Darüber hinaus möchte die Installation zur Reflexion über das eigene Sich–Erinnern/Erinnert–Werden, Nicht–Vergessen und in diesem Zuge auch auf die (eigene) Subjektivierung (im Sinne Foucaults) als zuverlässiges, nicht–vergessendes Subjekt aufmerksam machen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/UE9CE8/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/UE9CE8/feedback/
GD 03/150
Antisemitismus in feministischen Kontexten
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T16:30:00+02:00
16:30
00:45
Ziel ist die kritische Analyse einiger feministischer Perspektiven und die theoriegestützte Prüfung warum feministische Ansichten teils antisemitische Überzeugungen reproduzieren.
ssk2019-2133-antisemitismus-in-feministischen-kontexten
Kira Rudolph
de
Als Judith Butler 2012 mit dem Theodor–W.–Adorno-Preis ausgezeichnet wird, ist diese Auszeichnung nicht nur von Lobpreisungen begleitet, sondern auch von scharfer Kritik. U.a. wirft der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden dem Preiskuratorium systemisches Versagen vor.
Dieser Vortrag baut auf meiner Bachelorarbeit „Das Judentum als Inbegriff des Patriarchats - Feminismus im Deutungskampf zwischen notwendiger Gesellschaftskritik und Antisemitismus“ auf. Ziel ist die kritische Analyse einiger feministischer Perspektiven und die theoriegestützte Prüfung warum feministische Ansichten teils antisemitische Überzeugungen reproduzieren. Während ich in der Bachelorarbeit einen starken Fokus auf die Erforschung der Gründe dieser Reproduktion gelegt habe, würde ich bei meinem Vortrag vor allem die Frage in den Vordergrund stellen, welche Zusammenhänge es zwischen feministischen Argumentationen und antisemitischen Erklärungsmustern gibt. Das fängt beim religiösen Antisemitismus an, geht weiter über feministische Narrative der unschuldigen deutschen Frau im Holocaust, bis hin zur Ablehnung des israelischen Staates, als illegitimes Terrorregime.
Gerade in der deutschen Aufarbeitung der Schoah wurden Frauen, als Opfer und nicht als Täterinnern imaginiert. Das verschaffte kurzer Hand der Hälfte der deutschen Bevölkerung einen Schuldfreispruch. Historische Dokumentationen zeigen aber klar auf, Frauen waren nicht nur Opfer während des Hitler–Faschismus, sondern genauso Mitläuferinnen, Denunziantinnen, Täterinnen und Profiteurinnen. Hier steht vor allem das Konzept der Mittäterschaft von Christina Thürmer–Rohr im Zentrum der Betrachtung. Klassische Geschlechterrollen können also auch im Kontext von Schuldverschiebungen bedeutsam sein oder wie hier zu klassischen Täter–Opfer–Umkehrungen führen. Die Behauptung, Frauen seien schlichtweg nicht fähig zu Antisemitismus (nach Margarete Mitscherlich) ist nicht nur falsch, sondern auch extrem gefährlich.
Heute verleumden verschiedene s.g. Feministinnen, wie etwa Laurie Penny, Jasbir Puar und Judith Butler das Existenzrecht des einzigen jüdischen Staates. Warum ihre Argumentationen sowohl semantisch als auch inhaltlich häufig antisemitischen Logiken folgen, soll ebenfalls in meinem Vortrag beleuchtet werden. Frauen als Männern vollends gleichwertig zu begreifen, bedeutet eben auch Frauen nicht nur als unschuldige Wesen zu verstehen, sondern auch als aktiv handelnde Profiteurinnen und Täterinnen. Hier werden klassische Geschlechterrollen oder auch Grenzen von typisch männlichen und weiblichem Verhalten aufgebrochen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/QPYJDD/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/QPYJDD/feedback/
GD 03/150
Polnische Perlen vs. Agentinnen des Wandels. Geschlecht in Bewegung!?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T17:15:00+02:00
17:15
00:45
Der Vortrag behandelt eine Form der Care Migration von Erwerbsmigrantinnen, die mit dem euphemistischen Begriff der "24-Stunden-Pflege" belegt ist und eine privatisierte Pflegealternative zu staatlichen Lösungen bietet. Die so beschäftigten häuslichen Pflegerinnen pendeln zwischen ihrem Lebens- und Arbeitsstandort und formieren auf diese Weise einen transnationalen Raum, der mit intersektionellen Anforderungen, Rollenzuschreibungen und normierenden Diskursen ausgestattet ist und für sie eine handlungsrelevante Folie bietet. Es soll sich so der Frage gewidmet werden, wie sich die Geschlechterkonstruktionen polnischer Pflegekräfte in Zuge dieser transnationalen Erwerbsstrategie entwickeln und inwiefern diese ihre subjektiven Handlungsspielräume beeinflussen.
ssk2019-2183-polnische-perlen-vs-agentinnen-des-wandels-geschlecht-in-bewegung-
Lena Spickermann
de
„Was privat war, wird zu einem öffentlichen Ort, einem Arbeitsplatz für bezahlte Hausarbeit im Privathaushalt“ (Schwarz 2015: 25).
Im Rahmen weltweit stattfindender Globalisierungsprozesse haben sich bestehende soziale Ungleichheitsstrukturen auf einem zuvor nie dagewesenen, globalen Niveau intensiviert. Neoliberale Staatsagenden sowie ein exponentiell wachsender Einfluss der machtvollen Global Player führen zu einer Normalisierung von Unsicherheits-, und Entgrenzungserfahrungen, die den Alltag vieler Menschen maßgeblich prägen. Globale Machtasymmetrien zwischen reichen Industrieländern und wirtschaftlich ärmeren Ländern führen zu einer Verstetigung von überwunden gehofften Abhängigkeitsverhältnissen, welche in den postkolonialen Arbeitsbedingungen der ausgelagerten Produktionsstätten in sogenannten „Billiglohnländern“ besonders drastisch exemplifiziert werden.
Der Vortrag soll sich vor diesem Hintergrund mit einem besonderen Komplex beschäftigen, welcher ein Sinnbild für machtvolle Interdependenzen zwischen ost- und westeuropäischen Ländern konstituiert. Dabei handelt es sich um ein Phänomen, das sich unter der euphemistischen Bezeichnung der „24-Stunden-Pflege“ zu einer allgemein bekannten Lösungsstrategie in Deutschland etabliert hat, mit der den Folgen des demografischen Wandels und der Unzulänglichkeit des deutschen Wohlfahrtssystems im Allgemeinen und einer familialistisch ausgerichteten Pflegepolitik im Besonderen beigekommen werden soll. Eine steigende Relevanz dieser individuellen Pflegeoption wird nicht zuletzt von einer unüberschaubaren Bandbreite von Internetseiten illustriert, welche mit einer „(…) liebevolle(n) und fürsorgliche(n) Altenpflege zu einem fairen und bezahlbaren Preis“ (Vilena 2019) werben. Dabei wird nicht selten auf die qualifizierenden Eigenschaften polnischer Frauen wie eine besondere Aufopferungsbereitschaft oder Herzlichkeit referiert, welche ihnen entlang der Kategorien Geschlecht wie auch Herkunft förmlich auf den Leib geschrieben und infolgedessen naturalisiert werden.
Basierend auf den Ergebnissen, welche die Referentin in Ihrer Bachelorarbeit „Magda macht das schon! Barrieren, Handlungsspielräume und Wandel in den Geschlechterkonstruktionen polnischer Pflegemigrantinnen“ gefasst hat, bietet der Vortrag vermittels einer intersektionalen Perspektive einen fundierten Einblick in die Thematik. Neben einer Einführung in die dabei zum Tragen kommenden, strukturellen Ungleichheitsverhältnisse, soll in einem weiteren Schritt der Frage einer Veränderbarkeit geschlechtsspezifischer handlungsrelevanter Konstruktionen polnischer Pflegemigrantinnen im transnationalen Spannungsfeld zwischen deutschen Erwerbs- und polnischen Lebenskontext nachgegangen werden. Von besonderem Interesse erscheint diese Fragestellung, da es sich bei der betrachteten Gruppe der polnischen Erwerbsmigrantinnen in der privaten Pflege meist nicht um langfristig in Deutschland lebende Personen handelt. Es geht vielmehr um sogenannte Pendelmigrantinnen, welche zwischen Herkunfts- und Arbeitsort oszillieren, um weiterhin ihren privaten Pflichten gerecht zu werden, während gleichzeitig alternative Einkommensstrategien verfolgt werden, die die Aufrechterhaltung eines erodierenden Lebensstandards garantieren sollen.
### Literatur
* Schwarz, Julia Sophia (2015). Globalisierte(s) Sorgen. „24–Stunden–Pflege“ und Transnationale Care Work. Münchner ethnographische Schriften, Band 19. München: Herbert Utz Verlag.
* Vilena. Pflege zuhause (2019). [https://vilena.de](https://vilena.de).
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/FSHR8G/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/FSHR8G/feedback/
GD 04/620
Leben im Bruch. Über soziologische Kritik als Grenzarbeit
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Der Vortrag zielt darauf ab, den Begriff der Kritik so zu entwickeln, dass sie sich an der Grenze zwischen Affirmation und Negation bildet.
ssk2019-2187-leben-im-bruch-ber-soziologische-kritik-als-grenzarbeit
Carsten Ohlrogge
de
In seinem 1937 erschienenen Text „Traditionelle und kritische Theorie“ entwickelt Max Horkheimer Argumente für eine kritische Gesellschaftstheorie, die es im Gegensatz zur traditionellen Theorie erlaubt, soziale Verhältnisse dafür zu kritisieren, was sie nicht sind. Die Skepsis gegenüber der traditionellen Theorie begründet sich vor allem im Vorwurf, die Phänomene der Welt naiv als gegeben hinzunehmen, als unterlägen sie keiner eigenen Geschichte und seien bloße Fakten, die keine Alternative zuließen. Diese der Naturwissenschaft, aber auch Teilen der Soziologie innewohnende Betrachtung trifft das Wesen sozialer Verhältnisse nicht. Bei ihnen kommt es darauf an, ihren Missstand nicht nur zu beklagen, sondern sie auf ihre strittige Normalität hin zu befragen.
Kritik meint im wörtlichen Sinne so viel wie scheiden/unterscheiden. Kritisches Denken versetzt das, worauf sich die Kritik bezieht, in eine Differenz zu etwas Anderem. Es ist die Freiheit, anders zu denken, als es geboten scheint und zugleich die Geburtsstätte der kritischen Theorie: „Das Bornierte wird von Theorie vertreten. Trotz all ihrer Unfreiheit ist sie im Unfreien Statthalter der Freiheit.“, schreibt Adorno. Die Freiheit, auf Distanz zu dem, was ist, zu gehen, begründet das Wesen eines kritischen Denkens im Unterschied zur Erkenntnis. Kritik ist nicht zunächst die Frage nach der Vermittlung und Versöhnung sozialer Verhältnisse, sondern ein Bruch mit ihnen. Die Bruchlinie markiert die andere Seite, sie ist gewissermaßen das dialektische Moment, das es ermöglicht, über Unvernunft statt Vernunft, Gefangenschaft statt Freiheit, Dissens statt Konsens oder Differenz statt Versöhnung nachzudenken.
