Feministische Außenpolitik – eine neue Variable in der Friedens- und Konfliktforschung?!
07.10, 09:30–09:45 (Europe/Berlin), Ostasien

Seit Schwedens Implementierung haben weitere Staaten eine feministische Außenpolitik (FFP) etabliert. Muss zwischen dem theoretischen Konstrukt der FFP und den praktischen Policy-Ansätzen unterschieden werden, so wird im Beitrag ersteres beleuchtet. Hierbei baut die FFP auf Konzepten der (feministischen) IB sowie der FKF auf. Folglich soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern die FFP eine neue Variable in der FKF darstellt und Einfluss auf zukünftigen Entwicklungen der FKF nehmen könnte.


Seit Schwedens Implementierung einer feministischen Außenpolitik (FFP) haben weitere Staaten einen solchen außenpolitischen Ansatz in ihre Politik etabliert. So hat beispielsweise im März 2023 das Auswärtige Amt seine Leitlinien für eine deutsche FFP veröffentlicht. Erkennt die FFP blinde Flecken und Bias ‚traditioneller‘ außenpolitischer Ansätze an, stellt ihre Implementierung eine Verschiebung hin zu einem normativen und rechtebasierten Verständnis von Außenpolitik dar, welches Verflechtung von Macht und Sicherheit infragestellt und die Bedeutung der Individuen der Bedeutung des Staates vorzieht. Hierbei bildet FFP einen mehrdimensionalen politischen Ansatz, der marginalisierte Individuen und Gemeinschaften, sowie ihre Bedürfnisse, ihr Wohlergehen und ihre Erfahrungen einbezieht und system- und machtkritisch die geltenden Normen des internationalen Systems und dessen Eigenschaften hinterfragt. Folglich muss jedoch zwischen FFP als politische Praxis, die länder- und policy-spezifisch ist und FFP als eine Art ‚Werkzeugkasten‘ betrachtet, und FFP als theoretisches Rahmenwerk unterschieden werden. Vor allem letzteres Verständnis soll hier weiter beleuchtet werden.
Aus der aktuellen Literatur zur FFP lassen sich zentralen Merkmale einer FFP herauslesen. Hierzu gehören verschiedene Ansätze des inklusiven politischen Dialogs, das Konzept der ‚menschlichen Sicherheit‘, Vorstellungen von Empathie und Care, Inklusivität und Intersektionalität, system- und machtkritische Ansätze sowie geschlechtsspezifische Analysen. Des weiteren beinhalten diese Merkmale Konzepte der (feministischen) Internationalen Beziehungen sowie der Friedens- und Konfliktforschung und bauen weiter auf diesen auf. Folglich soll der Beitrag der Frage nachgehen, inwiefern das Konzept der FFP eine neue Variable in der Friedens- und Konfliktforschung darstellen kann und inwiefern sich ihr Einfluss in zukünftigen Entwicklungen der Disziplin niederschlagen könnte.
Um diesem Forschungsinteresse nachzugehen, sollen zunächst Überschneidungen zwischen einem theoretischen feministisch außenpolitischen Rahmen aufgedeckt und tiefergehend beleuchtet werden. Wie in den oben genannten Merkmalen deutlich wird, lassen sich in der FFP grundlegende Thematiken und Forschungsstränge der Friedens- und Konfliktforschung wiederfinden. Hierzu gehören unter anderem das Konzept des Militarismus und seine Auswirkungen und Implikationen, die Konfliktprävention und -bewältigung aber auch Debatten um die Vielseitigkeit von und die Relation zwischen Akteur*innen, die an Friedensprozessen und Konflikten beteiligt sind. Hieran anschließend soll die Relevanz der FFP für die Friedens- und Konfliktforschung aufgezeigt und Verflechtungen kritisch kontextualisiert werden. Im Zuge dessen soll der Mehrwert, den ein feministisch außenpolitischer Ansatz für die Friedens- und Konfliktforschung hat, deutlich werden und erste Anknüpfungspunkte sowie Konfliktlinien skizziert werden. Letztlich soll ein Ausblick gegeben werden, in dem sowohl theoretische als auch empirische Überlegungen und Ansätze umrissen werden sollen, die aus dem Einfluss eines Ansatzes der FFP hervorgehen könnten.

Lena Wittenfeld (sie/ihr) hat ihren politikwissenschaftlichen Master an der Universität Osnabrück abgeschlossen und ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der Universität Bielefeld beschäftigt. Ihr Schwerpunkt liegt im Querschnitt der IB, der Politischen Theorie und den Gender Studies. Folglich ist Lena vor allem an Fragen der feministischen IB, der feministischen Außenpolitik, den feministischen Theorien und postkolonialen wie intersektionale Feminismen interessiert.