Ehrenamtliches Engagement von Studierenden. Motive und Auswirkungen im Kontext einer individualisierten Gesellschaft
20.09, 15:00–15:45 (Europe/Berlin), GD 03/150

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Eine auf besondere Weise von den Folgen der Individualisierung betroffene gesellschaftliche Gruppe ist die der Studierenden. Mit der vorausgegangenen Hochschulqualifizierung haben junge Erwachsene zwar den in Deutschland höchstmöglichen Schulabschluss erworben, sie befinden sich allerdings auch in einer Lebensphase, in welcher sie noch nicht vollkommen gefestigt sind. Vorstellungen über die eigene Zukunftsgestaltung sind zu diesem Zeitpunkt bei den wenigsten ausgereift und die Vielzahl der sich bietenden Möglichkeiten kann mangels Erfahrung kaum evaluiert werden. Zusätzlich zu ihrem Studium ist es den Studierenden überlassen, sich bestmöglich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Studierende können zusätzliche Leistungen wie EDV- oder Sprachkurse belegen, einen Nebenjob ausüben um praxisrelevante Erfahrungen zu sammeln oder sich sozial engagieren. Ein möglichst umfangreicher Lebenslauf erscheint hilfreich, um sich von anderen BewerberInnen abzuheben.

Eine weitere Quelle der Unsicherheit ist für Studierende zudem die Integration in ihre soziale Umwelt. Viele Studierende wechseln für ihr Studium den Wohnort und finden sich in einer Umgebung wieder, in welcher sie neue Aufgaben bewältigen müssen. Sie sind dazu gezwungen, sich selbstständig ein neues soziales Netzwerk aufzubauen. In Studiengängen mit mehreren hundert StudienanfängerInnen herrscht dabei zwar viel Auswahl, allerdings gleichzeitig ein höheres Maß an Anonymität. Studierende können somit ihre sozialen Kontakte aktiv auswählen. Das Knüpfen von Beziehungen wird aber gleichzeitig erschwert.

In dieser Situation kann vermutet werden, dass Studierende nach einer Form von Orientierung oder Unterstützung suchen. Die im Rahmen meiner Bachelorarbeit durchgeführten empirischen Analysen haben gezeigt, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit während des Studiums ein wirksames Mittel ist, um mit diesen Orientierungsschwierigkeiten umzugehen. Studierenden wird im Rahmen der Tätigkeit ein stärker geschütztes Umfeld geboten, in welchem sie die eigenen Fähigkeiten austesten und praktisch anwenden können. Sie erkunden auf diese Weise persönliche Präferenzen und Werte, wodurch individuelle Ziele unter Umständen klarer hervortreten. Auf diese Weise erhalten sie ein höheres Maß an Klarheit über Entscheidungen in Bezug auf den eigenen Lebensweg. Zusätzlich wird den Studierenden auf diese Weise die eigene Wirkungskraft verdeutlicht und sie entwickeln Selbstvertrauen in die eigene Person. Durch diese gestiegene Selbstsicherheit wird die Entscheidungsfindung ebenfalls erleichtert. Durch freiwilliges Engagement wird außerdem die Einbindung in soziale Netzwerke erleichtert und es werden Fähigkeiten erlernt, welche den Individuen einen Vorteil auf dem spezialisierten Arbeitsmarkt gegenüber ihren nicht-engagierten Kommilitonen einräumen.

Ich studiere den Masterstudiengang 'Organisation, Governance, Bildung' an der Technischen Universität Braunschweig, nachdem ich Anfang des Jahres mein Bachelorstudium der 'Integrierten Sozialwissenschaften' an selbiger abgeschlossen habe. Neben dem Studium habe ich mich sehr lange ehrenamtlich bei einer international tätigen Studierendenorganisation engagiert. Meine dortigen Erfahrungen haben den Anstoß für den hier eingereichten Beitrag geliefert, welcher auf meiner Bachelorarbeit basiert.