Bridging the gap: learning processes in analog, hybrid and digital formats

[Stream] „Meine Meinung ist hier nicht ganz eindeutig“ – Wann bevorzugen Studierende Präsenz- bzw. Online-Lehre?
2023-10-10 , Bamberg U7/01.05 - Hörsaal
Language: Deutsch

a) Forschungsstand und theoretische Bezüge

Als bedingt durch die Corona-Pandemie eine Umstellung auf Online-Lehre erfolgen musste und Praktika kaum stattfinden konnten, stellte in der Lehrer:innenbildung die Arbeit mit Unterrichtsvideos für die Studierenden eine gute Möglichkeit dar, sich bedeutsame Wissensinhalte für den Lehrberuf eigenständig, zeit- und ortsungebunden zu erarbeiten (Gröschner 2021). Befragungen von Studierenden zeigten, dass diese den Einsatz von Unterrichtsvideos auch und gerade in der Online-Lehre als motivierend und lernförderlich empfinden, allerdings Austausch und Rückmeldung vermissen (Hess, 2021). Eine weitere Studierendenbefragung deutete darauf hin, dass das Angebot eines vorbereiteten Feedbacks dieses Bedürfnis nach Rückmeldung erfüllen könnte (Zmiskol & Hess, in Druck).

b) Fragestellung und Zielsetzung

Das Teilprojekt InViLebi, das im Rahmen des Projekts DiKuLe von der Stiftung „Innovation in der Hochschullehre“ gefördert wird, untersucht, wie sich sogenannte interaktive Unterrichtsvideos in der asynchronen Online-Lehre einsetzen lassen, um die Entwicklung von professioneller Wahrnehmung bei den Studierenden zu fördern (z.B. Sherin & van Es, 2009). Der Langvortrag fokussiert die folgende ausgewählte Frage aus dem Projekt: Inwiefern beeinflusst die Beobachtungsmethode bei der Videoanalyse den Wunsch der Studierenden nach Online- bzw. Präsenz-Lehre?

c) Methoden und Design

Die Datengrundlage bieten zwei Lehrveranstaltungen, die im Wintersemester 2022/23 an der Universität Bamberg stattfanden und in deren Rahmen Studierende eine asynchrone Online-Lerneinheit zum Thema „Umgang mit Leistungsheterogenität“ anhand von Unterrichtsvideos bearbeiteten (N=318 Studierende des Grundschullehramts; 87,1% weiblich; M(Fachsemester)=2.3; SD(Fachsemester)=1.3). Die Erhebung erfolgte in einem quasi-experimentellen Prä-Post-Design mit vier Interventionsgruppen.
Die Interventionsgruppen unterscheiden sich darin, ob die Studierenden die Unterrichtsvideos A) fragengeleitet mit Feedback (= interaktive Videoanalyse), B) fragengeleitet ohne Feedback, C) offen mit Feedback oder D) offen ohne Feedback analysierten.
Die Fragebögen des Prä-/Posttests sowie zu Beobachtungsmethode (fragengeleitet/offen) und Feedback bestanden aus geschlossenen und offenen Fragen. Diese werden deskriptivstatistisch und inhaltsanalytisch ausgewertet.

d) Zwischenergebnisse

Auf die Frage im Prätest, ob die Studierenden die Videoanalysen im Seminar generell lieber in Präsenz durchführen würden, antworteten die Studierenden auf einer Skala von 1 bis 4 insgesamt ausgeglichen (17,3% stimmten überhaupt nicht, 34,6% eher nicht, 33,6% eher und 14,5% stimmten voll zu). Ein studentischer Kommentar lautete dabei: „Meine Meinung ist hier nicht ganz eindeutig“.
Im Posttest verstärkte sich in den fragengeleiteten Gruppen A und B leicht die Online-Präferenz (MPrä=2.40 zu MPost=2.31), während sich bei den offenen Gruppen C und D eine Tendenz zur Präsenz-Lehre andeutete (MPrä=2.51 zu MPost=2.75).

e) Diskussion der Ergebnisse und Ausblick
Es stellt sich die Frage, wie die Studierenden ihre jeweilige Präferenz begründen und welche Implikationen sich daraus für Online- wie Präsenzlehre ergeben. Erste inhaltsanalytische Auswertungen deuten auf ein erhöhtes Bedürfnis nach Anleitung, Austausch und Feedback bei Gruppe C und D hin, welches bei Gruppe A und B durch die fragenbasierte Anleitung weitgehend erfüllt scheint.

Seit 10/2022
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „DiKuLe – Digitale Kulturen der Lehre entwickeln“, M1-Teilprojekt „InViLebi – Interaktive Unterrichtsvideos in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung“ am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und -didaktik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
10/2016 – 09/2022
Studium für das Lehramt an Grundschulen an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (1. Staatsexamen)