Vereinbarkeit von Beruf und Pflege/Familie – (k)ein Thema für Arbeitgeber?
21.09, 12:15–13:00 (Europe/Berlin), GD 04/620

Der Vortrag basiert auf einer Masterarbeit mit eigener qualitativer empirischer Untersuchung (zehn Expertinneninterviews mit inhaltsanalytischer Auswertung). Inhaltlich steht die Frage im Fokus, welche Anreize aus der Perspektive von Arbeitgebern entscheidend sind, sich für eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Pflege/Familie zu engagieren.


Die Vereinbarkeit beruflicher Pflichten mit der Kinderbetreuung/–erziehung oder der Rolle der/des pflegenden Angehörigen kann für Berufstätige mit großen Schwierigkeiten verbunden sein. Doch die Förderung von Vereinbarkeit ist nicht nur ein politisch erwünschtes Ziel, sondern stellt auch aus Arbeitgeberperspektive eine Chance dar: Erste wissenschaftliche Studien liefern konkrete Hinweise auf positive betriebswirtschaftliche Effekte einer Investition in Vereinbarkeit. Darüber hinaus kann sich im Sinne des Employer Branding als familien– und pflegesensibler Arbeitgeber präsentiert werden. Während die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bereits länger auf der Agenda von Politik, Wissenschaft und Unternehmen steht, rückte die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege erst in der jüngeren Vergangenheit ins Blickfeld und ist weniger erforscht. Unumstritten ist jedoch, dass das Thema durch den demografischen Wandel und den Wunsch vieler Pflegebedürftiger, in der eigenen Häuslichkeit von Angehörigen versorgt zu werden, enorm an Relevanz gewinnen wird.

Empirische Befunde legen nahe, dass die Vereinbarkeitsproblematik aus Arbeitgebersicht zwar einen durchaus hohen Stellenwert besitzt, gleichzeitig jedoch eine Mehrheit der Arbeitgeber bislang keine eigenen Maßnahmen umsetzt. Somit stellt sich die Frage, welche Anreize und Gründe aus Arbeitgebersicht ausschlaggebend sind, sich im Feld der Vereinbarkeit zu engagieren.

Durch eine langjährige Werkstudententätigkeit bei einem Forschungsinstitut in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft beschäftige ich mich – neben der gesundheitswissenschaftlichen Ausrichtung des Master-Sozialwissenschaft – auch seit längerer Zeit mit wissenschaftlichen Themen im Bereich Pflege. Durch ein Forschungsprojekt, in dem tagespflegerische Versorgungsstrukturen arbeitgeber- und arbeitnehmerfreundlicher gestaltet werden sollen, kam ich erstmals mit der Vereinbarkeitsthematik in Berührung. Die Arbeitgeberperspektive ist vor allem deswegen so spannend, weil empirische Befunde eine geradezu widersprüchliche Situation andeuten: Bei vielen Arbeitgebern erfährt das Thema eine zunehmende Relevanz, dennoch zeigt eine Mehrheit gegenwärtig noch kein Engagement für eine gelingende Vereinbarkeit.
Nach meiner Masterarbeit geht für mich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema im Rahmen der Promotion weiter. Unabhängig davon, welchen Teilaspekt der bislang wenig erforschten Arbeitgeberperspektive auf die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege/Familie zukünftige Forschungsvorhaben auch einnehmen, nützt jede weitere wissenschaftliche Erkenntnis nicht nur den Arbeitgebern, sondern ebenfalls den Vereinbarerinnen und letzten Endes auch der Personengruppe, die im Diskurs häufig vernachlässigt wird – den Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf.