Brückenschlag: Lernprozesse in analogen, hybriden und digitalen Formaten

[Stream] Espresso Paper: Das Lehrmedium „Social Hypertext“ im Einsatz
10.10, 12:35–13:00 (Europe/Berlin), Bamberg U7/01.05 - Hörsaal
Sprache: Deutsch

Das Lehrmedium „Social Hypertext“ im Einsatz - Entwicklung einer Augmented-Textuality-Plattform für kollaboratives Lesen im digitalen Raum

Das kritische, reflektierte, komplexe Zusammenhänge erschließende Lesen gilt seit jeher als eine der wichtigsten konkreten Fähigkeiten, die die Geisteswissenschaften – neben ihrem Fachwissen – vermitteln. Gleichzeitig beklagen Lehrende an Schulen und Hochschulen seit Jahren, dass insbesondere die Verbreitung digitaler Medien zu einem Einbrechen von Lesekompetenzen bei den Lernenden geführt habe. Digitalität, so ein oft gehörter Klageruf, habe dafür gesorgt, dass die Studierenden sich nicht mehr konzentrieren und keine komplexen Texte lesen können. Wenn überhaupt, könne diese Fähigkeit nur mühsam und mit hohem Betreuungsaufwand wiederaufgebaut werden.
An der Universität Leipzig experimentieren wir seit 2015 daher mit didaktischen Designs, die die spezifischen Affordanzen digitalen Texts für die Lehre nutzbar machen und damit klassische geisteswissenschaftliche Lesekompetenzen in die digitale Gegenwart holen. Dabei hat sich der Einsatz von „Social Hypertext“ als besonders vielversprechend erwiesen. „Social Hypertext“ ist ein speziell für die
Lehre entwickeltes Medium, das herkömmliche PDF-Texte mit einer Interaktionsschicht überzieht („Augmented Textuality“) und so zu einer interaktiven Lern-Ressource umwandelt. Seit 2021 entwickeln wir mit SHRIMP_PODS eine Augmented-Textuality-Plattform, mit der herkömmliche PDF-Dateien mit wenig Aufwand in „Social Hypertext“ verwandelt werden, so dass unser didaktisches Design nun skalierbar und in der Breite anwendbar wird.
Mit SHRIMP_PODS stellen Lehrende mobile, leicht teilbare Textkorpora (Pods) zusammen und definieren innerhalb dieser intertextuelle Lernpfade, mit denen sie die Lese- und Lernprozesse der Studierenden lenken, das Sehen und Verstehen von Zusammenhängen fördern sowie beim Aufbau von Lesekompetenzen unterstützen können. Den Lernenden eröffnet sich einerseits die Möglichkeit, Texte durch nichtlineares, explorierendes Lesen zu erkunden und sie durch eigene private Annotationen aktiv zu erschließen. Andererseits können die Texte mithilfe von Kommentaren, Likes, Reaktionen und Tags auch kollaborativ innerhalb der eigenen Lerngruppe erarbeitet werden. Damit reagiert SHRIMP_PODS auf die Herausforderungen von hybriden Formaten und Möglichkeiten des selbstgesteuerten Lernens im digitalen Raum.
Die Erfahrung zeigt, dass es allerdings nicht ausreicht, ein digitales Tool mit verschiedenen Funktionen bereitzustellen, um das eingeübte Leseverhalten nachhaltig zu verändern. Vielmehr muss die Nutzung der Plattform in didaktische Lehrszenarien eingebettet und gleichzeitig um motivierende Elemente (Gamification) erweitert werden. In unserem Praxisbericht geben wir einen Einblick in den aktuellen Entwicklungsstand unserer Lese-Plattform und stellen diese mit ihren Funktionen sowie damit verbundene digitale bzw. hybride Lehr-Lern-Szenarien vor. Außerdem möchten wir Erkenntnisse aus den ersten Evaluationen teilen und gemeinsam mit Ihnen diskutieren, wie Lese-Lernprozesse durch SHRIMP_PODS aktiv gefördert werden können.

https://www.shrimpp.de/pods

Sarah Doberitz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und am Institut für Amerikanistik der Universität Leipzig. Aktuell ist sie in den Forschungsprojekten "LemaS Transfer" und im Projekt "SHRIMP_PODS 2 - Social Hypertext Reader and Interactive Mapping Platform" tätig. Im Mittelpunkt der Forschung stehen Fragen zur individuellen Förderung und Begabungsforschung, zum technikgestützten, digitalen Arbeiten und Lernen (Mediendidaktik) sowie zur digitalen (Erwachsenen-)Bildung in Schule und Hochschule.

Background in Psychology, Cultural Studies and Data Science. Working for SHRIMP since 2019