Meine These in diesem Beitrag ist es, dass die Soziologie immer genau dann stark ist, wenn sie einen freundlich–verfremdenden Blick eröffnet. Durch die dann ermöglichte andere Perspektive ist es nicht nur möglich, abzuklären, statt direkt aufzuklären, sondern ebenso eine gewisse Widerständigkeit einzuüben gegenüber einer voreiligen Affirmation des Gegebenen. Es gilt also, es nicht besser zu wissen, sondern anders aufzuspüren, damit neue Perspektiven anzubieten und darüber mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen. Zur Aufgabe der Soziologie würde somit zuallererst die Frage gehören: Und wenn es nun doch alles ganz anders ist?
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/NXMBAC/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/NXMBAC/feedback/
GD 04/620
Die Begegnung mit dem Fremden als religiöse Ressource. Dialog als institutionalisierte Außeralltäglichkeit.
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Fremden Personen, Gruppen oder auch Situationen wird häufig eine "transzendente" Qualität zugeschrieben, die in vielen Gesellschaften mit religiösen Vorstellungen und bestimmten religiösen Institutionen verbunden ist. Dies soll an einigen kurzen historischen und ethnologischen Skizzen illustriert und im Kontext religionssoziologischer Theoriebildung erklärt werden. Die Idee eines "Dialoges der Religionen" und die dazugehörige "Theologie der Religionen" soll als moderne Variante dieses Phänomens beschrieben werden.
ssk2019-2008-die-begegnung-mit-dem-fremden-als-religise-ressource-dialog-als-institutionalisierte-aueralltglichkeit-
Philipp P. Jakobs
de
In der Soziologie wird dem Fremden oft eine tragende Bedeutung zugemessen: er kann der Innovation überkommener Strukturen dienen oder der Konstitution persönlicher oder „partizipativer“ Identitäten (Hahn 1997). Wegen der ihnen zugeschriebenen „Objektivität“ und Unverbundenheit, wurden Fremde historisch aber auch oft zur Besetzung bestimmter gesellschaftlicher Positionen, die ein hohes Grad an Neutralität erfordern, eingesetzt – etwa als Richter oder Stadtherr, wie in einigen Städten des italienischen Mittelalters. Hierher gehört auch die Nutzung des Fremden als Quelle *religiöser* Potentiale. Dem Fremden haftet eine transzendente Qualität an, die nutzbar gemacht werden kann. Er stellt das „Außer-ordentliche“ dar, das, was die gewohnte Ordnung „übersteigt“.
Insofern kann die Möglichkeit, Fremdheit als spezifisch religiöse Ressource einzusetzen, als theoretisch vorgegeben betrachtet werden. Doch dient Theorie - aufgefasst im Sinne Max Webers - nur zur analytischen Durchdringung der historisch-konkreten Wirklichkeit. Dementsprechend lässt sich die begrifflich-theoretische Systematisierung des Fremden als Quelle religiöser Potentiale anhand historischer und ethnographischer Fälle konkretisieren.
Zum einen zeigt sich die „rituelle Potenz“ und die daraus sich ergebende rituell bedeutsame Stellung fremder Bevölkerungsgruppen in der sozialen Struktur vieler Völker, wie sie Victor Turner beispielsweise bei den Lunda und den von ihnen unterworfenen, autochthonen Mbwela beschrieben hat (Turner 1991). Auf einer gänzlich anderern Ebene zeigt sie sich aber auch in der „paradoxen Kommunikation“, die im Meister-Schüler-Gespräch im Zen-Buddhismus praktiziert wird (Fuchs 1989). Dieses kann als eine religiöse Technik interpretiert werden, die dadurch eine bestimmte Form „höheren“ Erlebens induzieren will, dass sie den Schüler in ein Gefühl von Fremdheit – im Sinne von „Anschlussunfähigkeit“ (Hellmann 1998) – versetzt. Schließlich zielt aber auch eine Strömung der christlichen Theologie auf die Nutzbarmachung der religiösen Potentiale des Fremden, die – um mit Schelsky zu sprechen – die religiöse Dauerreflexion durch Gespräch, genauer: Dialog, institutionalisieren will (Schelsky 1965). Hierbei wird systematisch der Austausch mit Angehörigen anderer Religionen angestrebt, mit dem Ziel und der Hoffnung, im Prozess des offenen Dialogs miteinander einen gemeinsamen Urgrund, eine „Religionsverbundenheit“ mit dem anderen zu erleben, die jenseits aller rationalen Kriterien liegt, dadurch aber zum „dialogisch-hermeneutischen Wagnis des Glaubens“ aufruft (Otte 2002).
Allen drei Beispielen ist gemein, dass sie von einer grundlegenden Differenz zweier eigenständiger Wirklichkeitsbereiche ausgehen, die man verallgemeinernd als „Struktur“ und „Strukturlosigkeit“ beschreiben könnte. Dabei scheint zum einen die strukturlose Seite eine sinnstiftende Funktion für die Struktur-Seite einzunehmen. Zum anderen ist es stets die Begegnung mit Fremdheit – sei es mit dem Fremden als Person oder dem Fremden als Erfahrungsqualität – die das Erleben des Strukturlosen, des die alltägliche Wirklichkeit transzendierenden herbeiführen soll. Geht man also davon aus, dass innerhalb der Dualität von Struktur und Strukturlosigkeit der Strukturlosigkeit eine essenzielle, meist religiös konnotierte Funktion zukommt, dann können die beschriebenen Institutionen (und zahlreiche weitere) als Formen der Nutzung des Fremden als religiöse Ressource im Sinne dieser Funktion verstanden werden. Die Soziologie des Fremden ließe sich somit in die allgemeine Religionssoziologie einordnen.
### Literatur
* Fuchs, P. (1989). Vom Zweitlosen: Paradoxe Kommunikation im Zen-Buddhismus. In: N. Luhmann und P. Fuchs, Reden und Schweigen, 1. Aufl., Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 46-69.
* Hahn, A. (1997). "Partizpative" Identitäten. In: H. Münkler und B. Ladwig, Hg., Furcht und Faszination. Facetten der Fremdheit, 1. Aufl. Berlin: Akademie Verlag, S. 115-158.
* Hellmann, K.-U. (1998). Fremdheit als soziale Konstruktion. Eine Studie zur Systemtheorie des Fremden. In: H. Münkler, K. Meßlinger und B. Ladwig, Hg., Die Herausforderung durch das Fremde, 1. Aufl., Berlin: Akademie Verlag, S. 401-459.
* Otte, K. (2002). Interreligiöser Dialog und Hermeneutik. Eine Hinführung zur Kommunikation zwischen den Religionen aus erlebter Praxis. Religionen im Gespräch, 7, S. 314-332.
* Schelsky, H. (1965). Ist die Dauerreflexion institutionalisierbar? Zum Thema einer modernen Religionssoziologie. In: H. Schelsky, Auf der Suche nach der Wirklichkeit. Gesammelte Aufsätze, 1. Aufl., Düsseldorf: Eugen Diederichs, S. 250-275.
* Turner, V. (1991). The Ritual Process. Structure and Anti-Structure. Ithaca, NY: Cornell University Press.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/L97AHC/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/L97AHC/feedback/
GD 04/620
Die Auswirkung von flexiblen Arbeitszeiten auf die Aufteilung der unbezahlten Arbeit in Paarbeziehungen
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T11:30:00+02:00
11:30
00:45
Eine längsschnittliche Betrachtung der Aufteilung der unbezahlten Arbeit in Paaren vor und nach einem Wechsel von festen zu flexiblen Arbeitszeiten mittels der Daten des sozio-ökonomischen Panels (SOEP).
ssk2019-2260-die-auswirkung-von-flexiblen-arbeitszeiten-auf-die-aufteilung-der-unbezahlten-arbeit-in-paarbeziehungen
Tabea Naujoks
de
Flexible Arbeitsarrangements werden immer wieder als eine Möglichkeit zur Verbesserung der Vereinbarung von Beruf und Familie angeführt. Insbesondere flexible Arbeitszeiten können Paaren die Möglichkeit bieten die Aufteilung der unbezahlten Arbeit (wie Putzen, Einkaufen, Betreuung des Kindes, etc.) egalitärer zu organisieren: Angestellte können beispielsweise früher von der Arbeit gehen, um ihr Kind aus dem Kindergarten abzuholen.
Ebendiese neu gewonnene Freiheit durch zeitliche Flexibilität gibt Angestellten zwar die Möglichkeit Arbeit und Familie besser miteinander zu vereinen, lässt aber gleichzeitig auch die Grenzen zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit stärker verschwimmen. Darüberhinaus können neue Arten der Ungleichheit entstehen: Wer hat Zugang zu flexiblen Arbeitszeiten? Wie werden die flexiblen Arbeitszeiten verwendet und welche Auswirkungen haben diese auf der Paarebene? Obwohl das Thema "flexible Arbeitszeitarrangements“ großer Aufmerksamkeit von Seiten der Politik und Forschung erfährt, werden vor allem Effekt von flexiblen Arbeitszeiten auf die Leistungsfähigkeit der Angestellten, der Zufriedenheit oder den Gesundheitszustand der Angestellten betrachtet, jedoch wird das Thema Geschlecht weitestgehend unbeachtet gelassen. Wenn Geschlechterdifferenzen in der Nutzung und des Outputs von flexiblen Arbeitszeiten betrachtet werden, geschieht dies in der Regel auf der Individualebene und nicht auf einer Paarebene.
In meiner Präsentation möchte ich der Frage nachgehen, ob flexible Arbeitszeitarrangements zu einer geschlechtergerechteren Aufteilung der unbezahlten Arbeit in heterosexuellen Paaren in Deutschland führen. Da in Deutschland das Modell der männlichen Versorgerehe mit weiblicher Zuverdienerin weit verbreitet ist und sowohl Kinderbetreuung als auch Hausarbeit weitestgehend als weiblich konnotierte Arbeit angesehen wird, erwarte ich, dass vor allem Frauen die neu gewonnene Flexibilität nutzen, um die Sphären der Arbeit und Familie zu vereinen. Bei einem Wechsel der Partnerin von festen zu flexiblen Arbeitszeiten und gleichbleibenden Arbeitszeiten des Partners wird eine geschlechterungerechtere Aufteilung der unbezahlten Arbeit erwartet. Des Weiteren wird erwartet, dass Kinder den Effekt des Wechsels der Partnerin auf die Aufteilung der unbezahlten Arbeit verstärken. Wenn der Partner von festen zu flexiblen Arbeitszeiten wechselt und die Arbeitszeiten der Partnerin gleich bleiben, wird keine Änderung in der Aufteilung der unbezahlten Arbeit erwartet. Grund hierfür ist, dass der Mann als Hauptversorger seine neue Flexibilität in die Sphäre der Arbeit investiert und eben nicht in die Familie. Eine geeignete Datenbasis zur Analyse von Paaren im Längsschnitt bietet das sozio-ökonomische Panel. Mit Hilfe von Fixed Effects Regressionen wird der Effekt des Wechsels von festen zu flexiblen Arbeitszeiten auf die Aufteilung der unbezahlten Arbeit in Paaren analysiert.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/BCEGYA/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/BCEGYA/feedback/
GD 04/620
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege/Familie – (k)ein Thema für Arbeitgeber?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T12:15:00+02:00
12:15
00:45
Der Vortrag basiert auf einer Masterarbeit mit eigener qualitativer empirischer Untersuchung (zehn Expertinneninterviews mit inhaltsanalytischer Auswertung). Inhaltlich steht die Frage im Fokus, welche Anreize aus der Perspektive von Arbeitgebern entscheidend sind, sich für eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Pflege/Familie zu engagieren.
ssk2019-2078-vereinbarkeit-von-beruf-und-pflege-familie-k-ein-thema-fr-arbeitgeber-
Jonas Seidel
de
Die Vereinbarkeit beruflicher Pflichten mit der Kinderbetreuung/–erziehung oder der Rolle der/des pflegenden Angehörigen kann für Berufstätige mit großen Schwierigkeiten verbunden sein. Doch die Förderung von Vereinbarkeit ist nicht nur ein politisch erwünschtes Ziel, sondern stellt auch aus Arbeitgeberperspektive eine Chance dar: Erste wissenschaftliche Studien liefern konkrete Hinweise auf positive betriebswirtschaftliche Effekte einer Investition in Vereinbarkeit. Darüber hinaus kann sich im Sinne des Employer Branding als familien– und pflegesensibler Arbeitgeber präsentiert werden. Während die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bereits länger auf der Agenda von Politik, Wissenschaft und Unternehmen steht, rückte die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege erst in der jüngeren Vergangenheit ins Blickfeld und ist weniger erforscht. Unumstritten ist jedoch, dass das Thema durch den demografischen Wandel und den Wunsch vieler Pflegebedürftiger, in der eigenen Häuslichkeit von Angehörigen versorgt zu werden, enorm an Relevanz gewinnen wird.
