Keynote: Brauchen wir Open Science in der Soziologie? (Do We Need Open Science in Sociology?)
21.09.2019 16:30-17:30 (Africa/Abidjan), HGD 20

Wissenschaft sollte per Definition offen sein. Sie ist ein gemeinschaftliches und transparentes Mittel zur Genese von Wissen. Soziologie darf keine Ausnahme sein; eine Botschaft, die bei verschiedenen soziologischen Theoretikern von Weber über Merton bis Habermas konsistent ist. Warum gibt es eine Open Science Bewegung in der Soziologie? Der Vortrag wird einige Antworten auf diese Frage geben.


Wissenschaft sollte per Definition offen sein. Sie ist ein gemeinschaftliches und transparentes Mittel zur Genese von Wissen. Soziologie darf keine Ausnahme sein; eine Botschaft, die bei verschiedenen soziologischen Theoretikern von Weber über Merton bis Habermas konsistent ist. Warum gibt es eine Open Science Bewegung in der Soziologie? Der Vortrag wird einige Antworten auf diese Frage geben.

Erstens, soziologische Forschung ist relativ geschlossen. Forschende sind intransparent und selektiv in Bezug auf ihre empirische Arbeit. Einige produzieren einfach soziologische Literatur ohne wissenschaftliche Grundlagen. Diejenigen, die sich auf wissenschaftliche Methoden verlassen, sehen sich mit Anreizen der Neuheit und nicht der Reproduzierbarkeit konfrontiert. Die Verteidigung bestehenden Wissens wird dem Teilen von Wissen vorgezogen.

Zweitens, soziologisches Publizieren ist extrem geschlossen. Aufgrund institutionalisierter Verfahren im Publikationsprozess müssen erfolgreiche WissenschaftlerInnen bei gewinnorientierten Verlagen veröffentlichen, und die Universitäten müssen sowohl für den Aufwand (Arbeitszeit als MitarbeiterInnen) als auch das Arbeitsprodukt des Publikationsprozesses (Veröffentlichungen und Zugang zu eben diesen) bezahlen.

Drittens, das Statusstreben in der Soziologie bringt Egomanen hervor. Die notwendige Anhäufung von immer mehr Zitaten ist ein Anreiz für die WissenschaftlerInnen, ihre eigene Arbeit um jeden Preis zu fördern (Stichwort Selbstzitation bzw. Zitationskartelle); sie verhindern, dass konkurrierende Arbeiten veröffentlicht und beworben werden, oder Daten und Ergebnisse werden gefälscht.
Es ist kein Wunder, dass die Öffentlichkeit einem Pfarrer mehr Vertrauen schenkt als einem Soziologen oder einer Soziologin. Ja, wir müssen die Soziologie mit Open Science Praktiken öffnen – und verbessern! Dies gilt gleichermaßen für quantitative und qualitative Forschung. Und der Vortrag wird zeigen, dass dies leichter zu erreichen ist als gedacht.

Englisch

Science by definition is open. It is a communal and transparent means of developing knowledge. Sociology is no exception, a message consistent across diverse sociological thinkers from Weber to Merton to Habermas. So why do we have an Open Science Movement in Sociology? This talk provides some answers to this question.

First, sociological research is relatively closed. Researchers are intransparent and selective about their empirical work. Some simply produce works without any science. While those relying on the scientific method face incentives favoring novelty over reproducibility and defensiveness over knowledge sharing.

Second, sociological publishing is extremely closed. Institutionalized publishing procedures require successful scholars to publish with for-profit publishers, and requires universities to pay for both the labor input and the labor product of the publishing process.
Third, rent-seeking in sociology produces ego-maniacs. The necessary accumulation of more and more citations incentivizes scholars to promote their own work at all costs, prevent competing work from being published and promoted, fabricate data and results, and steal ideas.

It is no wonder the public may trust a pastor more than a sociologist. Yes, we need to open – and improve – sociology through open science practices. This applies to both quantitative and qualitative research. This talk will demonstrate that this is easier to achieve than one might think.