(Neo)Kolonialismus und Kalter Krieg im Sahel: Perspektiven auf afrikanische Verhandlungen
07.10, 12:00–13:00 (Europe/Berlin), Westasien

Das Panel ist in fünf Beiträge aufgeteilt und vereint verschiedene Blickwinkel auf die sicherheitspolitische sowie ökonomische Lage in der Sahel Zone. Der erste Betrag untersucht den aktuellen Stand der westeuropäischen und amerikanischen Herrschaft in der Sahel Zone, die zweite überprüft die alternative Wagner, die dritte analysiert die zivil-militärische Komponente der UN-Missionen, die vierte untersucht die Rolle der humanitären Organisationen und die letzte die Zukunft der Zone.


Die sicherheitspolitische Lage im Sahel hat sich seit den 2000er Jahren trotz der zunehmenden Präsenz ausländischer Streitkräfte aus insbesondere Frankreich, den USA und anderen europäischen Staaten stark verschlechtert. Eine Situation, die als direkte Folge den Zusammenbruch des Systems des demokratischen Machtwechsels, die Radikalisierung des sozialen und staatlichen Apparats sowie die Verschlechterung der ökonomischen Lage verschiedener Staaten mit sich bringt.
Frühere Untersuchungen zu diesem Thema haben gezeigt, dass die ausländische Militärpräsenz in der Sahelzone häufig zu gewalttätigen Reaktionen von Terrorgruppen geführt hat, die die Spannungen eskalieren ließen. Diese Interventionen haben oft die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung gestört und soziale Spannungen hervorgerufen. Auch die mangelnde Koordination mit lokalen Regierungen und ausländischen Streitkräften hat zu Menschenrechtsverletzungen und Misstrauen gegenüber westlichen Truppen geführt (Keenan 2016, Cladi und Teti 2017, O. Ogunu 2018, Niels van Willigen 2019).
Der Terrorismus nimmt zu und die Kolonialgeschichte sorgt dafür, dass die ausländischen Soldaten von der einheimischen Bevölkerung noch schlechter wahrgenommen werden. Haushalte und Politiker*innen in der Region haben den Eindruckt, dass bewaffnete Interventionen den ehemaligen Kolonialmächten eine hegemoniale Position über unabhängige Staaten verleihen. Mit der kolonialen Vergangenheit verbinden sich geopolitische und wirtschaftliche Interessen, die ausländische Mächte in dieser an natürlichen und menschlichen Ressourcen reichen Region motivieren können.
Von August 2014 bis zu dem jüngsten Rückzug französischen Soldaten aus Mali, hatte sich das militärische Engagement Frankreichs in der Sahel Zone, das im Januar 2003 ausschließlich auf Mali beschränkt war, auf andere Länder (Burkina und Niger) ausgeweitet. Grund dafür war, dass sich das Kräfteverhältnis zugunsten der regulären Armeen gegen die Terrortruppen verschieben sollte. Darüber hinaus engagierten sich Truppen aus den USA (AFRICOM) und mit der Gründung der europäischen Mission Takuba Task Force auch andere europäische Länder wie Belgien, Estland, Tschechien und die Niederlande. Nach Abschluss des G5-Sahel-Gipfels in Pau am 13. und 14. Januar 2020 waren rund 5100 europäische Soldaten in der Sahelzone stationiert. Zusammen mit dem militärischen Arsenal der USA und den 14.000 UN-Friedenstruppen sollte sich die Situation in der Region verbessern. Doch die Sicherheitslage bleibt instabil.
Diese Situation hat in Teilen der Bevölkerung eine antifranzösische und darüber hinaus antiwestliche Stimmung entstehen lassen, die sich in einer deutlichen Ablehnung französischer und westlicher Politik besonders in (West-)Afrika niederschlägt. Dies resultiert in der Wiederaufnahme verschiedener Praktiken der Zeit des Ost-West-Konfliktes, während die blockfreien und jungen unabhängigen Staaten und Akteure vor allem aus Afrika sich um Unterstützung aus der Sowjetunion, der Deutschen Demokratischen Republik oder China bemühten. Heute werden Nachfolger dieser als seriöser und vielleicht effizienter angesehen, um die terroristische Bedrohung zu beenden. Ein sozialer Überdruss, der sich zuerst in Mali ab 2019 durch Protestmärsche gegen die Präsenz der französischen und westlichen Truppen im Land ausdrückte. Vor kurzem forderte die malische Regierung, gefolgt von Burkina Faso, den sofortigen Abzug der französischen Armee aus ihrem Land, während die Beziehungen zu den UN-Missionen angespannt blieben. Diese Truppen wurden jedoch zeitnah unten der souveränen Autorität der neuen Regierungen durch die russische sogenannte „Wagner“ Söldnergruppe ersetzt.
Das Panel ist in fünf Beiträge aufgeteilt und vereint verschiedene Blickwinkel auf die Situation im Sahel. Ziel des ersten Beitrags ist, die westeuropäische und amerikanische Präsenz in der Sahelzone zu begreifen, um herauszufinden, welche Vorwürfe ihr entgegengebracht wird. Darauffolgend wird herausgearbeitet, welche Strategien derzeit verfolgt werden, um ihren Ruf zu verbessern. Im zweiten Beitrag des Panels wird analysiert, inwiefern die Wagnertruppen eine Alternative darstellen zwischen der Suche nach einem (neuen) strategischen Verbündeten (Russland) und der Angst, eines Kolonisten durch einen anderen Kolonisten zu ersetzen. Der dritte Beitrag möchte die zivil-militärische Komponente der UN-Missionen überprüfen, um die Schwierigkeiten der UN-Akteure und die Beziehung der internationalen Institution zu den Staaten der Zone zu analysieren. Der vierte Beitrag befasst sich mit der Rolle der humanitären Organisationen in der Region und vor allem mit ihrer Sicherheit angesichts der terroristischen Bedrohung und der Berichte über Misshandlungen seitens regulärer bewaffneter Kräfte. Der fünfte und letzte Beitrag befasst sich mit der Zukunft der Zone und schlägt Auswege für politische Stabilität und eine Afrikanisierung des Kampfes gegen den Terrorismus vor.

Ich bin Dolly Afoumba aus Kamerun, habe einen Master in Geschichte der internationalen Politik und einen in Friedens- und Konfliktforschung. Derzeit promoviere ich an der Philipps-Universität Marburg im Fachbereich Neue Geschichte und bin Stipendiatin der Friedrich Ebert Stiftung. Ich beschäftige mich mit dem Finanzimperialismus von Frankreich und Großbritannien in Ihren west/zentralafrikanischen ehemaligen Kolonien.

Ich bin Darja Wolfmeier, Doktorandin an der Universität Bayreuth und Junior Fellow an der Bayreuth International Graduate School of African Studies (BIGSAS). In meinem Promotionsprojekt untersuche ich postkoloniale Hierarchien in humanitären Hilfsorganisationen in einer historischen Perspektive. Das Projekt ist Teil des BMBF- geförderten Forschungsnetzwerks 'Postkoloniale Hierarchien in Frieden und Konflikt'.

Mein Name ist Charles Tchoula, ich bin Doktorand an der Philipps-Universität Marburg im Studiengang Wirtschaft-und Sozialgeschichte und bin assoziierter Mitglieder des Integrierten Graduiertenkollegs des DFG Marburg. Meine Forschungsfeld bezieht sich auf die postkolonialen Nord-Süd-Wirtschaftsbeziehungen mit Fallbeispiel : kamerun un die Bundesrepublik Deutschland