Bestimmung des Einflusses von ÖPNV-Verkehrsnetzen auf die Erreichbarkeit
15.03, 14:00–14:20 (Europe/Berlin), Hörsaal 2 (0110)

Im Kontext des Forschungsprojektes RAFVINIERT, welches sich mit der Versorgung von Seniorinnen und Senioren im ländlichen Raum beschäftigt, wird dem Faktor ÖPNV eine große Bedeutung für die Erreichbarkeit von seniorenrelevanten Einrichtungen attestiert. Durch räumliche Analysen und Routing-Algorithmen wurde die Versorgungssituation von verschiedenen Standorten modelliert und eine Vergleichbarkeit zu fußläufigen Erreichbarkeiten hergestellt.


Älteren Menschen wird als Zielgruppe des ÖPNV eine zunehmend wichtige Rolle zugesprochen. Begründet wird dies zum einen mit den demographischen Entwicklungen in Deutschland und zum anderen mit verkehrlichen Aspekten. Seniorinnen und Senioren wollen mobil sein und bleiben und sind deshalb aufgrund eingeschränkter Mobilität häufig auf ÖPNV angewiesen.
Dieser Beitrag adressiert konkret die Fragestellung, in wie weit sich die Versorgungssituation mit der Hinzunahme von ÖPNV verbessern lässt. Daher wurden Untersuchungen zur Quantifizierung der (Utilitäts-)Unterschiede zwischen verschiedenen Standorten durchgeführt.
Methodisch wurde hierfür folgendes Vorgehen gewählt. Zunächst wurden multimodale Erreichbarkeitsanalysen mittels Soll-Fahrplandaten durchgeführt und ein Vergleich zur fußläufigen Erreichbarkeit angestellt. Als Vergleichsparameter dient zum einen der Flächenzuwachs bei der Berechnung von Isochronen. In einem weiteren Schritt wurde ein Erreichbarkeitsindex verwendet, sodass auch die Lokalisierung von Versorgungseinrichtungen mitberücksichtigt wird. Eine besondere Bedeutung wird bei der Untersuchung der Tageszeit zugesprochen. Durch die Taktung einzelner Linien ergeben sich zu etwa gleichen Uhrzeiten stark unterschiedliche Ergebnisse.
Für die Bestimmung von Erreichbarkeitsindizes dient die Methodik des Walk Score. Dazu werden Isochronen in einem Abstand von 5min, 10min, 15min und 20min berechnet und mit den Punktgeometrien der Einrichtungen verschnitten. Als Referenzgeometrien dienen dabei keine realen Wohnorte, sondern Mittelpunkte eines 100m x 100m Rasters. Durch eine gewichtete Summe je nachdem welche, wie viele und wie schnell Einrichtungen erreicht werden, ergibt sich für jeden Rasterpunkt ein eigener Erreichbarkeitsindex. Zusammen mit den 20min-Isochronen bilden sie die Datenbasis für die Auswertung.
Die numerische und grafische Auswertung wurde mit der freien GIS-Software QGIS durchgeführt. Als Datengrundlage für die Soll-Fahrplandaten dient der DELFI GTFS-Datensatz sowie für die Einrichtungen OpenStreetMap. Die Routen und Isochronen werden in dem Prototyp mit der Open-Source-Software GraphHopper berechnet, welcher GTFS-Daten automatisiert in den Routing-Graphen integrieren kann.
Als Vergleichsparameter wurden sowohl die absoluten als auch die prozentualen Veränderungen von Flächen und Erreichbarkeitsindizes verwendet. Die Ergebnisse werden durch farbliche Kategorisierung der Veränderungen veranschaulicht und interpretierbar.
Die umfängliche Analyse wurde im Stadtgebiet von Mainz durchgeführt. Die Ergebnisse haben ergeben, dass in dicht besiedelten Gebieten die fußläufige Erreichbarkeit zu versorgungsrelevanten Einrichtungen bereits sehr hoch ist und besonders Außenbezirke vom ÖPNV profitieren. Im Stadtzentrum und in der Nähe von Verkehrsknotenpunkten ist eine besonders erhöhte Flächenabdeckung zu beobachten.

Konstantin Geist wurde 1998 in Kempten (Allgäu) geboren. Nach dem Abitur studierte er Geoinformatik und Vermessung. Während dem Studium arbeitete er in einem Vermessungsbüro. Seit 2021 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für raumbezogene Informations- und Messtechnik an der Hochschule Mainz.