Antisemitismus in feministischen Kontexten
21.09, 16:30–17:15 (Europe/Berlin), GD 03/150

Ziel ist die kritische Analyse einiger feministischer Perspektiven und die theoriegestützte Prüfung warum feministische Ansichten teils antisemitische Überzeugungen reproduzieren.


Als Judith Butler 2012 mit dem Theodor–W.–Adorno-Preis ausgezeichnet wird, ist diese Auszeichnung nicht nur von Lobpreisungen begleitet, sondern auch von scharfer Kritik. U.a. wirft der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden dem Preiskuratorium systemisches Versagen vor.

Dieser Vortrag baut auf meiner Bachelorarbeit „Das Judentum als Inbegriff des Patriarchats - Feminismus im Deutungskampf zwischen notwendiger Gesellschaftskritik und Antisemitismus“ auf. Ziel ist die kritische Analyse einiger feministischer Perspektiven und die theoriegestützte Prüfung warum feministische Ansichten teils antisemitische Überzeugungen reproduzieren. Während ich in der Bachelorarbeit einen starken Fokus auf die Erforschung der Gründe dieser Reproduktion gelegt habe, würde ich bei meinem Vortrag vor allem die Frage in den Vordergrund stellen, welche Zusammenhänge es zwischen feministischen Argumentationen und antisemitischen Erklärungsmustern gibt. Das fängt beim religiösen Antisemitismus an, geht weiter über feministische Narrative der unschuldigen deutschen Frau im Holocaust, bis hin zur Ablehnung des israelischen Staates, als illegitimes Terrorregime.

Gerade in der deutschen Aufarbeitung der Schoah wurden Frauen, als Opfer und nicht als Täterinnern imaginiert. Das verschaffte kurzer Hand der Hälfte der deutschen Bevölkerung einen Schuldfreispruch. Historische Dokumentationen zeigen aber klar auf, Frauen waren nicht nur Opfer während des Hitler–Faschismus, sondern genauso Mitläuferinnen, Denunziantinnen, Täterinnen und Profiteurinnen. Hier steht vor allem das Konzept der Mittäterschaft von Christina Thürmer–Rohr im Zentrum der Betrachtung. Klassische Geschlechterrollen können also auch im Kontext von Schuldverschiebungen bedeutsam sein oder wie hier zu klassischen Täter–Opfer–Umkehrungen führen. Die Behauptung, Frauen seien schlichtweg nicht fähig zu Antisemitismus (nach Margarete Mitscherlich) ist nicht nur falsch, sondern auch extrem gefährlich.

Heute verleumden verschiedene s.g. Feministinnen, wie etwa Laurie Penny, Jasbir Puar und Judith Butler das Existenzrecht des einzigen jüdischen Staates. Warum ihre Argumentationen sowohl semantisch als auch inhaltlich häufig antisemitischen Logiken folgen, soll ebenfalls in meinem Vortrag beleuchtet werden. Frauen als Männern vollends gleichwertig zu begreifen, bedeutet eben auch Frauen nicht nur als unschuldige Wesen zu verstehen, sondern auch als aktiv handelnde Profiteurinnen und Täterinnen. Hier werden klassische Geschlechterrollen oder auch Grenzen von typisch männlichen und weiblichem Verhalten aufgebrochen.