Zwischen teilnehmender Beobachtung und beobachtender Teilnahme in einer lebensweltanalytischen Ethnographie zum Skateboarding
20.09, 15:00–15:45 (Europe/Berlin), GD 04/520

„Na ja, aber am Ende musste das schon selber herausfinden. Einfach viel versuchen“

Dieser Hinweis eines Skaters, dem ich während meiner Feldforschung begegnet bin, beschreibt genau das, was die ethnographische Feldarbeit einer Lebensweltanalyse beansprucht: die existentielle Involviertheit der Forschenden. Jedoch liegt in dieser Forderung auch eine zentrale Herausforderung der explorativen Ethnographie: die methodischen Grenzen der teilnehmenden Beobachtung und der beobachtenden Teilnahme zu erkunden.


Anknüpfend an meine Masterarbeit zu Aneignungsprozessen durch Körperwissen beim Skateboarding möchte ich die (grenzüberschreitende) Forscherrolle von Ethnographen bzw. Ethnographinnen und die damit einhergehenden (methodischen) Herausforderungen der Feldarbeit anhand meiner Arbeit diskutieren.

Um die Aneignungsprozesse beim Skateboarding zu beleuchten, wurde die Methode der lebensweltanalytischen Ethnographie gewählt. Da sich hierbei der Forscher bzw. die Forscherin selbst in die zu erforschende Lebenswelt begibt und dabei die je typischen Praktiken durchführt und miterlebt, kann ein besonderer erlebnisfokussierter Einblick in das Feld erlangt werden. Jedoch, und hierbei handelt es sich um die besondere Herausforderung dieses Forschungsansatzes, gilt es diese typischen Praktiken und die damit verbundenen subjektiv empfundenen Besonderheiten mit den Typiken des Feldes abzugleichen. Das heißt, dass nicht alles, was der Forscher bzw. die Forscherin im Feld erlebt, zwangsläufig als allgemeingültig gelten kann. Ein ständiges Abtasten der Felddaten (z.B. Gespräche,Interviews, Zeitschriften o.ä.) mit den eigenen erhobenen Erlebnisdaten ist konstitutiv für diesen lebensweltanalytischen Forschungsstil.

Rekurrierend auf die Themensetzung des siebten studentischen Soziologiekongress wird im Vortrag die z.T. grenzüberschreitende Forscherrolle, die in einem ethnographisch angelegten Forschungsansatz Fragen nach der Beziehung zwischen Involviertsein und Außenperspektive aufwirft, behandelt. Exemplarisch soll dieses Spannungsverhältnis anhand der beobachtenden Teilnahme und der teilnehmenden Beobachtung dargelegt werden.

Ersteres fokussiert die Hingabe zum Feld in all seinen Facetten, wobei letzteres die Beobachtung des Feldgeschehens aus einer eher zurückgezogenen Perspektive betont. Jedoch, und vor diesem Dilemma stehen lebensweltanalytische Ethnographen bzw. Ethnographinnen, widersprechen sich Beobachtung und Teilnahme gegenseitig. Wie kann beispielsweise während einer komplizierten Durchführung eines skatespezifischen Tricks eine präzise Beobachtung des Forschers bzw. der Forscherin durchgeführt werden? Diese und andere kritische Fragen sollen im Vortrag diskutiert werden.

Die Stärken der Soziologie - und der Sozialwissenschaften allgemein - sehe ich darin, dass menschliches Handeln zunächst versucht wird, verstanden zu werden. Als verstehender Soziologe bin ich besonders daran interessiert, fremde Lebenswelten ethnographisch zu erkunden, um den gemeinten Sinn der in ihr lebenden Akteure zu rekonstruieren. Neben der wissenschaftlichen Erkenntnis, die hierdurch gewonnen werden kann, sehe ich auch den Abbau von Vorurteilen als bedeutungsvolle Folge soziologischer Arbeit.