Empirische Befunde legen nahe, dass die Vereinbarkeitsproblematik aus Arbeitgebersicht zwar einen durchaus hohen Stellenwert besitzt, gleichzeitig jedoch eine Mehrheit der Arbeitgeber bislang keine eigenen Maßnahmen umsetzt. Somit stellt sich die Frage, welche Anreize und Gründe aus Arbeitgebersicht ausschlaggebend sind, sich im Feld der Vereinbarkeit zu engagieren.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/V9R997/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/V9R997/feedback/
GD 04/620
Die Neuvermessung des politischen Koordinatensystems
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T16:30:00+02:00
16:30
00:45
Der Wandel von Cleavages in westeuropäischen Demokratien wurde und wird bislang umfassend erforscht - wobei das Individuum droht, aus dem Blick zu geraten. Der Vortrag stellt den Versuch dar, mithilfe einer skalierenden Inhaltsanalyse einer eigens durchgeführten Gruppendiskussion, diesen Wandel der Cleavages greifbar zu machen.
ssk2019-2131-die-neuvermessung-des-politischen-koordinatensystems
Max Barnewitz
de
„Wir leben in ‚aufgeregten Zeiten‘: Was in manchen Augen einen gefährlichen, überregionalen Trend hin zu Autokratismus und Nationalismus spiegelt, erscheint anderen als erlösende Rückkehr zu demokratischer Selbstbestimmung und Vernunft.“ (Frick 2017: 9).
Mit dieser Diagnose hat die Philosophin Marie-Luisa Frick den Zeitgeist und das politische Klima der vergangenen Jahre in Deutschland und Europa treffend erfasst. Begriffe schienen lange nicht mehr so deutungsabhängig (Flümann 2017), Fakten als solche lange nicht mehr so umkämpft (Hendicks/Vestergaad 2017), die gesellschaftspolitische Stimmung im Zuge einer „autoritären Revolte“ (Weiß 2017) lange nicht mehr so aufgeheizt. Einander diametral gegenüberstehende Weltbilder prallen mit zunehmender Wucht aufeinander. Es rumort also gewaltig in der parteipolitischen Landschaft Deutschlands und Europas. In diesem Kontext spricht die Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan von einer Verschiebung des politischen Koordinatensystems durch eine „neue Achse“, welche den „Umgang und die Haltung zu Pluralität“ thematisiere (Foroutan 19.05.2018).
Dabei lag der Fokus sozialwissenschaftlicher Betrachtungen bereits zuvor stets auf Veränderungsprozessen der Makroebene (vgl. exempl. Kriesi et al. 2008; Bornschier 2010; Kriesi et al. 2012), jedoch weniger auf der Meso- bzw. Mikroebene der direkten Interaktion politisch Andersdenkender miteinander, die sich in einem sich neu strukturierenden politischen Feld orientieren (müssen). An Ansätzen, welche die Auswirkungen jener „Neustrukturierung des nationalen politischen Raums“ (Kriesi/Grande 2004: 416) auf der Ebene der politischen Diskussionen zwischen Bürger\*innen analytisch erfassbar machen, mangelt es derzeit.
Dabei liegt folgende Überlegung auf der Hand: Auf Grundlage der Institutionalisierung einer neuen parteipolitischen Achse zwischen Integration und Demarkation auf der Makroebene müsste sich diese Entwicklung auch auf der Ebene der direkten Diskussion zwischen Bürger\*innen auf der Meso- bzw. Mikroebene nachweisen lassen.
Der Vortrag wird eröffnet mit der Konzeption jener neuen Konfliktlinie, die sich entlang den Polen von Öffnung und Schließung, von Kosmopolitismus und Kommunitarismus (Merkel 2017), von „differentielle[m] Liberalismus und Kulturessentialismus“ (Reckwitz 2017: 371-428), von Integration und Demarkation (Grande 2012) manifestiert. Es folgt die knappe Deskription zu diesem Zwecke durchgeführten Gruppendiskussion und der analytischen Auswertung (u.a. mithilfe einer skalierenden Strukturierung) des Materials. Im Anschluss werden die Ergebnisse der Untersuchung dargelegt und diskutiert. Abschließend wird (aus demokratietheoretischer und normativer Perspektive) ein Ausblick dahingehend gewagt, welche Handlungsfelder sich für die Zivilgesellschaft und das Feld der politischen Bildung eröffnen – kurz: Was wir hoffen dürfen und tun müssen, um aus Grenzen keine Fronten, aus streitbaren Gegnern keine unversöhnliche Feinde werden zu lassen.
### Literatur
* Bornschier, Simon (2010): Cleavage Politics and the Populist Right. The New Cultural Conflict in Western Europe,
Philadelphia: Temple University Press.
* Flümann, Gereon (Hrsg.) (2017): Umkämpfte Begriffe. Deutungen zwischen Demokratie und Extremismus, Bonn:
Bundeszentrale für politische Bildung.
* Foroutan, Naika (19.05.2018): Integrationsdebatte - Neue Achse der politischen Unterschiede. Marcus Pindur im Gesprächmit Naika Foroutan, verfügbar unter: www.deutschlandfunkkultur.de/integrationsdebatte-neue-achse-der-politischen-unterschiede.990.de.html?dram:article_id=418329 [zuletzt geprüft: 25.02.2019].
* Frick, Marie-Luisa (2017): Zivilisiert streiten. Zur Ethik der politischen Gegnerschaft, Ditzingen: Reclam.
* Grande, Edgar (2012): Conclusion: How much change can we observe and what does it mean?, in: Kriesi,
Hanspeter/Grande, Edgar/Dolezal, Martin/Helbling, Marc/Höglinger, Dominic/Hutter, Swen/Wüest, Bruno (Hrsg.): Political Conflict in Western Europe, Cambridge: Cambridge University Press, S. 277–301.
* Hendicks, Vincent F./Vestergaad, Mads (2017): Verlorene Wirklichkeit? An der Schwelle zur postfaktischen Demokratie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (13), S. 4–10.
* Kriesi, Hanspeter/Grande, Edgar (2004): Nationaler politischer Wandel in entgrenzten Räumen, in: Beck, Ulrich/Lau, Christopher (Hrsg.): Entgrenzung und Entscheidung. Was ist neu an der Theorie reflexiver Modernisierung?, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 402–420.
* Kriesi, Hanspeter/Grande, Edgar/Dolezal, Martin/Helbling, Marc/Höglinger, Dominic/Hutter, Swen/Wüest, Bruno (Hrsg.) (2012): Political Conflict in Western Europe, Cambridge: Cambridge University Press.
* Kriesi, Hanspeter/Grande, Edgar/Lachat, Romain/Dolezal, Martin/Bornschier, Simon/Frey, Timotheos (Hrsg.) (2008): West European Politics in the Age of Globalization, Cambridge: Cambridge University Press.
* Merkel, Wolfgang (2017): Kosmopolitismus versus Kommunitarismus: Ein neuer Konflikt in der Demokratie, in: Harfst, Philipp/Kubbe, Ina/Poguntke, Thomas (Hrsg.): Parties, Governments and Elites. The Comparative Study of Democracy, Wiesbaden: Springer Verlag für Sozialwissenschaften, S. 9–23.
* Reckwitz, Andreas (2017): Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
* Weiß, Volker (2017): Die autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/SFAXRN/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/SFAXRN/feedback/
GD 04/620
‚Brasilien über alles, Gott über Allen‘
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T17:15:00+02:00
17:15
00:45
Verschiedenes Material der Präsidentschatskampagne von Jair Bolsonaro 2018 in Brasilien wird aus einer intersektionalen Perspektive auf Ausschlüsse und Grenzziehungen hin untersucht und in transnationale Zusammenhänge eingeordnet. Dadurch entsteht ein Bild von Bolsonaros angestrebter Gesellschaftsordnung und deren Feindbildern - von der sogenannten 'Gender–Ideologie' über Umwelt–Verbände bis hin zu einer angeblichen sozialistischen Weltverschwörung.
ssk2019-2130--brasilien-ber-alles-gott-ber-allen-
Lucas Schucht
de
In Brasilien spielt der Prozess des Nation–Buildings eine zentrale Rolle. Von der ‘Rassendemokratie’ über das ‘Land der Zukunft’ bis zum ‘Land für Alle’ - die Bemühungen das riesige Land mit seiner sehr heterogenen Bevölkerung zu vereinen, fanden unter den verschiedensten, symbolisch aufgeladenen Parolen statt. Diese Konzepte prägen Brasiliens nationale Identität bis heute und bestimmen oft die Wahrnehmung der großen sozio-ökonomischen Differenzen im Land.
Im Oktober 2018 wurde, nach einer lang anhaltenden wirtschaftlichen und politischen Krise sowie einem rücksichtslosen Präsidentschaftswahlkampf, mit Jair Bolsonaro ein rechtsextremer Populist zum neuen Präsidenten Brasiliens gewählt. Unter dem Motto ‚Brasilien über alles, Gott über allen‘ versprach er in Zukunft für die Mehrheit der Brasilianer\*innen zu regieren und nicht für die Minderheiten, wie es bis jetzt der Fall gewesen sei. Dabei werden unterschiedliche Gruppen, wie LGTB-Aktivist\*innen, Feminist\*innen und Sozialist\*innen, immer wieder explizit in das Zentrum seiner Kritik gestellt. Diese müssten sich von nun an entweder der Mehrheit beugen oder sie würden aus dem Land verschwinden.
