Grenzenlose Soziologie?
20.09, 15:00–15:45 (Europe/Berlin), GD 04/620

Der vorliegende Beitrag operationalisiert die Neugründung der Akademie für Soziologie im Feld der akademischen Soziologie in Deutschland mithilfe der Feldtheorie des französischen Soziologen Pierre Bourdieus. Daran anschließend analysiert er unter Zuhilfenahme der multiplen Korrespondenzanalyse die darin sichtbar werdenden Strukturen, Verteilungen verschiedener Kapitalia und Positionen einzelner Akteur_innen im Feld. Diese Soziologie der Soziologie stellt sich dabei die Frage in wessen Gesellschaft wir eigentlich lernen.


In der Soziologie wurde schon immer gestritten, über methodische und theoretische Ausrichtungen, ungleiche Karrierechancen oder Forschungsgelder. Die institutionelle Arena für dieser Auseinandersetzungen war seit deren Gründung 1909 die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS). Doch seit September 2017 droht nun eine institutionelle Grenze die Disziplin zu spalten. Mit der Neugründung der Akademie für Soziologie (AS) wird medial sowie innerhalb der Disziplin darüber verhandelt, welche Aufgaben einer institutionell gerahmten Dachorganisation von Soziolog*innen in Deutschland zukommen und welche Ausrichtung sie haben soll. Die Blogeinträge des Tübinger Soziologen Jörg Strübings (2017) auf dem SozBlog der DGS, die Stellungnahme des Vorstandes der DGS (2018) und einige Artikel in überregionalen Medien (u.a. Breuer, 2018; Nowotny, 2018; Wagner, 2019) verweisen darauf, dass diese Fragen die akademische Soziologie in Deutschland vor neue institutionelle Herausforderungen stellen.

Mit unserem Beitrag knüpfen wir theoretisch an die Überlegungen des französischen Soziologen Pierre Bourdieus an und konzeptualisieren die oben beschriebene Auseinandersetzung mit einer feldtheoretischen und relationalen Perspektive. Dafür wurden im Rahmen eines universitätsübergreifenden Forschungsprojekts prospographische Daten deutscher Soziolog*innen erhoben. Mit diesem Sample versuchen wir uns an einer quantitativen Annäherung an Strukturen und Positionen einzelner Akteur*innen im Feld der akademischen Soziologie in Deutschland. Unter Zuhilfenahme einer multiplen Korrespondenzanalyse zeigen wir diese Strukturen grafisch und diskutieren strukturgebende Kapitalsorten.

Mit dieser Vorgehensweise entsprechen wir unserem eigenen Anspruch, nach dem die Analyse sozialen Wandels und sozialer Strukturen nicht vor den Türen der eigenen Disziplin Halt machen sollte. Deswegen möchten wir in Form einer Soziologie der Soziologie die Grenzen einer akademisch institutionalisierten Soziologie hinterfragen und diskutieren. Insbesondere für Nachwuchswissenschaftler*innen stellt diese Perspektive eine Möglichkeit dar, sich über eigene feldtheoretische Positionierungen im akademischen Feld bewusst zu werden. Daher werden wir in unserem Beitrag insbesondere die Frage thematisieren, ob und wenn ja welche feldtheoretischen Grenzen sich bezüglich DGS und AS erkennen lassen und wie diese im Kontext von relevanten Kapitalia und Strukturen reflektiert werden können.

Literatur

Clara Arnold, 26, hat in Bonn und Bielefeld Politikwissenschaften, Soziologie und Gender Studies studiert und schreibt aktuell ihre Masterarbeit zur Rolle der französischen Phänomenologie Merleau-Pontys.

Hat in Erfurt Staatswissenschaften studiert und macht aktuell seinen Soziologie Master in Bonn.