07.10.2023 –, Raum 301
Militär, Rüstungsindustrie und Krieg verursachen ungeheure Mengen an Treibhausgasen. Laut einer Berechnung der britischen Wissenschaftler*innen Stuart Parkinson und Linsey Cottrell belaufen sich die Emissionen aus Rüstungsindustrie und Militär auf 5,5% des weltweiten Ausstoßes. Trotzdem blieb der CO2 „Stiefelabdruck“ von Militär und Krieg lange unter dem Radar von Politik, Wissenschaft und Verteidigungssektor. Der Workshops stellt die Frage,wie Klimagerechtigkeit und Frieden zusammengehen.
Bisher sind auch die die Umwelt- und Klimafolgen von gewaltsamen Konflikten und Kriegen aus dem sicherheitspolitischen Diskurs ausgeblendet. Erstmalig im Ukrainekrieg werden jetzt aktuelle Bestandsaufnahmen zu Umwelt- udn KLimafolgen des Krieges gemacht. Die ersten 12 Monate des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wurden von Wissenschaftlerinnen um die ukrainische NGO Ecoaction mit 119 Millionen Tonnen CO2 beziffert – fast so viel wie Belgien in einem Jahr produziert. Trotzdem blieb der CO2 „Stiefelabdruck“ von Militär und Krieg lange unter dem Radar von Politik, Wissenschaft und Verteidigungssektor.
Aus den verpflichtenden Berichterfassungen an das UNFCCC sind sie ausgeklammert, stattdessen können Länder freiwillig ihre militärischen CO2 Emissionen erheben. Das Resultat ist ein Flickenteppich an unzureichenden und wenig aussagekräftigen Daten. Eine umfassende Erhebung und Veröffentlichung der Treibhausemissionen der Bundeswehr gibt es immer noch nicht. Auch im Klimaschutzgesetz bleiben sie ausgespart.
Seit ein paar Jahren geben (westliche) Militärs und auch die NATO jedoch vermehrt an, ihre Treibhausgasemissionen endlich angehen zu wollen. Diese Versprechen bleiben im Angesicht stetig steigender Rüstungsausgaben hohl. Im Jahr 2022 erreichten diese global erneut ein Rekordhoch von 2,24 Billionen US Dollar. Die Visionen eines „grünen“ Militärs à la Stoltenberg, das inklusive Öko-Panzern und E-Fuel Kampfjets bestens auf die Einsatzbedingungen unter Dürre, Überflutungen und sozialen Unruhen eingerichtet ist, kann nicht zu Klimagerechtigkeit führen. Ein grundlegendes Infrage stellen des auf Abschreckung und Aufrüstung setzenden Status-quo der Sicherheitspolitik bleibt im Angesicht einer Klimakatastrophe und weiterer drohender planetarer Krisen wie dem Artensterben und Ökosystemversagen, komplett aus.
Es ist höchste Zeit menschliche Sicherheit ins Zentrum unserer Entscheidungen zu setzen. Dazu gehört eine Gesellschaft und ein Wirtschaftssystem, das innerhalb der planetaren Belastungsgrenzen agiert. Besonders im globalen Norden sollten Degrowth-Konzepte erforscht, erprobt und angewandt werden. Dies betrifft auch finanzielle, materielle und intellektuelle Ressourcen, die in Klimaschutz, -anpassung und die Entschädigung von Betroffenen fließen müssen. Solch eine umfassende Investition ist nur mittels Abrüstung zu erreichen. So würden die Rüstungsausgaben eines Jahres der Top-10 Länder 15 Jahre versprochener Klimafinanzierung im globalen Süden abdecken.
Im Rahmen des Workshops wollen wir der Frage nachgehen, wie Klimagerechtigkeit und Frieden zusammen gedacht werden können. Wo finden sich Überschneidungen zwischen Abrüstung, Degrowth und einem guten Leben innerhalb planetarer Grenzen? Wo können wir uns als Wissenschaftlerinnen, Aktivist*innen oder im Rahmen unserer Berufe einbringen?
Nach einem Impulsvortrag soll den verschiedenen Teilaspekten in Kleingruppenarbeiten nachgegangen werden. Je nach Zeit ist eine Rotation und/oder Vorstellung der Ergebnisse vorstellbar.
Dr. med. Angelika Claußen, Covorsitzende der deutschen IPPNW -Sektion und Europavorsitzende IPPNW, Sie koordiniert und vertritt die Arbeit der deutschen IPPNW zum Thema Frieden und Atomwaffenverbot, Atomausstieg sowie Klima und Krieg; Master in Friedenswissenschaften; Mehrere Artikel zum Thema "Abrüsten um das Klima zu retten", zuletzt: Das 1,5 Grad Ziel in Gefahr: Der Ukrainekrieg und seine Klimabilanz.