In der Präsentation wird dieses rechtspopulistische Nation–Building anhand von Reden, Werbespots und Infomaterial aus dem Präsidentschaftswahlkampf analysiert. Das Material wird dabei auf seine Ausschlüsse, Grenzziehungen und diskursiven Bezüge hin untersucht, sodass ein Bild der von Bolsonaro angestrebten Gesellschaftsordnung entsteht. Dabei wird auch immer wieder auf Differenzen und Gemeinsamkeiten zu rechten populistischen Bewegungen in Europa und den USA hingewiesen. Dies erlaubt ein differenzierteres Bild des globalen Rechtspopulismus zu zeichnen, die Entwicklungen in Brasilien auch in transnationale Zusammenhänge einzuordnen und eurozentristische Annahmen zu hinterfragen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/XSWLN9/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/XSWLN9/feedback/
GD 04/520
„Visual Kei steht dafür, dass man alles darf“ - Geschlechtermuster im Spannungsfeld zwischen Szene–Innen und –Außen
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Szenen werden für die Geschlechterforschung insofern interessant, als dass diese einen sozialen Raum bieten, in dem Männlichkeits– und Weiblichkeitsmuster implizit oder explizit thematisiert, hinterfragt und ausgehandelt werden können. Der Beitrag widmet sich der Frage nach der (Nicht-) Bedeutsamkeit von Geschlechtermustern im Visual Kei und dem damit einhergehenden, wenn auch nicht intendierten, Tabubruch für Außenstehende.
ssk2019-2079--visual-kei-steht-dafr-dass-man-alles-darf-geschlechtermuster-im-spannungsfeld-zwischen-szene-innen-und-auen
Rabea KrollmannNico Steinmann
de
Die Gegenwartsgesellschaft ist gekennzeichnet durch Modernisierungs– und insbesondere Individualisierungs–, Pluralisierungs– und Multioptionalisierungsprozesse. Szenen werden vor diesem Hintergrund im Anschluss an Ronald Hitzler und Arne Niederbacher als eine prototypische Form posttraditionaler Vergemeinschaftung verstanden, bei der das verbindende Element ein gemeinsam geteiltes Interesse, Wissen, Engagement etc. ist, d.h. in Szenen treffen sich Gleichgesinnte. Szenen werden für die Geschlechterforschung insofern interessant, als dass diese einen sozialen Raum bieten, in dem Männlichkeits- und Weiblichkeitsmuster implizit oder explizit thematisiert, hinterfragt und ausgehandelt werden können. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern bestehende Muster reproduziert oder Geschlechtergrenzen transzendiert werden.
Visual Kei ist eine dieser Szenen, deren Ursprung in Japan liegt und die seit fast zwei Jahrzehnten auch in Deutschland existiert. Der Begriff *Visual Kei* ist ein zusammengesetzter Begriff aus dem englischen ‚Visual‘ und dem japanischen ‚Kei‘ und meint sinngemäß optische Herkunft oder optische Art. Für Visual Kei ist das gemeinsam geteilte Interesse der Bezug zu japanischen (Rock-) Musikern bzw. Bands und im Besonderen die durch diese Personen(-gruppen) inspirierte Selbststilisierung der Szenegängerinnen und Szenegänger. Eine Rolle spielt dabei das Transzendieren von Geschlechtermustern in Handlungsmustern und Ausdrucksformen, also androgyne Darstellungen.
Der Vortrag rekonstruiert ausgehend von dem DFG–Forschungsprojekt „Szenen – Ein prototypisches Feld zur (Neu-) Verhandlung von Geschlechterarrangements“, anhand von Gruppendiskussionen und dokumentierten Feldaufenthalten, die in der Szene ausgehandelten und sich im Aushandlungsprozess befindlichen Geschlechtermuster.
Der Beitrag widmet sich der Frage nach der (Nicht-) Bedeutsamkeit von Geschlechtermustern im Visual Kei und dem damit einhergehenden, wenn auch nicht intendierten, Tabubruch für Außenstehende. Dieser begründet sich in dem visuell wahrnehmbaren Verschwimmen von (typischen) Geschlechterarrangements. Worin besteht die vom Visual Kei angestrebte Transzendenz der bipolaren Geschlechterordnung? Wie (re-) agieren Außenstehende auf das Verschwimmen von ‚typischen‘ Geschlechtermustern?
Die Visual Kei Szene dient in diesem Zusammenhang als ideeller und buchstäblicher Schutzraum, in dem Geschlechtermuster – geschützt vor einem als gefährlich verstandenen Szene–Außen – ausprobiert werden können.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/YQ8MPZ/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/YQ8MPZ/feedback/
GD 04/520
Anomische Einstellungen im sozialen Kontext – Sozialräumliche und sozio–ökonomische Ursachen sozialer Desintegration
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Gegenstand des Vortrags ist die Untersuchung individuell erlebter sozialer Desintegration und deren sozialstruktureller und sozialräumlicher Ursachen. Hierfür werden empirische Ergebnisse analysiert, die mit ALLBUS-Daten erarbeitet wurden. Die Forschungsarbeit knüpft an Anomie–Theorien und Untersuchungen zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit an.
ssk2019-2118-anomische-einstellungen-im-sozialen-kontext-sozialrumliche-und-sozio-konomische-ursachen-sozialer-desintegration
Jonas Aljoscha Weik
de
Der Vortrag stellt empirische Untersuchungen zu subjektiv empfundener sozialer Desintegration in der Bundesrepublik vor. Es wird analysiert inwiefern sozialstruktureIl ungleiche Lebenslagen Empfindungen sozialer Entfremdung und Normlosigkeit (anomische Einstellungen) Vorschub leisten und sich somit (neue) Grenzen durch die Bevölkerung ziehen. Mit einem Mikro–Makro–Modell wird untersucht, wie sich die individuelle sozialstrukturelle Position einer Person und Merkmale des sozialen Kontexts auf anomische Einstellungen des Individuums auswirken.
Die durchgeführten empirischen Untersuchungen greifen auf die theoretischen Überlegungen zu Anomie von Robert K. Merton (1957; 1964) und Leo Srole (1956) zurück und knüpfen an die umfangreichen Ergebnisse der Forschungsgruppe um Wilhelm Heitmeyer (2002-2012) an. Im Forschungsstand zeigt sich bislang, dass sozio–ökonomische Benachteiligung und relative Deprivation das Erleben von sozialer Desintegration bestärken. Uneindeutig ist jedoch, wie sich Merkmale des sozialen Kontexts, etwa die Arbeitslosigkeit in einer Gegend, auf anomische Einstellungen auswirken. Die durchgeführten Analysen beziehen daher Kontextebenen in die empirische Untersuchung mit ein und liefern umfassende Ergebnisse, die in dieser Form bislang im Forschungsstand fehlen.
Als methodisches Vorgehen wird ein quantitativ–empirischer Zugang gewählt. Auf Basis der Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) wurden multivariate OLS-Regressionen sowie Gruppenvergleiche zur Untersuchung der Einflüsse durch individuelle Merkmale und Merkmale sozialräumlicher Kontexte (Wohnumgebungen und Landkreise) durchgeführt.
Bisherige Ergebnisse konnten bestätigen, dass die Stärke anomischer Einstellungen in signifikantem Maße von niedrigem sozialem Status und insbesondere Deprivationserfahrungen beeinflusst wird. Darüber hinaus wird soziale Desintegration verstärkt in ökonomisch benachteiligten Umgebungen wahrgenommen, was eine Segregation von einzelnen Sozialräumen verdeutlicht. Ein neuer Befund stellt dar, dass Personen, die aufgrund ihres niedrigen Status in besonderer Diskrepanz zu ihrer statushohen Umgebung stehen, verstärkt soziale Entfremdung und Isolation erleben. Anhand der empirischen Ergebnisse lässt sich diskutieren, wieweit sich sozialstrukturelle Ungleichheiten zunehmend verräumlichen und ökonomische Grenzziehungen ein inklusives Zusammenleben in Frage stellen.
### Literatur
* Heitmeyer, W. (2002-2012). *Deutsche Zustände. Folge 1 bis 10.* Frankfurt am Main: Suhrkamp.
* Hövermann, A. (2013). *Anomia. Normlosigkeit und Vorurteile im lokalen Kontext.* in: A. Grau & W. Heitmeyer, Hrsg., *Menschenfeindlichkeit in Städten und Gemeinden*, Weinheim, Basel: Beltz Juventa Verlag, S. 132–149.
* Legge, S. (2010). *Abweichendes Verhalten, Vorurteile und Diskriminierung. Zur theoretischen und empirischen Erklärungskraft ausgewählter Anomietheorie.* Bielefeld: Universität Bielefeld.
* Merton, R.K. (1995 [1957]). *Soziologische Theorie und soziale Struktur.* Berlin: De Gruyter.
* Merton, R.K. (1964). *Anomie, Anomia and Social Interaction. Contexts of deviant behavior.* in: M.B. Clinard, Hrsg., *Anomie and deviant behavior. A discussion and critique*, New York: Free Press of Glencoe, S. 213–242.
* Srole, L. (1956). Social Integration and Certain Corollaries. An Exploratory Study. *American
Sociological Review*, 21(6), S. 709–716.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/JLK3DF/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/JLK3DF/feedback/
GD 04/520
Hund, Katze und Co. - Eine audiovisuelle dekonstruktive Analyse illokationärer Praktiken auf Youtube
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T11:30:00+02:00
11:30
00:45
In diesem Beitrag geht es darum, wie neue *Methoden* der Sozialforschung im Zeitalter der *Digitalisierung* genutzt werden können um audiovisuelle Daten für sozialwissenschaftliche Forschung nutzbar machen zu können.
ssk2019-2237-hund-katze-und-co-eine-audiovisuelle-dekonstruktive-analyse-illokationrer-praktiken-auf-youtube
Alexander BrandJan-Hendrik Kötting
de
Die gesellschaftliche Bedeutung virtueller Realitäten hat in den letzten Jahren durch eine gesteigerte Form medialer Aufmerksamkeit, technischer Verfügbarkeit und globaler Vernetzung stark zugenommen. Neben mittlerweile klassischen textfokussierten Formen der Kommunikation über Social Media Plattformen wie Facebook und Twitter haben sich mittlerweile auch visuelle und audiovisuelle Applikationen eine treue Schar an Nutzer\*innen erarbeitet.
Insbesondere Youtube hat durch die enorme Menge an verfügbaren und konsumierten Daten eine besondere Rolle in der subjektiven Konstruktion sozialer Wirklichkeit. Um diese Entwicklung zu untersuchen wenden wir dabei einen neuartigen, kombinierten Ansatz aus Web Scraping und quantitativer Textanalyse an. Hierfür nutzen wir den in Youtube implementierten speech-to-text Converter um präsentierte Inhalte für Natural Language Processing und Topic Modelling nutzbar zu machen.
Da dieser Beitrag einen starken Fokus auf die Methodologie legt, ist das Thema bewusst populärwissenschaftlich humorvoll geprägt und eher dazu ausgelegt die Nutzbarkeit für sozialwissenschaftliche Forschung herauszustellen. Hierzu betrachten wir die öffentlichen Selbstinszenierung der Interaktion von Mensch und Tier in diversen Videos und insbesondere deren sprachliche Darstellung.
### Literatur und Referenzen:
* Berger, P. L., & Luckmann, T. (2005). Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit.
* De Vries, E., Schoonvelde, M., & Schumacher, G. (2018). No longer lost in translation: Evidence that Google Translate works for comparative bag-of-words text applications. Political Analysis, 26(4), 417-430.
* http://www.kittenwar.com/ (zuletzt besucht am 28.08.2019)
* Kleinberg, B., Mozes, M., & van der Vegt, I. (2018). Identifying the sentiment styles of YouTube’s vloggers, EMNLP 2018 .
* Knox, D., & Lucas, C. (2018). A dynamic model of speech for the social sciences. Working Paper.
* Proksch, S. O., Wratil, C., & Wäckerle, J. (2019). Testing the validity of automatic speech recognition for political text analysis. Political Analysis, 27(3), 339-359.
