Erdbeben und OpenStreetMap
15.03, 17:00–17:20 (Europe/Berlin), Hörsaal 3 (0119)

Zur Berechnung der möglichen Folgen von Erdbeben ist die Kenntnis der Lage, der Grösse und des Typs von Gebäuden, ihr Wiederbeschaffungswert und die Anzahl der Bewohner nach Tageszeit notwendig. Mithilfe von OpenStreetMap und weiteren offenen Daten (z.B. länder-/region-spezifische Gebäudetypen, Global Human Settlement Layer) erzeugen wir ein globales, dynamisches, algorithmisches, und reproduzierbares Expositionsmodell zur probabilistischen Beschreibung dieser Parameter für jedes Gebäude der Wel


Erdbeben bedrohen viele Regionen dieser Welt mit steigendem Risiko aufgrund der Urbanisierung und Industrialisierung. Wir beschreiben, wie Erdbeben auf die Gesellschaft und ihre Infrastruktur wirken. Expositionsmodelle, die Lage, Größe und Typ von Gebäuden, die Anzahl der Bewohner nach Tageszeit und den Wiederbeschaffungswert beschreiben, übersetzen gemessene oder prognostizierte Erdbebenerschütterungen in Verluste von Leben und Werten. Für Resilienz- und Vorsorgemaßnahmen ist ein genaues Verständnis dieses Risikos in bezug auf Menschen und Werte notwendig.

Hier stellen wir unser globales Expositionsmodell auf der Basis von OpenStreetMap vor. Dieses Modell versucht alle Expositionsindikatoren, wie z.B. die Anzahl der Stockwerke, die Nutzung, die Dachform, aus OpenStreetMap zu extrahieren. Aus den Indikatoren jedes einzelnen Gebäudes werden mithilfe von durch Experten festgelegten Regeln eine probabilistische Gebäudeklassifizierung errechnet. Diese beschreibt die möglichen Gebäudetypen und ihre Wahrscheinlichkeit. Gleichzeitig werden auch die weiteren Angaben (Größe, Anzahl der Bewohner nach Tageszeit und Wiederbeschaffungswert) probabilistisch ermittelt. In Bereichen unvollständiger Gebäudeabdeckung, werden klassische Expositionsmodelle, die aggregierte Gebäudeverteilungen beschreiben, mit unserem Modell überlagert. Durch die nahezu Echtzeitberechungen unseres Modells profitieren wir vom Wachstum von OpenStreetMap direkt und, aufgrund der ungefähr 5 Millionen Gebäude, die pro Monat hinzugefügt werden, werden die unvollständigen Bereiche immer kleiner und durch unser gebäudegenaues Expositionsmodell ersetzt.

Ich arbeite als senior scientist am GeoForschungsZentrum Potsdam in der Sektion "Erdbebengefährdung und dynamische Risken" an dem ersten gebäudegenauen und dynamischen Expositionsmodell für Naturgefahren. Meine weiteren Tätigkeiten umfassen die Bestimmung der Aufzeichnungsqualität von Erdbebenetzwerken, die Erdbebenvorhersage und -gefährdung. Ich bin seit 2009 aktiver Mapper in OpenStreetMap (OSM) und habe die Begeisterung für OSM mit in meine wissenschaftliche Arbeit mitgenommen und baue das Expositionsmodell auf OSM-Daten auf. Im Laufe meiner wissenschaftlichen Arbeit habe ich in der Schweiz, USA und Japan gelebt und bei den dortigen Erdbebeninstituten gearbeitet.