* Salganik, M. (2019). Bit by bit: Social research in the digital age. Princeton University Press.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/8MDFJV/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/8MDFJV/feedback/
GD 04/520
Alfred Schütz und das Problem der Verrücktheit
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T12:15:00+02:00
12:15
00:45
Können Psychosen Alltag werden?
ssk2019-2129-alfred-schtz-und-das-problem-der-verrcktheit
Femke Opper
de
Die Grenzen zwischen Realität und Traum oder Phantasie sind nicht immer leicht aufrecht zu erhalten oder gar zu erkennen. Für unseren Alltag sind diese Grenzen allerdings unerlässlich. Ein geteiltes Verständnis von dem, was wirklich ist, ermöglicht uns Kommunikation und Handlung. Dass es sich bei der Wirklichkeit letzten Endes auch nur um die geteilte Annahme eines sozialen Konstruktes handelt, spielt in unserem Alltag keine Rolle. In Erinnerung bleiben uns vielmehr die vielen Momente, in denen dieses geteilte Verständnis der Wirklichkeit nicht zustande kommt. Eine dieser Situationen des Scheiterns stellen Psychosen dar.
Im Vortrag möchte ich genau diesen Moment des Scheiterns nachgehen und aufzeigen, wie Psychosen aus wissenssoziologischer Perspektive verstanden werden können. Psychosen stellen dann nicht einfach eine Krankheit dar, sondern übersetzt in die Arbeit Alfred Schütz werden Psychosen zu anderen möglichen Subuniversen, die ebenso einen Anspruch auf Realität haben, wie die Welt des Alltags. Zudem geht es mir darum, den gesellschaftlichen Umgang mit Psychosen zu betrachten und die – so meine These – notwenige Pathologisierung und Diskriminierung von Psychosen zum Erhalt eines funktionierenden Alltags zu erklären.
Mit diesem Thema und meinem Vorgehen werde ich auch Grenzen von Disziplinen und Theorien in Frage stellen und möchte einen Raum für Diskussionen eröffnen. Hier treffen die frühe Wissenssoziologie auf die ohnehin schon interdisziplinären Mad Studies und lassen ein Spannungsverhältnis entstehen. Einig sind sie sich in der sozialen Konstruiertheit ihrer Analysegegenstände. Während Alfred Schütz Fragen nach der Entstehung eines gemeinsamen Alltags stellt, beschäftigen sich die Mad Studies als eine emanzipatorische Forschungsrichtung kritisch mit der Konstruktion und dem Umgang mit (psychischen) Erkrankungen und Gesundheit. Die Mad Studies folgen in ihren theoretischen Grundannahmen weitestgehend den Arbeiten Michel Foucaults zu Disziplinierung und Macht. Anstelle der gemachten Normkörper treten bei mir allerdings Alltage und Wirklichkeiten. Dabei stelle ich die Fragen, ob sich beide Forschungsrichtungen miteinander verbinden lassen, ob diese neue theoretische Perspektive bereichernd ist oder ob es doch unüberwindbare Grenzen gibt.
*Alfred Schütz und das Problem der Verrücktheit* ist mein Heranwagen, Ausprobieren und auf Grenzen stoßen. Ich werde in meinem Vortrag auf die Grundlagen der Wissenssoziologie und den Mad Studies eingehen, um mittels beider Forschungsrichtungen ein neues Verständnis von Psychosen vorstellen zu können. Ausdrücklich zu diesem Vortrag einladen möchte ich auch Menschen, für die die Mad Studies, die Wissenssoziologie oder soziologisches Denken im Allgemeinen neue Welten – oder Subuniversen – sind.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/Y9YAEF/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/Y9YAEF/feedback/
GD 04/520
Prävalenz weiblicher Genitalbeschneidung (FGC) in Ägypten - Mutter- und Tochtergeneration
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T16:30:00+02:00
16:30
00:45
Die nachfolgende Analyse behandelt das Thema der weiblichen Genitalbeschneidung (FGM). Der Hauptfokus liegt hierbei auf Erklärungs- und Interventionsansätzen, sowie auf der Beschreibung soziodemographischer Merkmale. Betrachtet werden zudem Prävalenz, Einstellung und aktuelle Entwicklungen der Praxis in Ägypten, das aufgrund der sehr hohen Prävalenz (28 Too Many 2017) als Fallbeispiel gewählt wurde.
Als Fallbeispiel soll ferner auf das Land Ägypten eingegangen werden. Hier werden zentrale Kennzahlen, die dem DHS entnommen wurden für die Jahre 1995-2014 präsentiert und anschließend über den Zeitverlauf hinweg auf Veränderungen hin verglichen.
ssk2019-2286-prvalenz-weiblicher-genitalbeschneidung-fgc-in-gypten-mutter-und-tochtergeneration
Tanja Preböck
en
Der Vortrag behandelt das Thema der weiblichen Genitalbeschneidung (FGM). Der Hauptfokus liegt hierbei auf Erklärungs- und Interventionsansätzen, sowie auf der Beschreibung soziodemographischer Merkmale. Betrachtet werden zudem Prävalenz, Einstellung und aktuelle Entwicklungen der Praxis in Ägypten, das aufgrund der sehr hohen Prävalenz (28 Too Many 2017) als Fallbeispiel gewählt wurde.
Hierbei kann erwartet werden, dass sich innerhalb der Periode 1995-2014 die soziodemographischen Merkmale aufgrund von Bildungsexpansion und gesetzlichen Verboten (1997 und 2007) von FGM verändert haben. Dies könnte zu einer Veränderung in der Einstellung führen, was wiederum in einer Veränderung ihrer Prävalenz in der Töchtergeneration resultieren könnte. Das Thema ist soziologisch relevant, da hier eine irreversible Inkorporation patriarchalischer Gesellschaftsstrukturen in den Körper untergeordneter Mädchen vorgenommen wird, daher kann man hier auch von der Reproduktion sozialer Geschlechterungleichheitsstrukturen durch ein Schönheitsideal und eine Habitualisierung sprechen. Zunächst wird ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand gegeben. Anschließend werden die verwendeten Methoden vorgestellt. Daran schließt eine Präsentation der Ergebnisse an. Den Abschluss bilden ein Fazit und darauf aufbauend ein Ausblick.
Bezüglich des Forschungsstandes orientiere ich mich vor allem an Farina Asefaw (2007) (Ärztin), Paul Yoder (2013) (Sozialwissenschaftler), Kathryn Yount (2008) (Sozialdemographin), 28 Too Many (2018) (Menschenrechtsorganisation) und El Zanaty et al. (2015) (Demographic and Health Survey). Diese zeigen, dass es sich bei der FGM um eine soziokulturelle multikausale Praxis, die in den praktizierenden Gemeinschaften Normalität ist, handelt. Für die betroffenen Frauen ist sie mit Gesundheitsrisiken verbunden. In Ägypten sind etwa 90 Prozent der Frauen beschnitten. Vor allem seit Beginn der 2000er gibt es viele Interventionsversuche FGM zu reduzieren. Problematisch ist hierbei, dass die meisten Kampagnen nur medizinische Probleme fokussieren, weshalb diese als einzig Relevante wahrgenommen werden. Seit 2007 ist FGM in Ägypten gesetzlich komplett verboten, jedoch wird dieses Gesetz kaum verfolgt (vgl. 28 Too Many 2017). Wie schon El Zanaty et al. (2015) zeigen, sind in den DHS-Daten leicht abnehmende Zustimmungswerte zur Praxis festzustellen. Vor allem junge, gebildete und christliche Frauen hinterfragen dies. Allerdings ist der Schritt zwischen dem Hinterfragen der Praxis und dem, seine Tochter nicht beschneiden zu lassen, ein sehr schwieriger, da Mütter sich häufig zwischen ihrer eigenen und der Meinung der Gesellschaft gefangen fühlen. Um ihrer Tochter möglichst gute Zukunftschancen zu bieten beugen sie sich dem gesellschaftlichen Druck, auch wenn dies ihrer eigenen Meinung widerspricht (vgl. Asefaw 2007). Jedoch können die Anti-FGM-Kampagnen nicht als gänzlich einflusslos abgestempelt werden: durch sie rückt das medizinische Risiko der Praxis ins Bewusstsein der Mütter, weshalb der Eingriff immer häufiger im Krankenhaus, teilweise von Ärzt_innen, durchgeführt wird. Dieser Trend heißt Medikalisierung (vgl. Modrek 2016) und wird sehr kritisch betrachtet, denn anstatt die Gründe der Praxis zu hinterfragen wird diese nur (vermeintlich) risikoärmer.
Versucht man die Praxis der weiblichen Genitalbeschneidung theoretisch zu fassen, so eignet sich Norbert Elias‘ Theorie der Etablierten-Außenseiterbeziehungen (Rosa et al. 2013: 202-221). Hierbei wären alle Mädchen qua Geburt Außenseiterinnen. Durch den Vorgang der FGM erleben sie einen quasi irreversiblen Übergang zu den Etablierten, der Gemeinschaft von sittsamen, treuen und guten Frauen und Müttern. Die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ist relativ überdauernd und bringt für die Frauen soziale Vorteile mit sich. Ein Rückgang in die Gruppe der Außenseiter ist nur durch Defibulation vor dem Ende der Reproduktiven Phase oder (zumindest ideell) durch Engagement gegen FGM möglich. Niemals sollten beschnittene Frauen dauerhaft in der Gruppe der Außenseiterinnen verbleiben.
Aufbauend auf Theorie und Forschungsstand untersuche ich die Thematik mit Hilfe des Demographic and Health Surveys (DHS) aus den Jahren 1995, 2002 und 2014. Die Stichprobe des Datensatzes setzt sich aus jemals verheirateten Frauen zwischen 15 und 49 Jahren zusammen. Zunächst werden soziokulturelle Merkmale betrachtet. Anschließend fokussiere ich mich auf ihre Einstellung zu FGM, ihre eigene Beschneidungshistorie und die der ersten Tochter, sowie der Zustimmung, dass FGM tödlich sein kann. Zunächst betrachte ich die Verteilung der soziodemographischen Merkmale der einzelnen Jahre und vergleiche anschließend die Zeitpunkte, um Veränderungen festzustellen. Im zweiten Schritt suche ich nach Prädiktoren für die Beschneidung der ersten Tochter, sowie die Einstellung der Mutter zu FGM. Hierzu verwende ich logistische multivariate Regressions-Modelle. Anschließend vergleiche ich meine Ergebnisse über die drei betrachteten Zeitpunkte hinweg.
Bei der Analyse zeigen sich vor allem die drei folgenden Dinge: Trotz zahlreicher und intensiver Anti-FGM-Kampagnen hat die Prävalenz der FGM in den betrachteten 20 Jahren kaum abgenommen. Während die meisten Beschneidungen im Datensatz von 1995 noch von Dayas (traditionelle Beschneiderinnen) durchgeführt wurden, wird diese Rolle 2014 von Ärzten eingenommen. Betrachtet man Interventionsansätze, die Praxis abzuschaffen, so ist der größte Schutzfaktor für ein Mädchen, wenn die eigene Mutter nicht beschnitten ist. Daraus lässt sich ableiten, wie auch Asefaw (2007) herausarbeitet, dass die bisherigen Interventionsansätze noch nicht stimmig genug mit der Lebensrealität in den praktizierenden Ländern sind. Auch die bereits diskutierte Medikalisierung der Praxis konnte mit dem DHS-Datensatz bestätigt werden.
Dies bedeutet, dass sich die Ausübung der Praxis in Ägypten verändert. Allerdings findet (noch) kein empirisch nachweisbarer gesellschaftlicher Wandel statt, der die zugrundeliegenden patriarchalen Strukturen offen kritisierbar macht. Dadurch können diese nicht nachhaltig geändert werden und die sozialen Auswirkungen, vor allem die geschlechtsspezifische Benachteiligung von Mädchen und Frauen bleibt bestehen. Um einen Wandel anzustoßen, wird von der Literatur einstimmig der folgende Interventionskanon genannt: Hier muss parallel eine bessere, auch sexuelle, Bildung von Mädchen erfolgen und die allgemeine Lebenssituation der Familien verbessert werden. Gleichzeitig muss weiterhin über die Praxis informiert werden, denn das Wissen und der daraus resultierende Umgang der Bevölkerung mit FGM ist noch nicht ausreichend. Für diese Sensibilisierung müssen in der Gemeinschaft hoch angesehene Multiplikatoren gewonnen werden. Diese Rolle könnten vor allem Imame oder Dayas ausüben. Dafür ist jedoch noch sehr viel Sensibilisierungsarbeit zu leisten. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung legen dabei grundlegende Wirkungszusammenhänge dar, die in einer qualitativen Studie ergänzend noch feiner herausgearbeitet werden könnten.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GZHD7Y/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GZHD7Y/feedback/
GD 04/520
»Grenze« als Grundbegriff der Soziologie?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-21T17:15:00+02:00
17:15
00:45
Wenn es um öffentliche oder politische Diskurse um Grenzen geht, dann denkt man wohl in erster Linie an Staatsgrenzen. Doch was könnte "Grenze" als soziologischer Grundbegriff leisten? Dafür werden zwei Autoren der Grenze diskutiert: Luhmann und dessen Sinngrenze zwischen System und Umwelt und Latours Verabschiedung der Innen/Außen Grenzziehung zwischen Labor und Gesellschaft.
ssk2019-2143--grenze-als-grundbegriff-der-soziologie-
Fabian Beer
de
In meinem Vortrag möchte ich mich auf die Diskussion zweier Positionen beschränken. Einerseits einen Verfechter des Grenzbegriffs, Niklas Luhmann (1984). Andererseits Bruno Latours (1983) Verabschiedung der Innen/Außen–Grenze in seinem Aufsatz »Gebt mir ein Laboratorium und ich werde die Welt aus den Angeln heben«.
Luhmann hat stets auf die Notwendigkeit der Grenzzieung im Sozialen hingewiesen. Für ihn wird in dem Moment, in dem gewirtschaftet, protestiert, gefunkt, gedruckt, geredet wird, eine Grenze gezogen zwischen einem Innen und einem Außen, zwischen System und Umwelt. Es gibt keine Kommunikationsform, für die das nicht gilt.
Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich Ansätze, die das Überschreiten oder die Aufhebung der Grenze denken. So spricht z.B. Latour (1983: 105), auf dessen Aufsatz ich meinen Vortrag begrenzen möchte, von der Aufhebung der Innen/Außen Grenze: “Ich hoffe, den Leser davon zu überzeugen, dass Laboratorien genau deswegen gebaut worden sind, um den wirklichen Unterschied zwischen dem »Innerhalb« und dem »Außerhalb« […] zu destabilisieren oder aufzuheben”. Dies scheint nahezu unverblühmt an einen Denker wie Luhmann gerichtet zu sein. Die Frage, um die es mir also geht, besteht darin, ob der Grenzbegriff eine Notwendigkeit soziologischen Denkens ist oder nicht. Ich werde den Begriff der Grenze verteidigen, indem ich mit den Mitteln Luhmanns nachweisen werde, dass auch in Latours Verabschiedung der Innen/Außen Grenze eine weitere Grenzziehung vorgenommen wird und dass ohne diese Grenzziehung nicht gegen die Innen/Außen Grenze argumentiert werden könnte. Latour selbst benötigt also eine Grenze, um gegen die Grenze argumentieren zu können.
### Literatur
* Latour, Bruno (1983 [2006]): Gebt mir ein Laboratorium und ich werde die Welt aus den Angeln heben. In: Belliger, A. & Krieger, D. J. (Eds.). ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie. Bielefeld: transcript, S. 103-134.
* Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/L3R9BQ/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/L3R9BQ/feedback/
Rahmenprogramm
Pause
Rahmenprogramm
2019-09-21T11:00:00+02:00
11:00
00:30
ssk2019-2598-pause
Dennis Kröger
en
Einfach mal verschnaufen und sich mit anderen Teilnehmer\*innen austauschen. Besucht gerne die Poster–Ausstellung, unter anderem erfahrt ihr dort, welche Erkenntnisse Antonia Velicu in ihrem Forschungsprojekt "Being-Family – Schweizer Familien jenseits der Kernfamilie" gewinnen konnte. In diesem beschreibt die Studentin, welchen Herausforderungen die von ihr untersuchten Familienkonstruktionen gegenüber stehen und welche Strategien von den verschiedenen Akteur\*innen angewandt werden, um strukturelle Herausfoderungen zu bewältigen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/UQZWGE/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/UQZWGE/feedback/
Rahmenprogramm
Mittagspause in der Cafeteria
Rahmenprogramm
2019-09-21T13:00:00+02:00
13:00
01:30
ssk2019-2599-mittagspause-in-der-cafeteria
Dennis Kröger
de
Für alle Teilnehmenden wird es ein Catering in der Cafeteria des GD-Gebäudes geben.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/QBASXA/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/QBASXA/feedback/
Rahmenprogramm
Kaffeepause
Rahmenprogramm
2019-09-21T16:00:00+02:00
16:00
00:30
ssk2019-2597-kaffeepause
Dennis Kröger
en
Wenn ihr Besitzer\*in einer Kongresstasse seid, besitzt ihr eine Kaffeeflatrate für den ganzen Kongress. Die Tasse mitsamt Flatrate könnt ihr in der Cafeteria erwerben.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GTKZYF/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GTKZYF/feedback/
Rahmenprogramm
Pause
Rahmenprogramm
2019-09-21T18:00:00+02:00
18:00
00:30
ssk2019-2824-pause
Dennis Kröger
de
Schaut doch mal bei der Poster-Ausstellung vorbei, z.B. stellen dort Madleina Spatz und ihre Kommiliton\*innen ihre Forschung vor, die sich durch einen partizipativen Forschungsansatz hervorhebt. Dabei erforschen sie in einem Frankfurter Stadtteil gemeinsam mit alleinstehenden Seniorinnen ihre Lebenswelt.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/APGLJK/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/APGLJK/feedback/
HGD 20
Messung subtiler Diskriminierung - Ein Data Mining Ansatz zur Klassifikation von Textdaten
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Minderheiten können sowohl offen als auch verdeckt diskriminiert werden. Gerade diese subtile Diskriminierung ist häufig kaum oder nur schwer messbar. Ich zeige Ansätze der subjektiven Messung und Text Mining Möglichkeiten, welche helfen können subtile Diskriminierung zu untersuchen.
ssk2019-2076-messung-subtiler-diskriminierung-ein-data-mining-ansatz-zur-klassifikation-von-textdaten
Pamina Noack
en
Ethnische Diskriminierung ist eine große Herausforderung für die Integration von Migranten in Gesellschaften. Experimente sind ein Werkzeug in den Sozialwissenschaften um das Ausmaß an Diskriminierung zu messen. Die Messung kann einen großen Einfluss auf die Qualität der Ergebnisse nehmen. Im Bereich der Diskriminierung werden meist Correspondence Tests verwendet, welche eine objektive Messung der Rückmeldung von Arbeitgeber o.ä. nutzen. Da Diskriminierung jedoch immer mehr verdeckt stattfindet, deckt eine objektive Messung vermutlich nicht das ganze Ausmaß des Problems ab. Eine subjektive Messung kann hier helfen, subtile Diskriminierung zu messen, jedoch ist die Durchführung dieser Messungen häufig zeit- und kostenintensiv. Machine learning tools können eine große Hilfe bei diesen Messungen sein.
Ich benutze Daten aus einem Experiment (Schmaus & Kristen forthcoming), bei welchen Schauspieler bei Arbeitgeber\*innen mit offenen Arbeitsstellen anrufen. Dabei werden drei Rollen benutzt: Typ 1 verwendet einen deutschen Namen und keinen Akzent, Typ 2 verwendet einen türkischen Namen und keinen Akzent und Typ 3 verwendet einen türkischen Namen und einen türkischen Akzent. Während des Gesprächs fragt die anrufende Person, ob die Stelle noch zu vergeben sei. In der traditionellen Messung wird die Rückmeldung auf diese Frage (negativ/positiv) verwendet. Mit Hilfe von mehreren Codern klassifiziere ich die Gespräche jedoch zusätzlich subjektiv. So hat man sowohl eine objektive, als auch eine subjektive Messung.
Mit diesen Messungen kann bestimmt werden, ob der Unterschied zwischen deutschen und türkischen Anrufer\*innen bei der subjektiven Messung größer ausfällt, als bei der objektiven Messung. Dies würde auf subtile Diskriminierung hindeuten. Allgemein ist der Unterschied der beiden Messungen von Interesse. In den Daten zeigt sich, dass in 12% der Fälle eine Abweichung von objektiver und subjektiver Messung auftaucht. Das zeigt, dass es sinnvoll sein kann, eine subjektive Messung vorzunehmen.
Im nächsten Schritt interessiert mich, ob ein Algorithmus die subtilen Botschaften in der Sprache der Arbeitgeber\*innen erkennen kann. Hierfür trainiere ich zunächst eine naïve Bayes Klassifikation mit einem Teil der Textdaten. Ein zweiter Ansatz basiert auf einem neuronalen Netz. Es zeigt sich, dass die Algorithmen in der Lage sind einen großen Teil der Daten zu klassifizieren. Dies könnte bei einer subtilen Messung Zeit und Aufwand sparen
### Literatur:
* Schmaus, M. & C. Kristen, forthcoming: Foreign accents and the labor market prospects of immigrants– (why) do speech cues matter in hiring decisions?
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/7MXCMS/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/7MXCMS/feedback/
HGD 20
Aktualisierung der Kategorie 'Geistige Behinderung' im Feld der Leichten Sprache
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Im Vortrag wird "geistige Behinderung" als sozial hergestellte Kategorie in den Blick genommen. Das Feld der "Leichten Sprache" - ein Konzept barrierefreier Kommunikation - wird hierfür als Untersuchungsort gewählt. Die konkreten sprachlichen und performativen Praktiken der Herstellung von Leichter Sprache werden in den Blick genommen, um ausgehend davon auf abstraktere „Bilder“ geistiger Behinderung zu schließen, welche diesen Praktiken zugrunde liegen und auf welche im Feld zurückgegriffen wird.
ssk2019-2132-aktualisierung-der-kategorie-geistige-behinderung-im-feld-der-leichten-sprache
Annelen Fritz
de
„Leichte Sprache“ ist ein Konzept zur Vereinfachung von Sprache, das intendiert, barrierefreie Kommunikation zu ermöglichen. Hierzu wird ein Regelkatalog verwendet, der die Übersetzungsregeln von Standard- in Leichte Sprache festlegt.
Seine Ursprünge hat das Konzept der Leichten Sprache innerhalb der Selbstvertreter\*innenbewegung von "Menschen mit Lernschwierigkeiten", die gemeinhin als Menschen mit „geistiger Behinderung“ etikettiert und auch als deren primäre Anspruchsgruppe benannt werden.
Der alltagsweltlich verwendete Begriff der „geistigen Behinderung“ ist sehr unscharf, hat aber radikale Konsequenzen für die so bezeichneten Subjekte. Klassifikationen zur Diagnose variieren über Zeit und nationale Grenzen, sorgen aber recht zuverlässig für die Zuweisung der so Diagnostizierten in ein "Sondersystem".
In meiner Arbeit, die im Rahmen meiner Masterarbeit an der Uni Heidelberg entsteht, schließe ich mich der Perspektive der interdisziplinär angelegten Disability Studies an, wonach es sich bei „Behinderung“ um eine sozial konstruierte Kategorie, ein Ergebnis sozialer und kultureller Ausschließungs-, Grenzziehungs- und Unterdrückungsmechanismen und eben nicht Ausdruck medizinischer Pathologie handelt (vgl. Waldschmidt 2005). Innerhalb den Disability Studies lässt sich ein Fokus auf die Herstellung von Behinderung in Bezug auf *körperliche* Normabweichungen feststellen, in meiner Masterarbeit möchte ich mich jedoch dem Phänomen der Herstellung von "*geistiger* Behinderung" nähern.
Im Zentrum der Arbeit steht die Frage, welches „Bild“, welche latenten Vorstellungen im Feld der Leichten Sprache über die Zielgruppe der Menschen mit „geistiger Behinderung“ (re–)produziert werden, um Leichte Sprache für die Anspruchsgruppe machen zu können - einer Zielgruppe, die sich durch eine Kategorie manifestiert, die so unscharf ist, dass sie theoretisch nur wenig Orientierungswissen bieten kann. Welche Fähigkeitsgrenzen und Einschränkungen, welche Bedarfe und Interessen werden von den Übersetzenden implizit mitgedacht, wenn überlegt wird, *welche* Texte *wie* übersetzt werden sollen? Welche Merkmale werden für die Zuschreibung „geistig behindert“ relevant gemacht? Wie und wo werden die Grenzen dieser Kategorie gezogen? Um mich diesen Fragen anzunähern, möchte ich konkrete *Praktiken der Herstellung* von Leichter Sprache in den Blick nehmen und beschreiben, um ausgehend davon auf abstraktere „Bilder“ von Behinderung zu schließen, welche diesen Praktiken zugrunde liegen.
Mit praxistheoretischer Brille also soll der Fokus auf die Herstellung, Aufrechterhaltung, Irrelevantmachung und Ausfüllung der diffusen Kategorie „geistige Behinderung“ durch sprachliche und performative Praktiken gelegt werden. Dieser Vorgehensweise liegt die Annahme zugrunde, dass Praktiken implizites Wissen zugrunde liegt. Dieses implizite Wissen möchte ich explizit machen, um an ein tieferliegendes „Bild“ von geistiger Behinderung zu gelangen, auf welches im Feld der Leichten Sprache zurückgegriffen wird.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/FDFAEX/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/FDFAEX/feedback/
HGD 20
Diskussion mit Martin Brambach zu Grenzübergängen
Rahmenprogramm
2019-09-22T11:15:00+02:00
11:15
01:30
ssk2019-2602-diskussion-mit-martin-brambach-zu-grenzbergngen
Dennis Kröger
de
Zu Gast ist der Schauspieler [Martin Brambach](http://martinbrambach.de/ ) den viele als "Komissariatsleiter Schnabel" aus dem Dresdener ARD-Tatort kennen werden. Als jemand der in der DDR aufgewachsen ist, wird er uns einen ganz persönlichen Einblick darin geben, welche Bedeutung Grenzen und deren Überschreitung für die eigene Biographie hat, um dann mit dem Publikum darüber ins Gespräch zu kommen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/ADDWKE/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/ADDWKE/feedback/
HGD 20
Verabschiedung
Rahmenprogramm
2019-09-22T12:45:00+02:00
12:45
00:15
ssk2019-2600-verabschiedung
Dennis Kröger
de
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmer\*innen und Helfer\*innen für diesen tollen Kongress!
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/9ULQKA/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/9ULQKA/feedback/
GD 03/150
Grenzwanderung – Stay-at-Home Fathers als Blick an die Grenze und Erfindung des Möglichen
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Ausgehend von Michel Foucaults Grenzhaltung wird der Frage nachgegangen, wie Caring Masculinities als kritische Kategorie betrachtet werden kann, die mögliche Transformationspotentiale innerhalb moderner Gesellschaften bietet. Verdeutlicht wird dieser Zusammenhang an empirischen Ergebnissen zu Stay-at-Home Dads, wie sie vor allem im nordamerikanischen Raum erforscht werden.
ssk2019-2126-grenzwanderung-stay-at-home-fathers-als-blick-an-die-grenze-und-erfindung-des-mglichen
Aaron Korn
de
In gegenwärtigen geschlechter- und männlichkeitssoziologischen Debatten wird vermehrt der Begriff der Caring Masculinities aufgegriffen, dessen Besonderheit in den transformativen Potentialen für geltende Männlichkeitskonstruktionen liegt. Neben dem möglichen Wandel von Männlichkeit, verweisen jüngst Andreas Heilmann und Sylka Scholz (2017) auf die gesamtgesellschaftlichen Transformationspotentiale, die sich mit einer Abkehr der auf Wachstum, Leistung und Erwerbsarbeit zentrierten Männlichkeitssubjektivität einstellen könnten. Offen bleibt in den Debatten um Care und Männlichkeit, wie die postulierte Transformation stattfinden soll und welche Prozesse dafür relevant sind.
Der folgende Beitrag beschäftigt sich deshalb dezidiert mit der Frage des ‚Wie‘ der Transformation und schließt an die subjekttheoretischen Prämissen, wie sie bereits Scholz und Heilmann angedeutet haben, an. Auf theoretischer Ebene soll zunächst kurz erläutert werden, wie ein subversives Moment innerhalb der geltenden Subjektkonstitution denkbar wird. Ermöglicht wird dies über den von Michel Foucault (1990) identifizierten Ethos der Moderne, den er im spezifischen als „Grenzhaltung“ beschreibt. Transformation, so Foucault, ermögliche sich über die historische Analyse der geltenden Subjektkonstitution. Indem im Moment der Selbstreflexion die Grenze der eigenen Subjektivität erfahrbar werde, könne diese zum Aushandlungspunkt neuer Formen von Subjektivität gemacht werden.
Wie auf praktischer Ebene die Einnahme einer solchen Grenzhaltung aussehen könnte, lässt sich meines Erachtens anhand der alltagsweltlichen Erfahrungen von Stay-at-Home Fathers zeigen, wie sie mithilfe einschlägiger Studien seit den späten 2000er Jahren vor allem im nordamerikanischen Raum erforscht werden. Sie können als Blick an die Grenze männlicher Subjektivität identifiziert werden, da sie die enge Verknüpfung von Erwerbsarbeit und Männlichkeit, aber auch von Sorge und Weiblichkeit vehement hinterfragen und neue Spielräume von Männlichkeit erfinden, die durchaus weitreichendere gesellschaftliche Implikationen haben. Dabei geht es nicht darum Männlichkeit eine privilegierte Stellung in der Frage zur gesellschaftlichen Transformation zu gewähren, sondern den soziologischen Blick für die Grenzen gesellschaftlicher Lebensweisen und Subjektkonstitutionen zu sensibilisieren, von denen Stay-at-Home Fathers nur einen Teil darstellen.
### Literatur
* Heilmann, A. und Scholz, S. (2017): Caring Masculinities – gesellschaftliche Transformationspotentiale fürsorglicher Männlichkeiten? in: Feministische Studien 2/17, S. 349-357.
* Foucault, M. (1990): Was ist Aufklärung? in: Erdmann, E., Forst, R., Honneth, A. (Hg.): Ethos der Moderne. Foucaults Kritik der Aufklärung. Frankfurt a. M./ New York: Campus Verlag, S. 35-55.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GMA9YX/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/GMA9YX/feedback/
GD 03/150
Die 'Kurdenkrawalle' 1993/1994 und der Erinnerungskonflikt um Halim Dener: Eine wissenssoziologische Diskursanalyse.
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T10:15:00+02:00
10:15
00:45
Im Juli 1994 kam der kurdische Jugendliche Halim Dener, der mit Freunden gemeinsam Plakate für die Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) in der hannoverschen Innenstadt klebte, im Zuge eines Polizeieinsatzes zu Tode. Daraufhin kam es zu einer öffentlichen Auseinandersetzung über die Todesumstände, den kurdisch-türkischen Konflikt an sich, der Verwicklung des deutschen Staates in diesem Konflikt und letztlich der Frage, ob und wie die Erinnerung Halim Dener im kollektiven Gedächtnis der Stadtgesellschaft zu verankert werden kann.
ssk2019-2116-die-kurdenkrawalle-1993-1994-und-der-erinnerungskonflikt-um-halim-dener-eine-wissenssoziologische-diskursanalyse-
Christian Hinrichs
de
Bereits mit der Anwerbung der ersten Gastarbeiter\*innen aus der Türkei (1963) hat sich – lange Zeit von der deutschen Gesellschaft kaum bemerkt – eine kurdische Diaspora in der Bundesrepublik entwickelt. In den 1990er Jahren eskalierte der Konflikt um die kurdische Frage in der Türkei abermals: Das Militär ging besonders gewalttätig gegen die kurdische Bevölkerung im Südosten der Türkei vor. Dieser Konflikt strahlte nach Europa aus und so kam es 1993/1994 zu den sog. Kurdenprotesten in Deutschland, worunter neben Demonstrationen auf der Straße und Besetzungsaktionen von Konsulaten/Botschaften gar Selbstverbrennungen in der Öffentlichkeit, wie im März 1994 in Mannheim. In diesem Zuge verbot die Bundesregierung im November 1993 die Kurdische Arbeiterpartei PKK.
Im Juli 1994 kam der kurdische Jugendliche Halim Dener, der mit Freunden gemeinsam Plakate für die Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) in der hannoverschen Innenstadt plakatierte, im Zuge eines Polizeieinsatzes zu Tode. Daraufhin kam es zu einer öffentlichen Auseinandersetzung über die Todesumstände, den kurdisch-türkischen Konflikt an sich, der Verwicklung des deutschen Staates in diesem Konflikt und letztlich der Frage, ob und wie die Erinnerung Halim Deners in der Stadtgesellschaft zu verankern sei.
Der empirische Kern des Beitrags ist eine vergleichende wissenssoziologische Diskursanalyse der Presseberichterstattung zum Gedenken des, durch einen Polizeieinsatz 1994 in Hannover, zu Tode gekommenen kurdischen Jugendlichen Halim Dener. Dieses Thema stellt eine sozialwissenschaftlich bislang unbearbeitete Facette des türkischkurdischen Diasporakonfliktes in der Bundesrepublik Deutschland dar.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/B8JGBW/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/B8JGBW/feedback/
GD 04/620
Grenzkrisen zwischen Öffentlichkeit und Privatheit. Zur Genese und Krise der bürgerlichen Gesellschaft bei Reinhart Koselleck und Jürgen Habermas
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T09:30:00+02:00
09:30
00:45
-
ssk2019-2279-grenzkrisen-zwischen-ffentlichkeit-und-privatheit-zur-genese-und-krise-der-brgerlichen-gesellschaft-bei-reinhart-koselleck-und-jrgen-habermas
Jonas Balzer
de
Angesichts von Trolls und Bots in den sozialen Medien oder dem Vorwurf der Fake News bzw. Lügenpresse gegenüber den traditionellen Medien gerät das Grundvertrauen auf die legitimierenden und mediatisierenden Effekte der demokratischen Öffentlichkeit ins Wanken. Stimmen werden laut denen zur Folge die Öffentlichkeit ihren demokratischen Funktionen nicht mehr genügt.
Einen solchen Zerfall der Öffentlichkeit hatte Jürgen Habermas bereits 1962 in seiner Studie zum "Strukturwandel der Öffentlichkeit" konstatiert. Habermas verband mit seinen "Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft" – wie seine Arbeit im Untertitel heißt – die Intention, »unsere eigene Gesellschaft von einer ihren zentralen Kategorien her systematisch in den Griff zu bekommen« (Habermas). Einst entstand die bürgerliche Demokratie aus der Abgrenzung von politischer Öffentlichkeit und bürgerlicher Privatsphäre. Für Habermas stellt der Zerfall selbiger, ein Resultat der Aufweichungen dieser Grenzen dar.
Dass die Diagnose einer Krise der Öffentlichkeit und einer Krise der Demokratie vor dem Hintergrund (neu)rechter Bewegungen in Deutschland und überall auf der Welt große Evidenz besitzt, lässt sich nicht leugnen. Die Krise der Öffentlichkeit und die Krise der Demokratie müssen dabei allerdings nicht notwendigerweise als Zerfall der Öffentlichkeit oder Zerfall der Demokratie begriffen werden. In seiner 1954 vorgelegten Dissertation mit dem Titel "Kritik und Krise", die in der Buchausgabe von 1959 den Untertitel "Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt" trägt, untersucht Reinhart Koselleck – wie Habermas – die Genese der bürgerlichen Gesellschaft und die Herausbildung der bürgerlichen Demokratie und betont dabei ebenfalls den Zusammenhang von bürgerlicher Gesellschaft und Öffentlichkeit. Allerdings begreift er die Entwicklung derselben als Perpetuieren einer Krise und damit Öffentlichkeit und bürgerliche Demokratie als genuin krisenhaft. Diese Krisenhaftigkeit werde durch die bürgerliche Demokratie jedoch verdeckt.
Beide Untersuchungen gelten als ›Klassiker‹ der Forschung zur frühen Neuzeit und der Theorie bürgerlicher Demokratie. Wie Habermas und Koselleck bezüglich desselben Gegenstandes und im Rückgriff auf dasselbe sozio–historische Material zu so entgegengesetzten Einschätzungen kommen, soll mein Vortrag zeigen. Dabei will ich demonstrieren, dass die Hoffnung, die Habermas mit der bürgerlichen Öffentlichkeit verbindet, daran zuschanden geht, dass die Krise, in welche selbige geriet, sich als eben jene Krise begreifen lässt, in der Koselleck die bürgerliche Gesellschaft immer schon befasst sieht. Mit Habermas lässt sich dann allerdings gegen Koselleck einwenden, dass dessen Erklärung der Krise zu kurz greift. Als Lösung des Gegensatzes kommt in den Blick, in der wechselseitigen Kritik beider über beide hinauszugehen.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/9M9AYM/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/9M9AYM/feedback/
GD 04/620
Totality revisited - Zur Aktualität eines klassischen Konzepts
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T10:15:00+02:00
10:15
00:45
ssk2019-2070-totality-revisited-zur-aktualitt-eines-klassischen-konzepts
Marian Nestroy
de
Interdisziplinarität ist in aller Munde. Überall schießen Studiengänge und Institute aus dem Boden, die sich diesem Programm verpflichtet fühlen. Doch welche Interdisziplinarität hier genau gemeint ist, bleibt im Dunkeln. Zwar wird oft auf die Vorteile einer solchen Forschungsweise oder Ausbildung verwiesen, kann man so doch die Dinge von mehreren Seiten betrachten, aber eine zusammenhängende Erläuterung darüber findet man selten. So gesehen erscheint die gegenwärtige interdisziplinäre Forschung als reine Modeerscheinung, sie ist eher zufälliger Natur und weniger Produkt systematischer Überlegungen.
Ein Blick in die Geschichte sozialwissenschaftlicher Forschung belegt jedoch, dass auch schon zu früheren Zeitpunkten Interdisziplinarität in der Wissenschaft eine Rolle spielte. Erinnert sei hier natürlich an das Institut für Sozialforschung, welches von Max Horkheimer ab 1930 geleitet wurde. Auch er verweist in seiner bekannten Eröffnungsrede auf eine Konzeption der Forschung, die die Grenze der Einzelwissenschaften einzureißen hat. Jedoch wird gerade hier nicht ersichtlich, was genau darunter zu verstehen ist. Es kann aber aus den Texten der frühen Phase der kritischen Theorie ein besseres Bild zu dieser Frage abgeleitet werden. Diesen liegt unverkennbar die Auseinandersetzung mit Georg Lukács‘ Theorie der Verdinglichung zugrunde, welcher mit der Kategorie der konkreten Totalität die Erkenntnis des Ganzen im Sinne hatte, die letztlich zur Aufhebung der kapitalistischen Ordnung führen sollte. In diesem Wissenschaftsverständnis gibt es, so Lukács, genaugenommen gar keine Einzeldisziplinen mehr, wohl aber Einzelfragestellungen, die auf das Erfassen der Totalität gerichtet und selbst Teil des revolutionären Prozesses sind.
Was vielleicht auf den ersten Blick ein wenig angestaubt und behaftet mit vergangener Romantik erscheint, kann, so meine These, als einer der wichtigsten Beiträge zur aktuellen Situation der Sozialwissenschaften interpretiert werden. Dass dies keineswegs aus der Luft gegriffen ist, beweist Geoffroy de Lagasnerie mit seinem im letzten Jahr erschienenen Essay 'Denken in einer schlechten Welt', in welchem er die Notwendigkeit eines Totalitätsbegriffes diskutiert. Hiermit kann kohärent eine interdisziplinäre Soziologie begründet werden, da wissenschaftliche Tätigkeit in ein immanent politisches Praxiskonzept eingelassen wird. Damit bekommt Wissenschaft einen kritischen Gehalt. Sie ist so nicht nur in der Lage auf ihre eigene soziale und politische Verflochtenheit zu reflektieren, sondern auch einen Beitrag dazu zu liefern, gesellschaftliche Verhältnisse über sich hinauszutreiben.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/LVDVCB/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/LVDVCB/feedback/
GD 04/520
Betriebliche Mitbestimmung in der digitalisierten Arbeitswelt
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T09:30:00+02:00
09:30
00:45
Der digitale Wandel verändert die Arbeitswelt. Wie können wir sie im Sinne der Menschen gestalten und auf welche Instrumente könne wir uns dabei verlassen. An welchen Stellen brauchen wir dabei neue Ideen und mehr Solidarität?
ssk2019-2265-betriebliche-mitbestimmung-in-der-digitalisierten-arbeitswelt
Moritz Butt
de
Der Vortrag behandelt die aktuellen Umbrüche in der Arbeitswelt und blickt dabei vor allem auf die seit langem in Deutschland bestehende „Betriebskultur“ und die daran anknüpfenden ArbeitnehmerInnen–Rechte, die im Moment und mit Blick auf den digitalen Wandeln in der Arbeitswelt, immer mehr unter Beschuss stehen. Vor allem die betriebliche Mitbestimmung hat über Jahrzehnte dafür gesorgt, dass „vor Ort“ auf die individuellen Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingegangen werden kann und kollektive Vereinbarungen entstehen können, die dem Interesse zwischen Kapital und Arbeitskraft Grenzen setzen und Standards in der Arbeitswelt sicherstellen. Die Herausforderungen auf das Instrument der betrieblichen Mitbestimmung in der digitalisierten Arbeitswelt stehen dabei im Mittelpunkt, von Interesse ist aber auch welche Antworten auf die aufgeworfenen Fragen gegeben werden können – und ob die betriebliche Mitbestimmung weiterhin ein zentrales Instrument in der Arbeitswelt sein kann und Konflikte, die die Digitalisierung der Arbeitswelt für Beschäftigte mit sich bringt, im Stande ist zu lösen.
Dabei wird ein soziologischer Blick auf das Instrument der betrieblichen Mitbestimmung geworfen, das kollektive Moment betont und die gesellschaftliche Relevanz herausgearbeitet. Gleichzeitig wird aber auch der arbeitsrechtlichen Bewertung Rechnung getragen und die Schnittstelle zwischen Rechtswissenschaft und Soziologie, als ein interdisziplinärer Zugang zu dem Thema herausgearbeitet.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/QNQGKL/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/QNQGKL/feedback/
GD 04/520
Fachschaften als studentische Gewerkschaften: Ist studentische Partizipation überhaupt noch wichtig?
Vortrag (20 Min) + Diskussion (20 Min)
2019-09-22T10:15:00+02:00
10:15
00:45
ssk2019-2235-fachschaften-als-studentische-gewerkschaften-ist-studentische-partizipation-berhaupt-noch-wichtig-
Leonard Mach
de
Studentische Partizipation in Form von Fachschaften weißt an Hochschulen hohe Ähnlichkeit zur klassischen partizipativen Repräsentationsarbeit wie der von Gewerkschaften auf. Dabei umschließen Aufgaben der Fachschaft die Repräsentation der Studierendenschaft bei der Auswahl von Lehrinhalten, bei der Berufung des Lehrkörpers und bei der Überprüfung der Forschung hinsichtlich ihrer ausschließlich zivilen Ziele. Trotz der gestiegenen Einflussmöglichkeiten auf akademische Prozesse und damit einer Festigung gewisser Machtposition innerhalb des akademischen Gefüges leiden viele studentische Vertretungs- und Beteiligungsgruppen unter einem Rücklauf an Mitgliedern; die klassische studentische, hochschulpolitische Partizipation nimmt ab.
Eine mögliche Erklärung hierfür ist ein zu wenig erkennbarer Einfluss. Das Ziel der, dem Vortrag zugrundeliegende Forschung war die Analyse der Arbeiten von Fachschaften innerhalb des akademischen Akkreditierungssystems und innerhalb Governance–Prozesse an Hochschulen. Es wurde die Frage debattiert, wie basisdemokratische Bewegungen innerhalb einer Institution auf ebendiese, trotz eines Abhängigkeitsverhältnisses, Einfluss üben können. Die grundlegenden Theorien hierfür sind zum einen die Identitätstheorie Peter Bergers und Thomas Luckmanns (1987) sowie das Mülleimermodell von Cohen, March und Olsen (1972).
Es stellt sich dabei heraus, dass sich zwischen Fachschaften und den verschiedenen universitären Institutionen Grenzen definieren lassen, die von Fachschaft zu Fachschaft und Universität zu Universität unterschiedlich sind. Entlang verschiedener Skalen, so meine Hypothese, lassen sich diese Unterschiede messen.
### Literatur
* Berger, P. and Luckmann, T. (1966) Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Frankfurt am Main.
* Cohen, M., March, J., Olsen, J., (1972). A Garbage Can Model of Organizational Choice. Administrative Science Quarterly, 17.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/U3MX8T/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/U3MX8T/feedback/
Rahmenprogramm
Pause
Rahmenprogramm
2019-09-22T11:00:00+02:00
11:00
00:15
ssk2019-2601-pause
Dennis Kröger
de
Einfach mal verschnaufen, sich mit anderen Teilnehmer\*innen austauschen oder die Poster–Ausstellung besuchen. Zum Beispiel haben sich Moritz Mangold und Philipp Freyeisen in einem Lehrforschungsprojekt damit auseinander gesetzt, welche Veränderungen sich im Diskurs über öffentliche Gewalttaten durch eine zunehmende Manifestierung des Terrors in Deutschland ergeben haben. Ihre Ergebnisse könnt ihr in Form eines Posters auf der Ebene 04 finden.
false
https://pretalx.com/ssk2019/talk/8PRJNP/
https://pretalx.com/ssk2019/talk/8PRJNP/feedback/